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BERICHT/078: Das Gespenst von Lublau (Spiegel der Forschung)


Spiegel der Forschung Nr. 2/Dezember 2009
Wissenschaftsmagazin der Justus-Liebig-Universität Gießen

Das Gespenst von Lublau

Michael Kaspareks Verwandlung vom Wiedergänger zum Blutsauger

Von Thomas M. Bohn


"Der Kasparek kommt"! - Mit diesem Satz begann der ungarische Schriftsteller Kálman Mikszáth 1892 seine Erzählung "Das Gespenst von Lubló". Wie der Titel vermuten lässt, war dabei weniger von einem Puppenspiel die Rede als vielmehr von einer Schreckgestalt wie dem Lehrer oder dem Schornsteinfeger. Anregen lassen hatte sich Mikszáth zu seiner Spukgeschichte von einer Legende aus der Zips, die in den "Ethnologischen Mitteilungen aus Ungarn" besprochen worden war. Demzufolge lässt sich für das Jahr 1718 in der "einzigen polnischen Stadt in Ungarn" ein Wiedergänger nachweisen. Abgesehen von den Methoden der ungarischen Volkserziehung ist der Fall kulturwissenschaftlich dadurch interessant, dass der Pole "Michael Kasparek" in der deutschsprachigen Überlieferung als Vorläufer der Vampire in der habsburgischen Militärgrenze gehandelt wird, die in den 1730er Jahren zu einem europäischen Medienereignis avancierten.


Um zu Erkenntnissen über die Ursprünge und die Verbreitung der Blutsauger zu gelangen, ist zwischen der Ereignis- und der Wirkungsgeschichte zu unterscheiden. Dazu müssen der historische Kontext in einer multikulturellen Region an der Schnittstelle der östlichen Vielvölkerreiche vergegenwärtigt und zugleich das Dickicht von Stereotypen des sich als aufgeklärt definierenden Europa durchforstet werden. Vampirismus ist als Grenzphänomen eine imperiale Angelegenheit und als Gegenstand der Publizistik ein (post-)kolonialistisches Produkt, so lauten die Thesen zu den folgenden Erörterungen. In einem ersten Schritt wird die Geschichte der Zips in Grundzügen referiert, in einem zweiten Schritt der Wiedergängerfall von 1718 rekonstruiert und in einem dritten Schritt der Vampirmythos einer Diskursanalyse unterzogen. Als roter Faden dient dabei die Frage: Warum erfuhr Michael Kasparek eine Metamorphose vom Wiedergänger zum Blutsauger?


Historischer Hintergrund

Bei der Zips handelt es sich um eine Landschaft in der heutigen Nordostslowakei an der Grenze zu Polen. In historischer Perspektive haben wir es mit deutsch geprägten und teilweise mit Goralen bevölkerten Siedlungen zu tun, die de jure zum Königreich Ungarn gehörten, de facto aber von der polnischen Adelsrepublik kontrolliert wurden. Von der osmanischen Eroberung blieb Oberungarn verschont. Stattdessen wurde die Region im Zeitalter von Reformation und Gegenreformation in konfessionelle Auseinandersetzungen hineingezogen. Eine Emanzipation von den Habsburgern erfolgte durch die militärische Erhebung Ferenc' Rákóczis nur vorübergehend vor dem Hintergrund der Verdrängung der Osmanen nach der zweiten Belagerung Wiens 1683 und der endgültigen Restitution des Königreichs Ungarn nach dem Frieden von Passarowitz 1718. Im Zuge der Teilungen Polens wurden alle Zipser Städte Ungarn wieder einverleibt. Das Toleranzpatent von 1781 ermöglichte schließlich die ungehinderte Religionsausübung aller Konfessionen. Mit der Einschränkung des Zunftwesens ab 1783 begann sich indes die deutsche Dominanz in den Zipser Städten zu vermindern. Aus sozioökonomischen Erwägungen heraus bildete sich in der Revolution von 1848 sogar eine Interessenkoalition von ungarischen und deutschen Eliten. Nach dem österreichisch-ungarischen Ausgleich setzte die Madyarisierung der Zips ein, die ihren Höhepunkt 1876 mit der Aufhebung der städtischen Selbstverwaltung und der Eingliederung in das ungarische Komitat Szepes reichte.


Rekonstruktion des Lublóer Wiedergängerfalles

Aufgrund der zeitgenössischen Angaben des zuständigen Notars lässt sich der Fall Michael Kasparek wie folgt rekonstruieren: Unmittelbar nach seinem Tod am 28. Februar 1718 sei der Lublauer Bürger seinem Diener erschienen. Verhöre weiterer Leidensgenossen hätten Belästigungen wie Schlagen, Beißen und Würgen bestätigt. Nachdem der Körper gut 40 Tage nach der Beerdigung noch als unversehrt erachtet worden sei, habe man zwei Bürger mit der Bitte an den Krakauer Bischof gesandt, den heimischen Pfarrer zur Ergreifung weiterer Maßnahmen zu autorisieren. Die Begründung lautete: Einerseits könne ein "wirksames Gegenmittel" gegen diesen "Schrecken und fühlbaren Übel" allein vom "höchsten geistlichen Arzt" verabreicht werden. Andererseits habe die "Handhabung in benachbarten Orten" gelehrt, dass bei ähnlichen Vorkommnissen lediglich eine Exhumierung Abhilfe verspreche. Daraufhin habe am 26. April eine posthume Exekution stattgefunden. Vor der Verbrennung sei dem Toten noch das Herz entnommen worden. Auf dem Scheiterhaufen habe die Leiche dann noch zur Belustigung des Volkes mit den Beinen gezappelt und Laute ausgestoßen. Nachdem Kaspareks Brüder Protest gegen das Verfahren eingelegt hätten, sei ihnen das Herz des Toten ausgehändigt worden. Allerdings habe der Spuk auch nach der Vernichtung der Leiche immer noch kein Ende gefunden. Im Laufe des Mai und des Juni sei Lublau von einer Reihe von Bränden heimgesucht worden. Kaspareks Angehörige hätten daraufhin beeiden müssen, dass der Tote zu Lebzeiten weder einen Zauberring besessen noch Teufelsspuk betrieben habe. Selbst der am 27. Juni durch zwei Geistliche womöglich ökumenisch vollzogene Exorzismus habe keine Abhilfe gebracht. Erst durch die Verbrennung von Kaspareks Herz im deutsch und protestantisch besetzten Rathaus sei dem Unglück ein Ende bereitet worden.

Einblick in die Gerüchteküche bietet ein aus einem benachbarten Komitat stammender Bericht, den der Herausgeber des "Europäischen Niemand" im Juli 1718 in Nürnberg erhielt. "Der nach seinem Tode in Ober-Ungarn herumschwärmende Michael Caspareck" wurde seitens des satirischen Periodikums als sensationell genug erachtet, nicht nur die diesbezügliche Meldung im lateinischen Original abzudrucken, sondern auch dem Titelblatt ein entsprechendes Porträt zur Seite zu stellen. Als "böser Geist zu Pferd" habe der verstorbene Einnehmer Michael Kasparek bei einer Hochzeitsgesellschaft angeklopft und diese durch sein unziemliches Gebaren gestört. Anschließend habe er nicht nur seine Ehefrau, sondern auch einige Mägde geschwängert. Danach sei er vorübergehend außer Landes gewesen, habe in Warschau Schulden eingezogen und dann großmütig seine Kreditgeber in Lublau ausbezahlt. Auf die posthume Exekution seines Körpers habe er in polnischer Sprache mit einem Racheschwur reagiert: "Ihr habt mich verbrannt, ich werde besser Euch verbrennen", und konsequenterweise eine Reihe von Brandstiftungen vorgenommen. Auf die Frage seiner Frau nach dem Grund seiner Wiedergängerei habe er geantwortet: "Die Teufel wollen mich in der Hölle nicht dulden, und Gott will mich auch nicht in den Himmel lassen, dieweil man nicht meines, sondern ein fremdes Herz verbrennet hat, also muß ich sieben Jahr in der Welt herum irren." In der Folge blieb des Rätsels Lösung im Wesentlichen der Phantasie des Volkes über lassen.

Über die entsprechende Legende ließ sich die "Gesellschaft für Völkerkunde Ungarns" im Mai 1890 durch Bertalan Matirko informieren. Demgemäß handelte der Lublauer Bürger Michael Kasparek mit Wein nach Polen. Einst gewährte ihm die Frau eines Warschauer Handelsfreundes Einlass, um volle Fässer einzulagern und leere wieder mitzunehmen. Bei dieser Gelegenheit entwendete Kasparek ein Fass mit Gold. Als der Warschauer Kaufmann seinen Besitz zurückforderte, beteuerte Kasparek seine Unschuld: "Seinen Körper möge die Erde ausspeien, der Himmel seine Seele nicht aufnehmen so er falsch schwöre!" Angesichts dieser Dreistigkeit ereilte ihn die gerechte Strafe. Nachdem ihn binnen dreier Tage der Tod heimgesucht hatte, war er gezwungen, als Gespenst auf Erden zu wandeln. "In der Nacht besuchte er" Matirko zufolge "die Schlafenden und sog ihr Blut." Gleichzeitig nutzte er seine Macht, die Reichen zu berauben und die Armen zu beschenken. Glücklich wurde er dabei nicht. Auf Fürsprache seiner Frau sollten seine Qualen gelindert werden. Bei der Öffnung des Grabes trat laut Matirko eine bittere Wahrheit zutage: "... vom ausgesogenen Menschenblute ward er von Tag zu Tag fetter, schöner ..." Weder die Enthauptung noch die Verbrennung brachten die gewünschte Erlösung. Stattdessen trat Kasparek als Brandstifter auf. Erst der durch den ungarischen und den polnischen Bischof gemeinsam vollzogene Exorzismus gebot dem Treiben Einhalt. Kasparek wurde in das benachbarte Komitat auf die Burg Sáros, dem Stammsitz der Rákóczis, verbannt. An den Schweif eines weißen Rosses gebunden, müsse Kasparek seitdem Jahr für Jahr darauf warten, dass mit dem Ausfall eines Haares die Stunde näher rücke, die ihn berechtige, vor Gottes Richterstuhl zu treten.


Integration der Kasparek-Legende in die deutsche Vampirdebatte

Wie die Metamorphose vom Wiedergänger zum Blutsauger funktionierte, sollen die folgenden Ausführungen zur Rezeption im deutschsprachigen Raum exemplifizieren. Befasst mit dem Fall Michael Kasparek haben sich neben dem württembergischen Geheimrat und Herausgeber des "Europäischen Niemand", Philipp Balthasar Sinold, noch der schaumburg-lippische Superintendent Eberhard David Hauber als Kompilator einer "Bibliothek der magischen Schriften und Akten" sowie der Publizist und Esoteriker Georg Conrad Horst in einer "Zauber-Bibliothek".

Im "Europäischen Niemand" von 1719 sinnieren drei Gelehrte über den geschilderten Vorfall und setzten ihn in aufgeklärter Manier mit Aberglauben und Teufelswerk in Verbindung. Kaspareks Gier nach Nahrung und Sexualität bezeuge, dass "kein bloßer, sondern ein eingefleischter Geist" sein Unwesen getrieben habe. Letztlich sei vom Vorhandensein einer erbaulichen "Fabel" oder vom Wirken eines gottlosen "Betrügers" oder "Hexenmeisters" auszugehen. Die "Bibliothek der magischen Schriften und Akten" folgte 1738 dieser Auslegung, indem sie darauf hinwies, dass die "Geistergeschichte" renommierter Zeugen entbehre und ihre Entstehung folglich dem "Eindruck der Phantasie" zu verdanken habe. Allerdings wurde unter dem Eindruck der ihren Zenit gerade überschrittenen Debatte um die Fälle von Kisolova 1725 und Medvedgya 1731 eine entscheidende Wendung vorgenommen. Denn "das ober-ungarische Gespenst Michael Caspareck" mutierte mit einem Mal zum "Vorläufer der in Serbien und der Ungarischen Grenze bekanntgewordenen Vampire und Blutsauger". Diese Interpretation wurde in der "Zauberbibliothek" 1825 durch die Behauptung auf die Spitze getrieben, Kasparek sei "der älteste Vampyr ... in Ungarn gewesen", jedenfalls sei "dessen sogenannter Vampyr-Stand der tolleste, abentheuerlichste und furchtbarste von Allen".


Säkularisierung und Madgyarisierung der Kasparek-Legende

Als ungarischer Kronzeuge fungiert der slowakische Geschichtsschreiber Matthias Belius, der 1723 in seinem "Boten des alten und neuen Ungarn" auch auf Lublau zu sprechen kam. Der Version des "Europäischen Niemand" entsprechend habe der "nicht in jeder Hinsicht unbescholtene" Krämer Kasparek nicht nur mit seiner Frau verkehrt, sondern auch ihre Schulden beglichen. Nach "gewohnter Volkssitte" sei der Leichnam ausgegraben und - anders als vom Lublauer Notar geschildert - erst nach der von starken Blutausfluss begleiteten Enthauptung verbrannt worden. Angesichts des vollzogenen Aberglaubens sei die Stadt mit einer Feuersbrunst bestraft worden, die man wiederum mit dem Toten in Zusammenhang gebracht habe. Viele hätten geglaubt, dass ein "böser Geist" mit menschlichem Aussehen am Wirken gewesen wäre. Andere hätten vermutet, das Phantom habe sich lediglich maskiert. Belius seinerseits begnügte sich mit dem Schluss, es handele sich um ein erbauliches "Schauermärchen", das wert sei, in Erinnerung behalten zu werden.

In der Folge interessierte sich das ungarische Publikum eher für Standortbestimmungen gegenüber der Wiener Zentrale als für Schauermärchen aus der polnischen Zips. Erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts widmeten sich die beiden Nationaldichter Miklós Jósika und Kálman Mikszáth der in Oberungarn verbreiteten Legende. Ein Kasparek eigener Art findet sich in einem historischen Roman von Jósika aus dem Jahre 1861 über "Franz Rákóczi II.". Darin vermischen sich unter Verschiebung der Zeitebenen die Figuren des Lublauer Gespensts Kasparek und eines gleichnamigen Gefolgsmanns des Kuruzzenführers Imre Tökölyi. Der Exkurs zum Gespenst setzt mit der Tabuisierung des Namens Kasparek ein: "... Die Mütter brauchten ihn als Popanz unartigen Kindern gegenüber: 'Weine nicht! Sonst holt Dich Kasperek!'" Für den patriotisch und protestantisch gestimmten Schriftsteller bot der Exorzismus von Kaspareck den Anlass, gegen die katholische Obrigkeit zu polemisieren. Nach einem politischen Rundumschlag schließt der Exkurs mit einer Gruselgeschichte: Kaspareks spuke nach wie vor an einer verzauberten Quelle als Wassergeist.

Ohne auf die eigenwillige Interpretation seines Konkurrenten einzugehen, strebte Mikszáth in seiner Parabel "Das Gespenst von Lublau" 1892 auf humoristische Weise eine Säkularisierung des Falles an. Mikszáth kombinierte die Gespenstergeschichte mit einem Kriminalfall und bereicherte sie durch amouröse Szenen, nicht ohne die Komplexität der Nationalitätenvielfalt im Alltag Oberungarns unerwähnt zu lassen. Dabei wurden Affinitäten zum Vampirismus ignoriert und stattdessen ungarische Volkskultur in die polnisch geprägte Zips implementiert. Des Rätsels Lösung gründete sich nach Mikszáth darauf, dass der Lublauer Weinhändler Michael Kasparek und sein Warschauer Partner Michael Cerniczky Halbbrüder waren und sich in ihrer Jugend in die selbe Frau verliebt hatten. Nach der Beerdigung seines Widersachers spielt Czerniczky die Rolle eines Wiedergängers, um durch die Bezahlung und das Eintreiben von Schulden die Gunst seiner Angebeteten zu erlangen.

Mikszáths Erzählung wurde 1976 verfilmt und erschien ein Jahr darauf unter dem Titel "Der Phantomreiter" in den Kinos der DDR. Im "Lexikon des internationalen Films" heißt es dazu schlicht: "Stimmungsvoller Kriminalfilm nach einem ungarischen Detektivroman, angereichert mit komischen und gruseligen Elementen." Wie es das Schicksal so wollte, wurden weder das Gespenst Michael Kasparek noch der Schriftsteller Kálman Mikszáths über die ungarischen Grenzen hinaus besonders bekannt. Weltruhm sollte im Verlaufe des 20. Jahrhunderts der irische Schriftsteller Bram Stoker erlangen: Vampirismus war zu einer Sache seines "Dracula" geworden.


Zusammenfassung

Bei der Kasparek-Legende handelt es sich weniger um eine Vampirgeschichte im kulturwissenschaftlichen Sinne als vielmehr um eine Gespenstergeschichte von historischem Wert. Bezugspunkte einer gesamteuropäischen Perspektive bilden nicht nur die Türkengefahr und die Hexenverfolgung, sondern auch die Konfessionalisierung und der Nationalismus.

Eine anthropologische Deutung hat unter Berücksichtigung der ethnischen und religiösen Verwerfungen am Ort des Geschehens zu erfolgen. Die damit angesprochenen Implikationen spiegeln sich bereits an der Bezeichnung der Stadt wieder: Lublau wurde trotz formeller polnischer Herrschaft bis zum Ende des 17. Jahrhunderts noch von deutschen und protestantischen Bürgern dominiert. Im Zuge sozioökonomischer Umstrukturierungen fand im Verlaufe des 18. und 19. Jahrhunderts in quantitativer Hinsicht eine Slowakisierung und Rekatholisierung statt, die den Namen Lublov rechtfertigte. Durch die politisch motivierte Magyarisierung hieß die Stadt seit dem Ausgleich von 1867 ungeachtet des beträchtlichen goralischen oder ruthenischen Bevölkerungsanteils offiziell Lubló.

Der "polnische Katholik" Mihal Kasperek hatte als Michael Kasparek oder Kaszperek Mihály in einer zunächst deutschen, dann ungarischen Umgebung nach seinem Tod alle Klischees zu bedienen, die in Wiedergängerfällen zu Tage traten. Phänomene des Alpdrucks auf der Ebene der individuellen Erfahrungen vermischten sich mit ungelösten Problemen finanzieller Verpflichtungen auf der Ebene der sozialen Beziehungen. Die Folge war ein öffentlicher Skandal, bei dem das Verhältnis von Eros und Thanatos die Phantasien der Zeitgenossen beflügelte. Einerseits musste der Tote als Sündenbock herhalten und sich dem Vorwurf der Hexerei aussetzen. Andererseits wurde ein Scharlatan promoted, der imstande war, der Obrigkeit ein Schnippchen zu schlagen.

Während das aufgeklärte Publikum den Fall mit dem Verweis auf Betrügerei und Aberglauben zu den Akten legte, sorgte seine Kolportage in der phantastischen Literatur dafür, dass er als frühes Beispiel von urbanem Vampirismus gewertet wurde. Auf der Grundlage der Säkularisierung und der Magyarisierung kam die ungarische Belletristik daraufhin zu dem genialen Schluss eines Kriminalfalls. Dem Kinderschreck Michael Kasparek wurde dadurch endgültig die Möglichkeit genommen in Konkurrenz zu dem historischen "Dracula" zu treten, der in Rumänien Vlad Tepes - das heißt "der Pfähler" - genannt wird. Er ist lediglich als Blutsauger im Sinne Voltaires in die Geschichte eingegangen.


Prof. Dr. Thomas Bohn
Justus-Liebig-Universität
Historisches Institut
Otto-Behaghel-Straße 10, Haus D
35394 Gießen
E-Mail: Thomas.Bohn@geschichte.uni-giessen.de

Thomas Bohn, Jahrgang 1963, 1985-1991 Studium der Mittleren und Neueren Geschichte und der Slavistik an der Universität Hamburg; 1992-1995 Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Moderne osteuropäische Geschichte der Universität Hamburg. 1995 Promotion an der Universität Hamburg über den Historiker Pavel N. Miljukov und die Moskauer Schule. 1995-2007 Wissenschaftlicher Mitarbeiter/Assistent am Lehrstuhl für Osteuropäische Geschichte der Friedrich-Schiller- Universität Jena; 2004 Habilitation über den Wiederaufbau der weißrussischen Hauptstadt Minsk nach dem Zweiten Weltkrieg. 2005-2006 Vertretung der Professur für Geschichte Osteuropas im Rahmen des Elitestudiengangs "Osteuropastudien" an der Ludwig-Maximilians- Universität München, 2006 Vertretung der Professur für Geschichte Osteuropas an der Kulturwissenschaftlichen Fakultät der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder). 2007-2009 Professor für Geschichte Osteuropas mit einem Schwerpunkt Geschichte Ostmitteleuropas im Rahmen des Elitestudiengangs "Osteuropastudien" an der Ludwig-Maximilians-Universität München (mit Lehrverpflichtungen an der Universität Regensburg). Seit Oktober 2009 Professor für Osteuropäische Geschichte mit einem Schwerpunkt Geschichte des Russischen Reiches und der Sowjetunion an der Justus-Liebig-Universität Gießen.


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Quelle:
Spiegel der Forschung Nr. 2/Dezember 2009, 26. Jahrgang, S. 78-83
Wissenschaftsmagazin der Justus-Liebig-Universität Gießen
Herausgeber: Der Präsident der Justus-Liebig-Universität Gießen
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veröffentlicht im Schattenblick zum 11. Mai 2010