Schattenblick →INFOPOOL →BOULEVARD → PLAUDERSTÜNDCHEN

KALTE PLATTE/0062: Klatsch auf krossen Kräckern (SB)


Satirische Canapés und Cocktailbissen



Hansestadt neu

Mit dem wachsenden Einfluß transnationaler Konzerne auf die innere Struktur einzelner Staaten hat sich auch das Tätigkeitsfeld des Politikers grundlegend gewandelt. Statt Bürgerinteressen zu vertreten, sorgt der moderne Politiker dafür, daß sich der Fluß von Steuergeldern in Richtung der Konzerne stetig verbreitern kann, ohne daß sich beim Bürger dagegen ernstlich Widerstand regt.

Keine leichte Aufgabe, wie es beispielsweise an den Problemen um den Bau der Elbphilharmonie im Hamburger Hafen deutlich wird. Da ist zum einen der mit dem Elbphilharmoniebau beauftragte transnationale Konzern Hochtief AG. Ein Großunternehmen, das an Megaprojekten wie dem Bau des größten Hotels des Mittleren Ostens (über seine Tochter Leighton Holdings Ltd.) in Dubai beteiligt ist oder als aussichtsreichster Kandidat für den Bau einer der größten Brücken der Welt im Emirat Qatar gilt, um einmal die Größenordnung seiner Projekte zu veranschaulichen. Demgegenüber steht als Vertreter der Stadt Hamburg mit ihrer vergleichsweise winzigen Finanzkraft im Rücken der Bürgermeister Olaf Scholz. Das heißt, er würde dort mit Sicherheit nicht stehen, wäre er nicht dem Konzerngiganten gegenüber ausreichend kooperationsbereit. Allzu klar liegen die ökonomischen Gewaltverhältnisse auf der Hand.

Da es jedoch im Interesse der Konzerne liegt, den Eindruck aufrecht zu erhalten, in Stadt und Land hätten noch die Politiker stellvertretend für die Bürger das Sagen, fördern die Konzerne durchaus anpassungsbereite Politiker und lassen sich öffentlich auch schon mal von ihnen "rügen". Aber bitte moderat. Eine solche "Rüge" klingt aus dem Munde von Olaf Scholz zum Thema Elbphilharmonie dann so: "Jetzt geht es darum, daß wir darauf achten, daß diese Verträge eingehalten werden und daß das Gebäude fertig gebaut wird. Mehr erwarten wir nicht von unserem Vertragspartner" (NDR 90,3 am 26.6.12). Oder, aus demselben Interview, noch pseudo-konkreter: "Es gibt klare Ansagen und wir werden sehen, was jetzt passiert!"

Selbstverständlich wissen sowohl Hochtief als auch Olaf Scholz, was "jetzt passiert": Die Elbphilharmonie wird weitestgehend nach den bautechnischen und preislichen Vorstellungen des Großkonzerns weitergebaut und die Stadt Hamburg muß eine immense Geldsumme dafür aufbringen. Olaf Scholz, so er denn als Politiker weiterhin erfolgreich wirken will, hat das dem Hamburger Bürger zu "verkaufen". Ob Scheibchenweise oder im Stück.

Daß die Stadt Hamburg als Auftraggeberin für den Bau der Elbphilharmonie dem Konzern entgegenkommen muß, um halbwegs realisierbare Rückzahlungsbedingungen auszuhandeln, versteht sich von selbst. Unbestätigten Gerüchten aus dem Hochtief-Management zufolge bedeutet das, Hamburg muß dem Hochtief-Konzern eine Reihe von Großprojektaufträgen verbindlich zusichern, von neuen Autobahnen über Hafenerweiterungen bis hin zu einem neuen Großflughafen. Projekte, die die Stadt perspektivisch immer höher verschulden.

Doch gerade auf dieser immensen Verschuldung der Stadt Hamburg gründet laut der anonymen Quelle aus der Hochtief-Planungsetage die innovative Konzern-Werbestrategie. Denn weil Fußballstadien oder Konzert-Arenen als Werbeträger für die globale Gestaltungskraft der Hochtief AG zu klein erscheinen, will der Konzern erstmals die Werbeträgerschaft einer Großstadt für sich in Anspruch nehmen. Hamburg soll die Möglichkeit erhalten, sich als Hochtiefkonzern-Werbeträgerin finanziell vollständig zu sanieren!

Olaf Scholz (oder seinem Nachfolger) fiele als Politiker dabei die Aufgabe zu, den Hamburger Bürgern die werbewirksame Namensänderung ihrer Heimatstadt plausibel zu machen. Statt Freie und Hansestadt HAMBURG stünde dann nämlich auf den Schildern an der Stadtgrenze Freie und Hansestadt HOCHTIEF. Da, so könnte Olaf Scholz beim autofahrenden Bürger sogleich punkten, ändern sich ja noch nicht einmal die Nummernschilder.

7. Juli 2012