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ENGLISCH/658: Spotlight im New Look - Weniger ist mehr und mehr weniger (SB)




Spotlight - Das Magazin für Ihr Englisch

More people, more travel - and more useful language tips!

Dr. Wolfgang Stock (Herausgeber und Verlagsleiter)

Die neue veränderte Jubiläumsausgabe von Spotlight, die sich zum Glück doch nicht allzu sehr von dem vertrauten Erscheinungsbild unterscheidet, so daß man es noch gut wiedererkennen kann, verspricht viel mehr als nur ein neues "Outfit" und ein übersichtlicheres Layout, nämlich zahlreiche neue Impulse für Englischlerner: Noch mehr aktuelle Themen und Insider-Ansichten aus der englischsprachigen Welt, mehr Reiseinformationen, hier vor allem die neue Rubrik "Travel Talk" mit nützlichen Begriffen und Dialogen für den Urlaub, und last but not least einen erweiterten Sprachteil (von 12 auf 17 Seiten).

Bei soviel "more" fragt sich vor allem der regelmäßige Leser und Fan des Magazins besorgt, was wohl statt dessen an bereits liebgewordenen Details auf der Strecke bleiben mußte, denn der Umfang hat sich insgesamt nicht vergrößert: Nach wie vor endet die Ausgabe mit den postfertigen Abonnenten-, Empfehlungs- und Bestellkarten auf Seite 80.

Beruhigt nimmt man dann zur Kenntnis, daß doch vieles beim alten geblieben ist und zwar so, wie es im Schattenblick schon vor kurzem ausführlicher besprochen wurde [siehe auch: ENGLISCH/650: Lehrmittel (15) Spotlight & Business Spotlight]. So ist z.B. Peggy's Place, eine schon viele Jahre erfolgreiche Fortsetzungsgeschichte, die in einem typischen britischen Pub spielt, immer noch an gleicher Stelle. Und auch in diesem ersten Heft im neuen Look stehen wieder vier längere ausführliche Artikel mit interessanten gesellschaftspolitischen Themen im Mittelpunkt. Die meisten liebgewordenen Rubriken finden sich dann auch nach einigem Blättern wieder, manchmal sogar mit verändertem Titel.

Nur etwas springt sofort ins Auge: Das Magazin hat Farbe gelassen, ist gleichförmiger und "ruhiger" geworden: Die bunten Kästen sind einem dezenten Eierschalenton gewichen, der zeitweise mit einem kräftigeren Beige abwechselt, die knallroten Balken in den Rubriküberschriften sind völlig verschwunden. Colin Beavens Rubrik, früher Beaven's Britain, mußte sogar seinen rotblauen Union Jack ganz einziehen und erscheint als "Britain Today" in schlichtem, dem britischen Understatement gemäßem Schwarzweiß. Auch der Autor erscheint nur noch als kleines Schwarzweiß-Portrait (früher farbige Ganzansicht im legeren bunten Pullover) auf dem Kopf der Seite und im förmlichen Anzug.

Das alles macht einen weniger fröhlichen, sparsameren, dafür aber auch mehr auf den Text orientierten, wenn nicht sogar mehr distinguierten und sachlich-kompetenten Eindruck. Allerdings scheint sich im Widerspruch dazu ansonsten auch hier leider - wie heutzutage in allen Gesellschaftsmagazinen - die Tendenz zu oberflächlichen, weniger durchrecherchierten Kurztexten immer mehr durchzusetzen. Das zeigt sich schon eingangs durch die Erweiterung der bisher vierseitigen Kurznachrichten-Rubrik "World View - News In Brief" um noch zwei weitere Seiten mit kurzlebigen "Yellow-Press"-Informationen: "People - Names And Faces".

An anderer Stelle wird diese Kürze wiederum sehr geschickt genutzt, um brisante Themen anzureißen und ohne eigene Wertung oder Stellungnahme zur Diskussion zu stellen. Da ist z.B. in der Maiausgabe unter "DEBATE" die Nachricht, daß 46 Prozent der Amerikaner Folter für gerechtfertigt halten, wenn amerikanische Menschenleben nur bedroht scheinen. Präsentation und Darstellung sind in diesem Fall dann schon Stellungnahme genug, wie auch die Tatsache, das Thema überhaupt und die widersprüchlichen Meinungen amerikanischer Bürger dazu zur Sprache zu bringen.

Ansonsten hält das Magazin an dem beispielhaften und unter "ENGLISCH/650" ausführlich behandelten Konzept fest, mit unterschiedlichsten Artikeln zu verschiedensten Themen in vier Schwierigkeitsgeraden an das in Zeitschriften üblich verwendete Sprachniveau heranzuführen und gleichzeitig Englisch verschiedener Sprachebenen zu lehren.

Bedauerlich fand ich die vom Verlag leider überhaupt nicht, und von dem sloganträchtigen "more, more - more" schon gar nicht, begründeten und somit schlicht nicht nachvollziehbaren Änderungen im Sprachteil, über deren Sinn man nur spekulieren kann. Hier erweist sich das "more" bzw. "mehr" im wahrsten Sinne des Wortes als "weniger".

Denn statt der früher so außergewöhnlichen Sprachuntersuchungen wie die Rubriken "Language Live!" oder "Language - A Closer Look (Information on language and culture, by Margaret Davis)", in denen einzelne Begriffe in Kurzartikeln anhand von Zitaten, Anekdoten oder Beispielen aus dem Heft unter die Lupe genommen wurden und die in der neuen Ausgabe komplett gestrichen sind, finden sich Lernstudien zum Wortschatz wie "Meet the family" oder "Travel Talk", die zwar sachlich umfassend und didaktisch gut nachvollziehbar aufbereitet sind, aber nichts anderes als das, was man in jedem CD- oder Kassettenlehrgang, in jedem Volkshochschulkurs-Begleitbuch und schließlich auch den meisten Schulbüchern findet. Wieviel wortschatzbezogener waren da doch die ethymologischen Studien oder geschichtlichen Hintergründe von Begriffen wie "adobe", "greenwash" oder "to pigeonhole someone", die man gemeinhin nur aus dem Kontext erraten lernt, die aber, durch ein besseres Verständnis aufgewertet, in den aktiven Gebrauch übergehen können.

Statt dreimal "more" sage ich daher dreimal "schade" angesichts dieser Veränderungen und hoffe, daß sich Spotlight auch ferner seine Freude an der Sprache erhält und nicht zu einem weiteren "Einpauk- Medium" wird, mit dem nur noch PISA-Defizite wettgemacht werden sollen.

Schade ist auch der Verlust des telefonischen Abrufes einiger Texte aus dem aktuellen Heft, mit dem man beispielsweise zumindest die Geschehnisse rund um Peggy's Place jeden Monat garantiert verfolgen konnte. Zumal dies, kombiniert mit einem von vielen Telefongesellschaften angebotenen günstigen Flatrate-Modus, gerade auch für weniger gut ausgestattete Schüler eine Möglichkeit war, einen authentischen Eindruck von der gesprochenen Sprache zu erhalten oder zumindest eine Entscheidungshilfe bot, ob sich der Kauf der neuesten CD- bzw. Kassettenversion lohnen könnte.

Dafür stellt der Verlag in seinem Pressebegleitschreiben einen neuen Online-Service in Aussicht: den kostenlosen Spotlight-Podcast, der das Hörverständnis durch eine neue aktuelle Audio-Datei (pro Woche zum Download) trainieren soll. Welche Artikel dafür als Hörversion zur Verfügung gestellt werden, wurde allerdings nicht erwähnt.

Die technischen Möglichkeiten zum Podcasting (einer speziellen kommerziellen Downloadmöglichkeit, die von entsprechenden Geräten, Programmen und Lizenzen abhängt) stehen zwar nach wie vor immer noch nicht allen Menschen zur Verfügung, doch wird der Einzelne wohl nicht mehr darum herumkommen, sich mit Internetzugangsmöglichkeiten und Antivirenprogrammen und "Textdownload on demand" auseinanderzusetzten, um sich die ohnehin nicht gleich verteilten letzten Chancen zumindest ansatzweise zu erhalten.

Allerdings wird in dem aktuellen Heft auf die neue Möglichkeit des Podcasting noch nicht hingewiesen, wenn nicht ein besonders bescheidener Hinweis meinem mehrmaligem Durchblättern und Durchforsten des Heftes zu diesem Zweck doch entgangen ist.

Das neue Spotlight kommt am 26. April in den Handel oder läßt sich beim Spotlight Verlag, Tel. 089 856 81 -16, E-Mail abo@spotlight- verlag.de und im Internet unter www.spotlight-verlag.de. bestellen.

Dr. Wolfgang Stock (Herausgeber und Verlagsleiter)

Spotlight - Das Magazin für Ihr Englisch, Mai 2006
Spotlight Verlag, München
erscheint monatlich am letzten Mittwoch des Vormonats
ca. 80 Seiten, 5,50 Euro


25. April 2006