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ANTIQUARIAT/071: "Neue Abenteuer der Ducks" von William van Horn (SB)


William van Horn


Neue Abenteuer der Ducks (Band 2 und 3)



Zwischen November 1995 und Mai 1999 erschienen in der Ehapa Comic Collection insgesamt sieben Bände einer dem Disney-Zeichner William van Horn gewidmeten Werkreihe. William van Horns Zeichen- und Erzählstil kommt dem seines Vorbildes Carl Barks ziemlich nahe - nicht umsonst gilt van Horn als derjenige unter den Disney-Zeichnern der Barks-Nachfolgegeneration, der die engsten Arbeitsbeziehungen zum Altmeister knüpfen konnte. Trotz aller Ähnlichkeiten prägte van Horn jedoch seinen eigenen Stil, in dem auch deutliche Einflüsse von George Herrimans skurril-verrücktem "Krazy Kat", den er ebenfalls sehr schätzt, zu erkennen sind. William van Horn zeichnet seit 1988 Disney-Comics und wurde schon bald neben Don Rosa zum gefragtesten amerikanischen Donald Duck-Zeichner.

In den Geschichten van Horns wird etwas lebendig, das man als den "Barkschen Geist" bezeichnen könnte: Figuren mit oftmals recht aufmüpfigen, fast anarchistischen Charakterzügen agieren in leicht ins Bizarre reichenden, dabei aber immer glaubhaften Zusammenhängen, die erfreulicherweise einmal nicht so sehr die "heile Welt" vorgaukeln, die man aus Kindercomics gewohnt ist. Wegen des bissigen Humors, der in den van Horn-Geschichten vorherrscht, findet auch ein erwachsenes Publikum viel Spaß an diesen Abenteuern. Auch zeichnerisch kann man die Nähe zu Carl Barks beobachten: Wie sein Vorbild, der ein Meister der Vereinfachung war, und dem stets daran lag, in jedem Bild nur das darzustellen, was für den Fortgang der Geschichte von Bedeutung ist, erweist sich auch van Horn als ein Freund der klaren Linien, des Einfachen, ohne daß seine Bilder dabei "leer" erscheinen würden.

Beispielhaft wollen wir nun einen Blick auf das zweite und dritte Album der Werkreihe werfen.

Band 2

In der ersten Geschichte, "Der Spiegel der Bedürftigen", hat Donald die Aufgabe übernommen, das Vermögen seines Onkels zu verwalten, denn dieser ist seit längerer Zeit spurlos verschwunden. Obwohl er besten Willens ist, stellt Donald sich erwartungsgemäß ungeschickt an. Stündlich müssen Riesensummen aus dem Geldspeicher fortgeschafft werden, um die katastrophalen Folgen seiner geschäftlichen Fehlentscheidungen zu finanzieren. Außerdem macht ihm ein geheimnisvoller Unbekannter zu schaffen, der offenbar alles daransetzt, die Dagobertschen Unternehmen aufzukaufen. Donald und seinen Neffen bleibt nur noch eine absehbar kurze Frist, bis das einstmals gewaltige Imperium endgültig verloren sein wird.

Als Donald sich noch einmal die Umstände ins Gedächtnis ruft, unter denen er seinerzeit Onkel Dagoberts Verschwinden entdeckte, erinnert er sich an einen merkwürdigen alten Handspiegel, den er damals fand. Die Neffen wittern eine heiße Spur, zumal der Spiegel antik aussieht und merkwürdige Schriftzeichen trägt. Sie fragen Professor Faselmir Radebrecht um Rat, und dieser kann ihnen tatsächlich einiges über die Legende vom sagenumwobenen "Spiegel der Bedürftigen", den einst ein sumerischer Magier geschaffen hat, erzählen. Es heißt, wenn ein wahrhaft Bedürftiger in den Spiegel blickt, erwächst ihm großer Reichtum durch Glück oder Fleiß.

Nun, Onkel Dagobert scheint in seinem Bestreben, die Kräfte des Spiegels zu nutzen, eine Kleinigkeit übersehen zu haben, denn es heißt weiter, daß ein reicher Mann, der in den Spiegel blickt, vergißt, wer er ist, und zu einem Bedürftigen wird. Bis Donald und seine Neffen herausfinden, daß der unter Gedächtnisschwund leidende Onkel und der geheimnisvolle Unbekannte ein und derselbe sind, haben sie eine Menge Abenteuer zu bestehen ...

In der zweiten Geschichte, "Donalds furchtbarer Vetter" sieht Donald sich dazu gezwungen, ein Los einer Wohltätigkeitslotterie zu erwerben, deren Hauptgewinn darin besteht, daß man einem Bedürftigen einen Monat lang Kost und Logis gewähren "darf". Daisy, die die ganze Aktion inszeniert hat, droht, sonst nie mehr mit ihm zu reden. Es kommt, wie es kommen muß, der Pechvogel Donald "gewinnt" den ersten Preis. Zu allem Überfluß handelt es sich auch noch um seinen Vetter Dietram Duck, den unangenehmsten Schmarotzer von ganz Entenhausen. Kurz bevor er seinen "Preis" abholen muß, gelingt es Donald mit einer List, das Los dem ahnungslosen Dagobert anzudrehen. Dieser zieht Donald erbost zur Rechenschaft und gemeinsam versuchen sie, den Vetter mit einer als Ausflug getarnten "Angsttour" wieder loszuwerden. Doch da geht einiges schief, und, man kann es sich schon fast denken, am Ende des Ausflugs landet Vetter Dietram wieder bei Donald und dieser muß ihn verköstigen.

Auch die dritte und letzte Geschichte handelt von besagtem Dietram Duck. In "Der oberüble Onkel" nistet sich die Landplage bei Donald und seinen Neffen ein. Ohne Skrupel frißt er sich bei ihnen durch, rührt keinen Finger und tut auch sonst alles, um die Verwandschaft so recht zu plagen. Nachdem einige ausgeklügelte kleine Anschläge auf den ungebetenen Gast fehlgeschlagen sind, flüchten sich die Ducks in eine vorgetäuschte Krankheit. Die Rechnung scheint aufzugehen, denn angesichts der Lage, sich jetzt um seine Verwandten kümmern zu müssen, ergreift Onkel Dietram erwartungsgemäß die Flucht. Leider stürzt er auf der Duckschen Türschwelle und muß acht Wochen lang das Bett hüten, womit Donald wieder der Schwarze Peter zufällt.

Die beiden Geschichten mit Vetter Dietram stehen übrigens in der falschen Reihenfolge. In der ersten ist von einem früheren Besuch Vetter Dietrams die Rede, der allerdings erst in der zweiten stattfindet. Besser also, man liest die zweite zuerst.

Das dritte Album:

Alle vier Geschichten dieser Ausgabe, als da sind: "Meteoritenfieber", "Duell in den Lüften", "Der Pizzamann ist da!" und "Erziehung ist Kampf" wurden bereits im deutschen "Micky Maus Magazin" veröffentlicht. In der ersten, "Meteoritenfieber" suchen Donald und seine Neffen - wie übrigens halb Entenhausen zu dieser Jahreszeit - nach wertvollen Meteoritensplittern. Sowohl Tick, Trick und Track mit ihrem topmodernen Metallspürgerät als auch Donald mit seinem Handbuch "Meteoriten finden, wo sie landen" von Professor S. Steinbeisser, sind ausgesprochen zuversichtlich, was den Gewinn des mit 5000 Talern dotierten Entenhausener Amateurwissenschaftler-Preises angeht, der alljährlich für den größten Meteoritensplitter vergeben wird.

Doch die Suche gestaltet sich nicht so einfach wie gedacht, besonders, da den Ducks ständig Konkurrenten und sogar ein Langfinger in die Quere kommen, der ihnen ihren mühsam errungenen Fund abluchst.

Als man sich am Ende eines nervenzermürbenden Tages immer noch in der Wüste befindet, geht tatsächlich ein beeindruckend großer Meteorit nieder. Doch es kommt, wie es kommen muß: Als Familie Duck abgehetzt am Einschlagsort des Meteoriten eintrifft, wer - dreimal darf man raten - befindet sich wohlausgeruht am nämlichen Ort? Natürlich Gustav Gans, der einmal wieder sein Glück erproben wollte - und den Preis als eine weitere seiner zahllosen Glückstrophäen erringt, was Donald natürlich maßlos ärgert.

In der zweiten Geschichte trägt Dagobert eine Luftschlacht mit einem seiner ältesten Erzfeinde aus, doch keine Sorge, man bombardiert sich nur mit Torten. Auch in "Duell in den Lüften" geht es wieder um einen Wettbewerb, diesmal um einen Flugzeug-Oldtimer-Wettflug, den Dagobert mit seinem "Duckles-Doppeldecker" zu gewinnen trachtet. Doch der besagte Erzfeind, Baron von Strudel, den Dagobert damals am Klondyke, als beide ein fliegendes Konditor-Unternehmen betrieben, mit seiner köstlichen Pistaziencremetorte ausbootete, stiehlt Dagoberts Maschine, denn er plant einen finsteren Coup. Von Dagoberts Flugzeug aus will er die Wettbewerbs-Jury mit Pistazientorten bombardieren, damit alle denken, Dagobert persönlich sei der Übeltäter gewesen. Doch glücklicherweise kann der Anschlag vereitelt werden, die Tortenschlacht findet zwischen Dagobert und dem Baron statt und letzten Endes geht alles gut aus: Baron von Strudel darf Dagoberts Flugzeugmuseum betreuen und nebenher Pistaziencremetorten verkaufen.

In "Der Pizzamann ist da!" hat Donald seinen großen Auftritt. Als wagemutiger Lieferant des "Pizza Express" setzt er Tag für Tag Leben und Gesundheit (nicht nur von sich, sondern auch von anderen Verkehrsteilnehmern) aufs Spiel, um dem Werbeslogan des Unternehmens "Frisch gemacht, in einer halben Stunde gebracht!" gerecht zu werden. Ob unter Tage, direkt ans Trapez oder ans U-Boot geliefert, immer ist Donald, der beste Mann, pünktlich mit einer frischen Pizza zur Stelle, bis, ja, bis Nachbar Zorngiebel die Werbesendung hört: "Wenn wir nicht pünktlich sind, bekommen Sie ein Jahr lang täglich eine Pizza frei Haus!" Der fiese Nachbar nimmt sich vor, das Pizza-Unternehmen mit Unterstützung seines nicht minder fiesen Vetters zu schröpfen. Leider ist Donald das Opfer des Komplotts und so muß der flotte Fahrer plötzlich allerlei Verkehrshindernissen ausweichen und die unmöglichsten Umleitungen fahren, bis ihm schwant, daß das nicht mit rechten Dingen zugehen kann, und er auf schnellstem und direktem Wege zum Nachbarn eilt - leider um drei Zehntelsekunden zu spät, so daß das Pizza-Unternehmen sein Versprechen einlösen muß. Doch Zorngiebel hat nicht die erhofften kulinarischen Freuden, denn die Pizza, die er 365mal bekommt - er hat natürlich die kostspieligste mit 22 sündhaft teuren exotischen Beilagen bestellt - ist mit salbeisaurem Sesamsud abgeschmeckt, genau der Geschmack seiner Medizin, den er so sehr haßt ...

In der letzten Geschichte "Erziehung ist Kampf" schließlich geht es um Erziehungsprobleme. Donald und seine Neffen liegen sich mal wieder wegen der leidigen Hausarbeit in den Haaren. Die Knaben sollen Laub rechen und sind partout nicht dazu bereit. Schließlich platzt Donald der Kragen und er lauert den Dreien auf. Man kann es schon ahnen, kampflos geben Tick, Trick und Track nicht nach und treten offiziell in den Streik. Donald tut das gleiche, was für die Kinder zunächst einmal den Entzug von Essen und anderen Annehmlichkeiten wie sauberer Wäsche etc. nach sich zieht. Die Streitigkeiten eskalieren bis hin zu regelrechten Stellungskriegen, da tritt Daisy auf den Plan, die ein salomonisches Urteil fällt, dem sich beide Parteien erschöpft beugen.

Zur Person:

William van Horn wurde am 15.2.1939 in Oakland in Kalifornien geboren. Seine berufliche Laufbahn begann er 1961 als Hintergrundzeichner beim Trickfilm. Er machte schnell Karriere und produzierte in der Zeit zwischen 1969 und 1980 mehr als 40 Trickfilme für Kinder, von denen mehrere mit Auszeichnungen prämiert wurden. Seit 1988 zeichnet er Disney-Comics.

13. Februar 2008


Neue Abenteuer der Ducks (7 Bände)
von William van Horn
Ehapa Comic Collection, November 1995 - Mai 1999
Softcover, 48 Seiten, derzeitiger Verkaufspreis: 8,60 Euro