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HINTERGRUND/009: 1952 - Das MAD-Magazin wird ins Leben gerufen (SB)


Die Anfänge von MAD


William M. Gaines, der Gründer des MAD-Magazins, begann seine Comic-Karriere eigentlich auf einem ganz anderen Gebiet als der Satire. Nachdem er 1947 den Verlag E.C. Publications von seinem Vater (dem angeblichen Erfinder der Comic-Hefte) übernommen hatte, blieb er dem Verlagsmotto "E.C." das für Entertaining Comics, also unterhaltende Comics, steht, zunächst treu und publizierte Liebes-, Western- und Funny-Comics, die allerdings nur wenig erfolgreich waren. 1950 beschloß er, einen Neuanfang zu wagen und begründete in Zusammenarbeit mit seinem Chefredakteur Al Feldstein den sogenannten "New Trend" - und produzierte von da an Horror-Comics, die sich vorzugsweise an ältere Jugendliche und Erwachsene wandten. In den folgenden Jahren entstanden einige der besten US-Comics der 50er, die den bis heute bestehenden Ruf von E.C.-Comics als Äquivalent für intelligente Unterhaltung begründeten.

Der Siegeszug der Horror-Comics wurde jedoch jäh unterbrochen, als fanatische Kinder- und Jugendschützer 1953 einen gnadenlosen Feldzug gegen die "Greuelhefte" von E.C. und anderen Verlagen begannen. Gaines kämpfte zwar mit allen Mitteln gegen die Verunglimpfung seiner im übrigen gar nicht für jüngere Kinder bestimmten Produkte an - er bezog dazu sogar vor einem Kongreßausschuß Stellung - unterlag aber im Endeffekt der aufgewiegelten Öffentlichkeit, die nicht einmal zur Kenntnis nahm, daß die Leser der Horror-Comics altersmäßig zum großen Teil gar nicht mehr in den jugendschützerischen Bereich fielen. 1956 stellte Gaines sämtliche Serien ein - bis auf eine: MAD.

Das MAD-Magazin war bereits 1952 in die sich schon längere Zeit vorher anbahnende Comic-Krisenstimmung hineingeboren worden. Die Gründer des Heftes waren Gaines und der Zeichner und Autor Harvey Kurtzman. MAD unterschied sich zwar auf den ersten Blick von den anderen Produkten des EC-Verlages, bei genauerer Betrachtung der Inhalte verschwammen die Unterschiede zwischen den überzogen grausigen Horror-Comics und den unverfrorenen Parodien von MAD jedoch zusehends, denn Gaines und Feldstein war es bei ihren Horror-Comics nicht um das grausige Element an sich gegangen, sondern sie verwendeten den ins Groteske übersteigerten Schrecken, um zu schockieren und zum Nachdenken - auch über gesellschaftliche Probleme - aufzufordern. Dies waren Feinheiten, die den Comic-Hetzern glatt entgingen, was allerdings nicht weiter verwunderlich war, da sie in der Regel die Comics so sehr verdammten, daß sie nicht auf die Idee gekommen wären, sie zu lesen.

MAD tat dasselbe wie die Horror-Comics, nur auf eine mehr spielerische Art, und hatte damit auf Anhieb ausgesprochen großen Erfolg. So etwas hatte man noch nicht gesehen: Ein Heft, das sich rücksichtslos über alles lustig machte, was den Amerikanern heilig war. Vom edlen Kriegshelden über Filmstars und Politker - nicht einmal die Antikommunisten-Hetze der McCarthy-Ära blieb verschont -, niemand war sicher davor, in einer MAD-Parodie gehörig durch den Kakao gezogen zu werden.

In seinen Anfangsjahren war MAD ein im üblichen Heftformat gehaltener Comic, der mit Vorliebe andere Vertreter seiner Art auf die Schippe nahm. Insbesondere auf Klassiker wie Prinz Eisenherz oder Tarzan und auf Stars wie Superman oder Batman hatte man es abgesehen. Zu den damaligen Charakteristika gehörten die strikte Beschränkung auf Schwarzweiß und ein ausnahmsloser Verzicht auf jegliche Fremdwerbung, der es erlaubte, gerade auch der Werbebranche gehörig eins auf die Nase zu geben. Mit der Einführung des Comics Code wechselte MAD Erscheinungsform und Format, um künftig als aller Verbote lediges Magazin einen ganz neuen Markt zu erschließen.

16. März 2007