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FUNDGRUBE/103: "Turbotraction 2" - Wenn Kinderträume wahr werden (SWH)


Szene WHatcher - Flyer-Zine der trivialen Szene und Anzeiger für triviales Entertainment seit 1995 · No. 254 vom 3. April 2007

Turbotraction 2 - Wenn Kinderträume wahr werden


Das Erwachen des Turbotraction

Die einen begnügen sich mit dem Sammeln der hervorragend gestalteten Miniaturautos aus der Tintin-Serie des Atlas Verlages, andere können sich nur für Autos in Originalgrösse begeistern, und wenn es sich um ein Fantasie-Fahrzeug handelt, dann lassen sie es sich kurzerhand bauen. So gab unlängst ein in Monaco lebender belgischer Privatier dem Mailänder Karosseriebauer Gran Tourismo Milano den Auftrag, ihm den legendären Turbotraction 2 zu bauen, in dem der geniale Künstler André Franquin in seinem Comic Spirou, einem grossen Klassiker der 40er und 50er Jahre, seine beiden Helden Spirou und Fantasio durch die frankobelgische Landschaft brettern liess.

Mit dem Auftrag, ein Fahrzeug aus einem Comic nachzubauen, betraten auch die Italiener Neuland, aber über ihre guten Kontakte zu Professor Frank Hermann vom Institut für Fahrzeugtechnik an der Fachhochschule Köln trafen die Mailänder auf drei Studenten der Fahrzeugtechnik, die in der Konstruktion des Franquin'schen Fantasiefahrzeuges eine einmalige Herausforderung sahen. Daniel Justen, Sebastian Zander und Dino Demma liessen sich nicht lange bitten und konstruierten zusammen mit Gran Tourismo Milano als internationales Gesamtfahrzeugprojekt den Turbotraction 2.

Der belgische Auftraggeber, der ausschliesslich mit dem Chef der Mailänder Karosserieschmiede in Kontakt stand, verfolgte die Arbeiten aufmerksam und achtete darauf, dass seine Vorstellungen - und die von Franquin - so genau wie möglich umgesetzt wurden.

Das Projekt barg naturgemäss einige Tücken, denn es galt, eine von Hand gefertigte Karosserie an die Struktur des Chassis eines Serienfahrzeuges anzupassen, ohne die Linien des Vorbildes aus den Augen zu verlieren. Wenn sich schon ein Turbinenantrieb, versenkbare Türen und ein Infrarotsichtgerät nicht mit der heutigen Fahrzeugtechnik realisieren liessen, so sollte doch der Anblick schon der Vorlage gleichen, was auch nicht ganz einfach war, denn Franquin hatte das Auto derart flach gezeichnet, dass kein Motor der Welt unter die Haube gepasst hätte. Der Auftraggeber empfand das Gefährt als zu klobig, und erst als man die Karosserie kurzerhand verlängerte, nickte er den Entwurf ab.

Viele Tage und Nächte, zunächst das Planungsstadium am Computer mit dem 3D-CAD-Programm CATIA V5, dann die Handfertigung der Karosserie, forderten das ganze Können aller Beteiligten, bevor nach 12 Monaten Bauzeit das Werk vollbracht war.

Bis zum 15. April 2007 kann man auf der Automobilmesse Autoworld in Brüssel, im Rahmen einer Sondershow namens Le Monde de Franquin, das Gefährt bewundern, bevor es sich in die Sammlung des belgischen Auftraggebers, den der Spass angeblich 500.000 Euro gekostet haben soll, einreiht. Vielleicht cruised der Herr mit seinem Kindheitstraum auch mal durch die Gegend, also, Augen auf!

Historie:

Der Turbotraction 2 wird von Franquin erstmals im November 1957 in der 19-seitigen Geschichte Vacances sans histoires (Ferienfahrt mit Hindernissen/Carlsen Band 9 - Goldminen und Gorillas) eingeführt. Sein Vorgänger, der blaue Turbotraction 1, wird in dieser Story von Ibn-Mah-Zaud, der noch immer einen roten Turbotraction 1 besitzt, total zerschrotet.

Infos über die beiden Autos:

www.vea.qc.ca/vea/articles/turbotraction.htm

www.spirouworld.com/turbot2.htm

photosminiatures.canalblog.com/archives/2007/03/30/4471638.html

www.editionsatlas.fr > rechercher: Spirou


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Quelle:
Szene WHatcher - Flyer-Zine der trivialen Szene und Anzeiger für
triviales Entertainment seit 1995, No. 254 vom 3. April 2007
Herausgeber: Joachim Heinkow
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veröffentlicht im Schattenblick zum 6. April 2007