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SAMMLER/036: Kauka-Versteigerung erfüllt nicht die Erwartungen (SWH)


Szene WHatcher - Flyer-Zine der trivialen Szene und Anzeiger für triviales Entertainment seit 1995 · No. 253 vom 6. März 2007


Die Kirche bleibt im Dorf

Versteigerung von Kauka-Material erfüllt nicht die Erwartungen



Es ist schon eine überraschende Entwicklung, die momentan den internationalen Kunsthandel hartnäckig vorantreibt und im Besonderen den Auktionshäusern und Galerien zu Rekordumsätzen verhilft. Und keine Woche vergeht, in der die einschlägigen Institutionen nicht anders können als über die ständig steigenden Werte, sprich: Verkäufe von Kunstwerken, zu jubeln und sich selbst überschwänglich eine rosige Zukunft zu prognostizieren. Allerdings ist es gar nicht so lange her, da war der Katzenjammer über den scheinbar eingebrochenen Kunstmarkt noch gross, und es hörte sich mancherorts schon so an, als wolle man den Grabgesang anstimmen.

Heuer hat ein anhaltender Nachfrage-Boom in der Kunstszene Fuss gefasst, und speziell im Bereich Impressionismus und Moderne sprengen die Verkaufssummen alle Grenzen, wobei diese inzwischen schwindelerregende Höhen erreicht haben. Nicht erst seit der Restitution von fünf Klimt-Gemälde aus der Österreichischen Galerie im Oberen Belvedere zu Wien, Mitte 2006, wächst das Interesse an zeitgenössischer Kunst explosionsartig. Bislang gipfelt der Hype im Kauf des Bildes Adele Bloch-Bauer I (Die Goldene Adele von 1907), von Gustav Klimt aus besagter Rückführung, durch den Kosmetik-Imperium-Erben Ronald Stephen Lauder für sage und schreibe 135 Mio. US-Dollar. Schon seit Mitte 2004, als Picassos Garçon à la pipe (von 1905) bei Sotheby's für schlappe 104,1 Mio. US-Dollar den Besitzer wechselte, wurde nicht nur in den Auktionshäusern der Knall von Champagner-Korken vernommen, sondern auch in etlichen Galerien, die ebenfalls Morgenluft witterten. Das entfesselte Fantasien.

Wohl auch im Hause Kauka, wo man sich mit seinen archivierten Original-Zeichnungen offenbar inmitten des brummenden Kunst- Geschäftes wähnte. Das Ergreifen der Gunst der Stunde bot sich aus Sicht der Kauka Promedia zwangsläufig an, zumal hier die Auswahl von Rolf Kauka bezüglich der seinerzeit von ihm engagierten Comic-Zeichner noch heute als genial bezeichnet wird. In der "frühen Phase waren die besten Künstler Europas um meinen Mann, Rolf Kauka, versammelt", behauptete Alexandra Kauka, die Witwe des im Jahr 2000 verstorbenen Verlagsgründers heuer in einer Presseerklärung (1) und initiierte eine Auktion von Zeichnungen und einigem Merchandising aus dem Kauka-Archiv bei Sotheby's.

Die Erkenntnis, dass die angesehenen und talentierten Kauka- Zeichner der "frühen Phase", wie Walter Neugebauer, Vlado Magic, Becker-Kasch oder Dorul van der Heide, europaweit jedoch immer im Schatten der Star-Zeichner und -Autoren der franko-belgischen Zeichner-Szene wie Hergé, Franquin, Goscinny, Uderzo, Moebius oder Morris standen, war ob des Ehrgeizes, die Leistung des einzigartigen deutschen Verlegers Rolf Kauka zu preisen, wohl etwas in den Hintergrund geraten. Und so wurde die Versteigerung der Artikel aus dem Kauka-Archiv eher zu einem Debakel als zu einem Erfolg, denn als am 12. Februar 2007 der letzte Hammerschlag des Sotheby's-Auktionators ertönte, waren von den erwarteten 500.000 Euro für die Aktion Ein Herz für Kinder lediglich 153.533 Euro zusammengekommen.

Die Erwartungen aus dem Hause Kauka waren derart hochgeschraubt, dass es die Original Art-Szene zunächst beunruhigte, da man durch das Bieten unkundiger Auktionsbesucher unrealistische Preissteigerungen befürchtete.

Statt finanzkräftiger Celebrities - denen es in der Regel mehr um ihr medienwirksames Auftreten als um das Eventergebnis ankommt, was wild wuchernden Preisverzerrungen Vorschub geleistet hätte - waren zur Versteigerung am Münchener Odeonsplatz offenbar nur die üblichen Verdächtigen aus der Comic-Sammler- und -Händlerschar erschienen, um mal zu gucken, was so geht oder um auf das eine oder andere Schnäppchen zu lauern.

Der Schnäppchen gab es dann auch zuhaufe, denn innerhalb weniger Stunden verwandelte sich das bislang solide handelbare Kauka- Material in einen schier unverkäuflichen Massenartikel, und das mindestens für die nächsten Jahre, bis sich der Markt von dieser Schwemme erholt hat. Das Gros der 269 Lose wechselte unglaublich weit unter Schätzpreis und weit unter dem handelsüblichen Preis den Besitzer, wobei zu berücksichtigen ist, dass es sich bei den meisten Losen um vielseitige (2-15-seitige) Stories handelte. 11-seitige Geschichten kamen beispielsweise trotz Schätzpreis von 3.500 - 4.000 oder 4.500 - 5.500 Euro für 519 bzw. 330 Euro, oder 15-Seitiges, wofür man 3.700 - 4.500 Euro veranschlagt hatte, für 708 Euro unter den Hammer (2).

Da es sich bei den Bietern und Steigerern am 12. Februar wohl kaum ausschliesslich um Sammler gehandelt haben dürfte, die mit den schönen Fix und Foxi-Originalen die Wohnzimmerwand behängen, darf man davon ausgehen, dass sich nunmehr weitere ca. 1.300 Originalseiten aus den Kauka-Studios für einen extrem günstigen Einkaufspreis auf dem Markt befinden. Wer jetzt noch für eine Fix und Foxi-Seite durchschnittlicher Qualität jeden Preis bezahlt, der outet sich als unverbesserlicher Individualist.

Fazit: Die Preise für gängige Kauka-Originale sind auf lange Sicht im Keller. Positiv sind die 153.533 Euro für die Aktion Ein Herz für Kinder - und, dass sich jeder Fix und Foxi-Fan jetzt ein preiswertes Original an die Wand hängen kann.

Mit einer Materialschwemme liess sich noch nie ein Produkt oder eine Produktpalette aufwerten, schon gar nicht auf einem Nischen- Markt. Der Besitz von Comic-Originalen, und mögen es noch so viele sein, und eine solide Kenntnis der Marktlage im Originale- Handel sind zwei verschiedene Dinge. Wer derartig gewaltige Aktionen plant, der sollte zuvor Spezialisten der einschlägigen Branche konsultieren und nicht nur auf die Fuzzies aus der Promotion-Abteilung hören.

1) www.presseportal.de/story.htx?nr=915074&firmaid=52523

2) Versteigerungsergebnisse über www.sothebys.com (schwer zu finden und nur für registrierte User)


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Quelle:
Szene WHatcher - Flyer-Zine der trivialen Szene und Anzeiger für
triviales Entertainment seit 1995 , No. 253 vom 6. März 2007
Herausgeber: Joachim Heinkow
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veröffentlicht im Schattenblick zum 8. März 2007