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ANTIQUARIAT/109: Anthologie "Cartoon 2000 - So wird das Leben im Jahr 2000" (SB)


Diverse Zeichner


Cartoon 2000 - So wird das Leben im Jahr 2000

Comic-Zeichner und Cartoonisten geben Einblick ins nächste Jahrtausend



Frei nach dem Motto "No Limits für die Phantasie und die Zeichenfeder der freien und kreativen Köpfe" entstand dieses Album, das Ende 1999 im Achterbahn-Verlag erschien und in dem Comic-Zeichner und Cartoonisten ihre ganz persönliche Antwort auf die Frage "Wie wird das Leben im Jahr 2000?" geben. Neben den inhaltlich, qualitativ und thematisch ausgesprochen bunt gemischten Comics und Cartoons stellt diese Anthologie gleichzeitig - und dies ist wohl auch ihr eigentlicher Wert, der dieses Album zeitlos macht - eine ganze Reihe namhafter deutscher Zeichner vor. 26 sind es an der Zahl, die sämtlich am Ende des Albums in Kurzbiographien vorgestellt werden.

Gerd Bauer zeichnet zum Beispiel eine Erde, der mit einem lauten "PPPPPFFFFFRRRTTT" die Luft ausgeht, mitleidig beäugt von lauter anderen Himmelskörpern. Ralf König präsentiert schwuchtelige Engelchen, die Geschenke-hamsternde Weihnachts-Einkäufer um Kleingeld anhauen, "Der Hartmut" von Haggi glaubt an den nahenden Weltuntergang und lehnt daher einen Lottogewinn sowie Ruhm und Ehre ab. Als dann die Welt doch nicht untergegangen ist, hat er das Nachsehen. Freimut Wössner meint dagegen "Ganz neue Berufe werden entstehen: Tag- und Nacht-Notdienst bei Fernbedienungsausfall! Rent a Zapper" und illustriert diese Idee mit einem Dicken im Fernsehsessel, der einen vor dem Fernseher knienden Mechaniker-Typen anweist: "Jetzt mal kurz ins Erste ..."

Guido Sieber zeichnet, wie man es von ihm kennt, Grosz-inspirierte menschliche Abscheulichkeiten. Jörg Reymanns abgebrühtes Computerkid fragt bei der - von einem Roboter vorgetragenen - Einschlafgeschichte à la "dann küßte er die Prinzessin und erlöste sie aus ihrem 100jährigen Schlaf ..." "Und? Hat er sie gefickt?"

Burkhard Fritsche lieferte gleich zwei Gags ab: "Mein PC streikt!" beschwert sich am - wie der aufmerksame Leser an dem an der Wand angebrachten Abreißkalender unschwer erkennen kann - 1. Mai ein Computer-Freak. "Scheiß Gewerkschaften" antwortet die staubsaugende Ehefrau. Der Untertitel seines zweiten Cartoons, der einen Schachspieler zeigt, lautet "Im Kampf Mensch gegen Maschine stellte Gerhard K. am 1.1.2000 mühelos die Ehre der Menschheit wieder her." - Ob man das tatsächlich als Sieg werten kann, ist allerdings fraglich, denn Gerhard K. war gegen seinen Toaster angetreten.

Was Thomas Siemensens Haiopeis, die in ihrem "Tauchschiff Entenscheiß" unterwegs sind, um neue Wellen zu erforschen, denn nun mit dem Millenium zu tun haben, leuchtet wohl nur dem Zeichner ein. Ausgesprochen witzig ist hingegen der Beitrag von Henning Schöttke "Einladung zur Umblätter-Party", denn bekanntlich feiern Comic-Figuren alle sechs bis zehn Bilder den Seitenwechsel ...

Isabel Kreitz nahm sich - wenig originell - in einem Onepager des Themas "Computerabsturz" an: Zwei Typen stehen an der Imbißbude. "Zwölf Uhr! Auf das neue Jahrtausend, Alter!" - "Na, denn laß uns man mal so richtich abstürzen!", woraufhin jede Menge Computer vom Himmel herabfallen. "Okeh, Okeh, Okeh! - Das war ein ganz blöder Gag, Entschuldigung!" meint der Erste daraufhin. "Aber der für 2999 wird ganz bestimmt ein Brüller", antwortet der Zweite und hebt sein Sektglas.

Auch Brösel hat sich mit seinem Cartoon nicht gerade auf schöpferische Höhenflüge begeben. Der "peinliche Kassenwitz" kursiert in verschiedensten Variationen schon seit langem in der Bilderwitz-Szene. "Frau Schu-hulz hiää is kein Strichcode drin!!!", kräht die Verkäuferin an der Kasse in seinem Beitrag und hält eine Unterhose Marke "Feinripp" hoch. Alles schaut genierlich, der betroffene Kunde (von Kennern des Bröselschen Figureninventars unschwer als Meister Röhrich identifiziert) kapiert allerdings überhaupt nichts und fragt: "Kot?? Wiezo?! Is die vorgetragen?"

"Leichenwäscher Karl" von Lutz Mathesdorf und Kim Schmidt hat andere Probleme: Er weiß nicht, wie er sein Arbeitspensum bewältigen soll, denn bei ihm stapeln sich "Weihnachtsdepris" und "Millenniums-Selbstmörder". Als nun auch noch die "Datumswechselcomputersystemabsturzselbstmörder" ins Haus stehen, hat er die "zündende" Idee mit der Feuerbestattung ...

Auch Jackie Niebisch hat einen bitterbösen Gag kreiert: "In Zukunft wird man Kriege und Umweltschutz unter dem Zeichen des olivgrünen Puktes unter einen Hut bringen", meint er und zeichnete einen Recycling-Müllcontainer, der neben den üblichen "Glas", "Buntglas" und "Plastik"-Einwürfen auch solche für "Granatsplitter", "Arme", "Beine" und "Herzschrittmacher" enthält und per Hubschrauber in Krisengebiete geliefert wird.

19. Dezember 2008


Cartoon 2000 - So wird das Leben im Jahr 2000!
von 26 deutschen Comiczeichnern und Cartoonisten
Achterbahn Verlag, Kiel, 1999
54 S., Hardcover, farbig, damaliger Preis 22,80 DM
ISBN 3-89719-064-8