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FRANZÖSISCH/067: Skizzen... Was soll denn Grammatik eigentlich? (SB)


Skizzen: Kopf hoch, Grammatik ist gar nicht so schwer(wiegend)!




Viele Probleme mit Grammatik, die sich beim Sprachenlernen ergeben oder herausstellen, beruhen auf mangelnder Kenntnis der eigenen, der deutschen Grammatik. Dies soll jedoch kein Aufruf sein, sich nun ausdrücklich auf deutsche Grammatik zu stürzen oder sich damit zu quälen, um dann nach intensivem, ermüdenden Studium endlich wieder zur Fremdsprache zu kommen - oder auf der Strecke zu bleiben. Nein, das Erlernen einer Fremdsprache ist ganz im Gegenteil geradezu die Gelegenheit, hier etwas nachzuholen. Manchmal wird man sogar neugierig, oder man versteht Begriffe und Zusammenhänge, die einem bisher verschlossen waren.

Wozu lernt man nun Grammatik, wozu dient sie? Nehmen wir einmal an, die verschiedenen grammatikalischen Begriffe dienen der Übereinkunft. Ein Wort, eine Wortbeziehung, eine Abfolge wird bezeichnet, damit man sie wiedererkennt und sich so im und für den Abtausch eine bestimmte definierte Bedeutung zu eigen macht. Im Grunde installiert sich so die Gleichrichtung einer Sprachgemeinschaft, etwas, das wiederum fast alle Sprachgemeinschaften gemein haben.

Grammatische Konstruktionen, die Worte und Wortbedeutungen in Beziehung setzen, erzielen ein größeres Bedeutungsspektrum und haben somit den Anspruch, deutlicher kundzutun, was man sagen will und, gängiger Sprachtheorie entsprechend, die Welt präziser zu erfassen. Man könnte auch sagen, Grammatik bringt Ordnung in eine Welt, die ansonsten unübersichtlich und verwirrend wäre. Grammatik bietet Orientierung, sagt uns letztlich, daß oben oben und unten unten ist. Für jemanden, der eine Sprache lernt, um sich zu verständigen und in der Welt zurechtzufinden, ist sie unentbehrlich. Auch wenn man sie nicht ausdrücklich lernt, bekommt man sie im nebenherein mit vermittelt.

Worte für sich sind nicht verständlich, wir haben es immer mit einem Gefüge, einem Verhältnis zu tun. Und das, muß man wissen, macht eine Sprache statisch und berechenbar. Die angebliche Verständigungsmöglichkeit beschränkt sich auf eine vorgegebene Variabilität, in die man sich einfindet, und findet da auch ihr Ende.

Alles, was gesagt werden kann, geschrieben werden kann, im Sinne dieser Sprachregeln, ist schon einmal gewesen und bezeichnet daher lediglich festgelegte Abläufe. Mit anderen Worten: nichts Lebendiges. Und das macht eine Sprache schwierig. Die Frage "Was hat das mit mir zu tun?", ahnt man ganz richtig, kann nur mit "nichts" beantwortet werden. Und wenn man dann weder das Sprachen-Lernen, noch den Versuch zur Verständigung aufgeben will, kehrt man zurück zur Sprachlehre und Grammatik, und sie haben ihre Schwere verloren.


Erstveröffentlichung am 26. Mai 1998


23. Juli 2007