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SPRACHE/447: Sprachliche Vielfalt fördern und Kompetenzen stärken (idw)


Universität Siegen - 01.03.2007

Sprachliche Vielfalt fördern, sprachliche Kompetenzen stärken

Alternativen zum monolingualen Habitus deutscher Schulen


"System und Variation", unter diesem Generalthema versammelten sich 450 Sprachwissenschaftler aus 20 Ländern vom 28. 2. - 2.3. 2007 an der Universität Siegen zur 29. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Sprachwissenschaft.

In allen gesellschaftlichen Zusammenhängen spielt sprachliche Kommunikation eine zentrale Rolle, Sprachkompetenz ist insbesondere an Bildungsprozessen maßgeblich beteiligt. Dabei sind Sprachen keine fixen, unveränderlichen Systeme - sie verändern sich ständig, nicht zuletzt durch Kontakt mit anderen Sprachen.

So gerät etwa das Deutsche durch Migration in Kontakt mit einer Vielzahl von Einwanderersprachen. Die daraus resultierende Sprachenvielfalt kann gesellschaftlich wie individuell als Herausforderung begriffen werden, wenn es darum geht, sich über sprachliche und kulturelle Grenzen hinweg zu verständigen und möglichst vielen Menschen eine Teilhabe am sozialen Leben zu ermöglichen; die Vielfalt kann aber auch mit einem Reichtum an Lebensformen und Ausdrucksmöglichkeiten korrespondieren, der eng mit der jeweiligen eigenen Identität verbunden ist und den es - gerade auch in der Schule - zu fördern gilt.

Um zu verhindern, dass Kinder und Jugendliche - ob mit oder ohne Migrationshintergrund - an sprachlichen Barrieren scheitern, sollten gezielte Fördermaßnahmen das gesamte Altersspektrum vom Eintritt in die vorschulischen Einrichtungen bis hin zur Berufsschule abdecken. Um zugleich Mehrsprachigkeit zu erhalten bzw. zu fördern und so die Integration zu verbessern, gilt es, Maßnahmen wie die folgenden stärker als bisher umzusetzen:

- Grundlegende Stärkung der linguistischen Kompetenzen von Deutschlehrerinnen und Deutschlehrern - dies umfasst mehr elementares Wissen über Mehrsprachigkeit, Zweitsprachenerwerb, unterschiedliche Diskurs und Texttraditionen, aber auch sichere Kenntnisse des Deutschen, seiner Orthographie, Grammatik und Stilistik;

- (Freizeit-)Projekte, in denen in Gruppen mit Kindern unterschiedlicher Herkunftssprachen, inklusive Muttersprachlerinnen/Muttersprachlern des Deutschen, gearbeitet wird und in denen die Bereitschaft zum Deutschsprechen und Deutschschreiben auf natürliche Weise gefördert und professionell unterstützt wird;

- Echte bilinguale Schulprogramme - auch in den Migrationssprachen -, in denen der Unterricht von angemessen ausgebildeten Lehrerinnen und Lehrern gleichberechtigt in zwei Sprachen erfolgt.

Maßnahmen wie die genannten, die sich auf Engagement und Fantasie von Lehrenden und Lernenden stützen, führen allen beteiligten Schülerinnen und Schülern alltagspraktisch vor Augen, dass und wie unsere persönliche und kollektive Identität auf Sprache beruht und dass in der modernen Welt selbstbewusste mehrsprachige Menschen gefragt sind. Der Sprachwissenschaft kann eine Schlüsselrolle zukommen, wenn es darum geht, jenseits politischer Ideologien und einfacher Rezepte auf empirischer Basis konkrete Modelle zu entwickeln und zu bewerten: für Alternativen zum monolingualen Habitus der deutschen Schulen und für eine mehrsprachige Erziehung.

Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.dgfs2007.uni-siegen.de

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/pages/de/institution198


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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Universität Siegen, Ullrich-Eberhardt Georgi, 01.03.2007
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 3. März 2007