Schattenblick →INFOPOOL →BILDUNG UND KULTUR → SPRACHEN

ENGLISCH/745: BSE-English (1) Never hammer a nail in your battery (SB)


Seltsame Begegnungen mit Gebrauchsanweisungen und anderen Fundsachen


1. Besonders verantwortungsbewußte Übersetzungen können auch Mißverständnisse aufwerfen

Never hammer a nail in your battery pack



Seltsamem und für Muttersprachler ausgesprochenem "Strange-" or "BSE-English" (Bad Simple English) begegnen wir hierzulande fast ständig. Das hängt u.a. damit zusammen, daß englische Versatzstücke in Umgangssprache und Werbung als ausgesprochen "cool" und "sexy" (da haben wir's) gelten und jeder glaubt, auf diese Weise "mitreden" zu können. Das Internet, Forum für englischsprechende bzw. chattende Nichtmuttersprachler aus aller Welt, sorgt dafür, daß ein großer Teil der Kommunikation des modernen Menschen in englischer Sprache auf allerniedrigstem und -flachstem Niveau stattfindet. Und da das einigermaßen funktioniert, glaubt jeder, die englische Sprache zu beherrschen.

Selbstredend werden Stilblüten am laufenden Meter produziert, über die wiederum nur Muttersprachler lachen könnten, wenn sie sie denn überhaupt verstehen. Ob aber Worte wie "simsen", "wakeborden", oder "Moblog" überhaupt im englischen Sprachgebrauch vorkommen oder ihre ethymologische Herkunft verfolgt und dann auch noch komisch gefunden wird, ist fraglich. Denn warum "Denglisch" für Menschen hierzulande wichtig ist, läßt sich auf der britischen Insel schlecht nachvollziehen. Denglisch, die für Außenstehende manchmal so irritierende Mischung aus Deutsch und Englisch, ist für viele Manager, besonders für die jüngeren, inzwischen zu einer geradezu natürlichen Ausdrucksform geworden. Mit Denglisch läßt sich gut reden, vor allem aber verschleiern, kaschieren und imponieren.

Denglisch ist auch die Sprache der Werbung: so der "Slip" auf der Haut, der ein angenehmeres Empfinden hervorrufen soll, als die Unterhose und das nur, weil der "Appeal" eben größer ist.

Ein deutsches Textilunternehmen, das Unterwäsche herstellte, warb in seinem Firmenlabel nach dem Namen mit "Feine Wäsche". Inzwischen hat es den Trend der Zeit aufgegriffen und heißt nur noch "XXX - Fine body wear". Auf die Frage an die Marketing Abteilung, warum diese Vergewaltigung notwendig war, hieß es, das Unternehmen würde jetzt auch auf den französischen Markt expandieren... Hoppla, offensichtlich hatte noch keiner der betreffenden Abteilung wirklich etwas mit Frankreich zu tun, denn dort ist "Englisch" absolut nicht angesagt, und schon gar nicht Englisch als Verkaufs- oder Werbesprache.

Doch nicht nur Franzosen können selten etwas mit englischem Marketing oder englischen Slogans anfangen. Die meisten Sprüche dieser Art erweisen sich auch hierzulande als reine Rohrkrepierer. In einer repräsentativen Umfrage fand die Kölner Beratungsfirma Endmark 2003 heraus, daß viele Bundesbürger englischsprachige Werbesprüche, wenn überhaupt, nur unzureichend verstehen:

Mit dem Spruch "Come in and find out" etwa versuchte der Parfümeriekonzern Douglas, Kunden in seine Läden zu locken. Manche Kunden übersetzten wörtlich: "Komm rein und finde wieder raus". "Douglas macht das Leben schöner", heißt nun der werbewirksamere deutsche Text.

Um die Zuschauerzahl zu erhöhen, probierte es Sat.1 mit dem Slogan "Powered by emotions". Was in deutschen Landen prompt als "Kraft durch Freude" interpretiert wurde. Mit solch nationalsozialistischen Erinnerungswerten wollte Sat.1 natürlich nicht identifiziert werden. Der Fernsehsender schrieb um: "Sat.1 zeigt's allen" hieß es nun.

Auch der japanische und somit schon von Hause aus zwei- und somit englischsprachige Mitsubishi konnte mit dem Slogan "drive alive?" bei deutschen Autofahrern nicht landen, die es fast durchgehend in "fahre lebend?" übersetzen. Auch diese Werbung wurde komplett ausgetauscht: "Heute. Morgen. Übermorgen." soll das Fahren mit einem Mitsubishi-Auto wieder zu einer sicheren Angelegenheit machen.

Soviel zum englischen Sprachgefühl der Deutschen, die sich laut einer Diplomarbeit an der Universität Dortmund auch emotional nicht so stark von denglischen oder englischen Slogans angesprochen fühlen wie vom guten alten Deutsch. So hatte die Diplomandin Werbesprüche getestet, indem sie den Hautwiderstand von Probanden maß. Englische Werbetexte, zum Beispiel "Fly high, pay low" oder "Designed to make a difference", ließen die Probanden danach völlig kalt. Gefühlsreaktionen zeigten sie dagegen bei deutschen Texten, besonders bei den Sprüchen "Geiz ist geil" und "Wohnst du noch oder lebst du schon?"

Diese Erkenntnisse haben aber bisher kaum etwas an dem Trend ändern können, mit dem BSE-English oder Denglisch in unseren Alltag eindringt. Um aber zu begreifen, daß bei weitem nicht alles klüger, effizienter und besser ist, was dort in englischer Sprache auf uns zukommt, müssen wir es ganz einfach analytisch auseinandernehmen. Und das soll unter dieser neuen Rubrik "BSE-English" geschehen.

Stressige Gebrauchsanweisungen, die beim Anwender nur Fragezeichen hinterlassen, seltsame Verwechslungen auf Werbeplakaten oder Stilblüten aus dem Internet sind es, die hier enträtselt werden sollen, so daß der geplagte Leser darüber wieder befreit lachen kann.

Der erste Fall ist eine Stilblüte, die auch als solche in dem Wissenschaftsmagazin New Scientist vorgestellt wurde. Ein Leser, Brian Grady, schickte dem Magazin den Teil der Gebrauchsanleitung seines Laptops, in dem bei der Behandlung der Batterie zu ganz besonderer Vorsicht geraten wurde:

Strange caution [Seltsamer Warnhinweis]

FINALLY, alongside the understandable manufacturer's caution not to disassemble his new laptop battery was an admonition that Brian Grady was more surprised by: "Never hammer a nail into the battery pack".
(New Scientist magazine 2620, 8. September 2007, Seite 112)

So deutlich fallen die Anweisungen in einer Gebrauchsanleitung nicht immer aus. Meist lassen sie zu wünschen übrig, und darüber hinaus gibt es auch immer noch Menschen, die gar nicht lesen können, was dann wohl auch schon zu sehr seltsamen oder sogar gefährlichen Unfällen geführt hat.

Deshalb werden genaue Verhaltensregeln in verschiedenen Sprachen auf dem Schutzmantel einer jeden Batterie und eines jeden Akku in einer Minischrift verfaßt, die nur noch mit Lupe zu entziffern ist und die darauf hinweist, daß der flüssige Inhalt der Batterien nicht in die Augen geraten darf und man sofort einen Arzt aufsuchen soll, wenn das passiert. Für die wichtigsten Warninhalte sind darüber hinaus auch noch Symbole oder Zeichen eingeführt. Die sind allerdings nicht standardisiert und können zu weiteren Mißverständnissen führen:

Zur besseren Erläuterung sind somit auf manchen fernöstlichen Fabrikaten neben dem "nicht in den Hausmüll werfen" und dem "Recycling" Symbol (bei Akkus) dann auch noch ein durchgestrichener oder durchkreutzer Hammer abgebildet, der gerade auf die arme Batterie eindrischt. - "Nicht gewaltsam öffnen!" soll das heißen.

Wie das obige Beispiel zeigt, wird gerade das dann hin und wieder überinterpretiert, so daß in den Warnhinweisen der Gebrauchsanweisung dann auch dieses kleine Zeichen noch einmal ausführlich für den Leser übersetzt wird: "Nagele niemals direkt durch die Batterie!"

Der NewScientist Leser konterte seinerseits mit typisch Britischem Humor:

"There goes my ingenious idea for securing it to my old laptop," he laments. "Though, come to think of it, my laptop probably wouldn't appreciate having nails hammered into it either."

[Das wars denn wohl mit meiner tollen Idee, sie sicher in meinem alten Laptop zu verankern. Was allerdings mein Laptop dazu sagen würde, wenn ihm Nägel eingeschlagen werden, steht noch auf einem andern Blatt. Übers. Schattenblick-Red.]
(New Scientist magazine 2620, 8. September 2007, Seite 112)


13. September 2007