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ALBEN/124: "Niemandsland" - Erschreckende Visionen vor New Orleans (SB)


Gale / Meleev / Faucher


Batman

Band 50 - "Niemandsland" (1. Teil)



Anläßlich der Ereignisse in New Orleans, von der mangelhaften Vorsorge über die mehr als schleppend angelaufenen Hilfsmaßnahmen bis hin zu Erschießungen von Bürgern, die angeblich gegen behördliche Anordnungen verstoßen haben, bekommt der 1999 in den USA erschienene Zyklus "No Man's Land" ("Niemandsland") einen erschreckenden Realitätsbezug. Grund genug, die in Deutschland im Jahr 2000 im Dino-Verlag erschienene Reihe noch einmal vorzustellen:


SIE VERLASSEN JETZT DIE VEREINIGTEN STAATEN

AUFGRUND STAATLICHER VERORDNUNG WURDE DIESES GEBIET ZUR SPERRZONE ERKLÄRT

"Was glaubt ihr, was die Regierung sich dabei gedacht hat?"

"Sie wollten den Laden für ein paar Jahre dichtmachen, dann plattwalzen und einen ... keine Ahnung, Parkplatz draus machen."

"Ich schätze, die haben sich gar nichts dabei gedacht, das war einfach die billigste Lösung. Klappe zu, Affe tot. Keine staatliche Hilfe, kein Katastrophenprogramm. Spart Steuergelder."

"Steuergelder, vergiß es. Das ganze ist eine Verschwörung der großen Versicherungsgesellschaften, die nach dem Beben nicht zahlen wollten."


Kurz nach dem Ausbruch einer verheerenden Seuche wurde Gotham City von einem schweren Erdbeben erschüttert, das zahllose Todesopfer forderte. Die Stadt glich einer Trümmerlandschaft. Der Senat der Vereinigten Staaten verweigerte der Stadt jedoch nicht nur jegliche Hilfe, er erklärte darüber hinaus das Gebiet zur Sperrzone, die weder betreten noch verlassen werden darf. Als sei dies alles nicht schon schlimm genug, brachen kurze Zeit später die Insassen des Arkham Asylums aus und fielen über die Stadt her. Und diesmal stand kein Dunkler Ritter zur Verfügung, um die Bewohner vor den Umtrieben der Wahnsinnigen zu beschützen, denn Batman ist aus Gotham verschwunden ...

Das ist nun 93 Tage her, und die Stimmen der Soldaten, die zur Überwachung der Stadtgrenzen abgestellt wurden, werden immer kritischer. Es sind eben nicht alle so abgebrüht, daß sie keinen Gedanken an die Schicksale der Eingeschlossenen verschwenden, die hinter der gigantischen Stacheldrahtumzäunung leben müssen. Sogar Menschen, die mit selbstorganisierten Hilfslieferungen kommen, müssen abgewiesen werden - Befehl ist Befehl. Das fällt manchen zwar nicht leicht, doch verschanzen sich auch diese letztendlich hinter ihrer Uniform, die ihnen eigene Entscheidungen untersagt. Und so bleibt die Stadt ohne jegliche Hilfe von außen.

In Gotham haben die schlimmsten Feinde des Dunklen Ritters die einzelnen Bezirke unter sich aufgeteilt. Einige wenige Beamte, die zusammen mit dem tatkräftigen Polizeiinspektor Commissioner Gordon zurückgeblieben sind, versuchen wenigstens Teile der Stadt zurückzuerobern und unter ihren Schutz zu stellen. Obwohl sie dabei durchaus Erfolge zu verzeichnen haben, scheint die Aufgabe, die noch vor ihnen liegt, schier unlösbar. Und so kommt es in den von Trümmern übersäten Straßen immer wieder zu Dialogen wie dem folgenden:

"Wo willst du mit den Batterien hin, Mann?"
"Ich will sie beim Pinguin gegen was zu essen tauschen. Außer, du hast 'nen besseren Deal."
"Wie wär's, wenn ich sie gegen dein Leben tausche. Her damit, bevor ich dir 'n Loch in den Kopf stanze."
"Du würdest mich dafür nicht abknall'n."
"Ich zähl bis drei. Eins ..."
"Kannst du gar nich' ... Da drin ist keine Kugel."
"Zwei."
"Denn wenn du eine hättest, dann wäre die Kugel viel mehr wert als diese lausigen Batterien. Netter Versuch."


Diese Begegnung zweier Straßenkids ging noch einmal glimpflich aus. Doch das ist eher die Ausnahme ...

Mit dem "Niemandsland" präsentierte der Dino-Verlag (inzwischen Panini) seine bis dahin größte "Batman"-Saga, die sich in gestraffter Form - d.h. in Deutschland erschienen nicht alle US-Ausgaben der Serie - über insgesamt 21 Hefte, Specials und Sonderausgaben erstreckte (14 "Batman"-Ausgaben, sechs davon im dritten "Batman"-Timewarp, zwei "Batman"-Specials, vier Hefte der "Batman präsentiert"-Reihe und ein "Batman"-Sonderband). Bei der Auswahl der einzelnen Episoden hat man sich jedoch große Mühe gegeben, so daß der Leser die Storyline ohne Einbußen verfolgen kann.

Bei der Gestaltung der Stories kehrte das Kreativ-Team (1. Heft: Bob Gale - Text, Alex Maleev - Zeichnungen, Wayne Faucher - Tusche), konsequent zur "klassischen" Comic-Seitengestaltung in einzelnen, deutlich voneinander abgegrenzten Panels zurück. Das Ergebnis sind in eindrucksvollen Bildern erzählte Geschichten, die ohne verwirrende und gerade im Superhelden-Genre oftmals reichlich überstrapazierte Überschneidungen auskommen.

In der US-Fachpresse wurde die Niemandsland-Saga als gelungene Neuinterpretation des Batman-Mythos gelobt. Bekannte Zeichner und Autoren wie Dan Jurgens, Bill Sienkiewicz, Mike Deodato, Paul Gulacy, Chuck Dixon, Jim Balent, Greg Rucka, Devin Grayson, Rick Burchett, Sergio Cariello und Paul Dini waren an diesem Projekt beteiligt.


Erstveröffentlichung am 6. September 2005

12. Dezember 2006


Batman (50)
"Niemandsland" (1. Teil)
Gale / Meleev / Faucher
Dino, Stuttgart 2000
68 S., farbig, Heft, Kleinformat
Außerdem erschien eine Variant-Ausgabe mit einem sechsseitigem
Aufklapp-Cover von Alex Ross.