REZENSION/003: Harriet Rubin - Machiavelli für Frauen (Ratgeber) (SB)

Harriet Rubin

Machiavelli für Frauen

Strategien und Taktik im Kampf der Geschlechter

Gelesen von Hannelore Elsner

Unter dem Titel "Machiavelli für Frauen" hat die Deutsche Grammophon Literatur ein Hörbuch des umfangreichen amerikanischen Ratgeber-Sachbuchs der Journalistin und Herausgeberin Harriet Rubin veröffentlicht. Die Anlehnung an den Staatsmann und Schriftsteller Machiavelli (15. Jahrhundert) beinhaltet bezüglich der in diesem Buch beabsichtigten Problemlösungshilfen speziell für Frauen in Amerika und Europa hochgegriffene Erwartungen, denn auf seinen diplomatischen Reisen zu fast allen europäischen Herrscherhöfen gewann Machiavelli tiefen Einblick in das Wesen und die Spielregeln der Macht. Das Buch entbehrt hingegen jeglicher Analyse in diesem Fall geschlechtsspezifischer Machtkonstellationen. Machiavelli wird reduziert auf die Aussage, skrupellos alles zu seinen eigenen Gunsten auszunutzen. Der Grundgedanke ist: Frau muß sich nur nehmen, was sie von der Welt will, dann gibt es kein Versagen mehr.

"Mein Buch wendet sich an jede Frau, die glaubt, dass sie mehr verdient als das, was sie bisher mit den traditionellen Methoden des Kompromisses, der Kooperation, der Verhandlungsbereitschaft oder der Fürsorge erhalten hat. Mein Buch handelt davon, wie man Konflikte nutzt." Die Amerikanerin Harriet Rubin fordert ihre Geschlechtsgenossinnen auf, als "Fürstinnen im Sinne Machiavellis" die Spielregeln ihres Handelns selbst zu bestimmen, ihre Stärken und Schwächen einzusetzen, um das zu bekommen, was sie möchten - im Beruf wie in der privaten Beziehung." (Klappentext des Buches)

Es geht dementsprechend kapitellang um die Erläuterung der Strategien zur Durchsetzung der individuellen Ziele von Frauen, die nicht länger von Vorgesetzten, Liebhabern oder Eltern am Erreichen ihrer eigenen Wünsche abgehalten werden wollen ("Ich habe dieses Buch für Sie geschrieben, Fürstin ..."). Allerdings handelt es sich bei genauerem Hinsehen eher um Anpassungsstrategien, die eben diese kritisierte Gesellschaft stärken ("Die Fürstin ist eine Meisterin im Verbinden von Gegensätzen ..."), wobei frau beim Zuhören von Beispielen und Vorbildern nahezu überstrapaziert wird, die in ihrer willkürlich erscheinenden Wahl die Aussage des Textes verwaschen, so daß es Mühe kostet, den inhaltlichen Faden zu halten. Nimmt eine Hörerin die Beschreibungen der Strategien ernst und versucht sie anzuwenden, wird sie dementsprechend Schwierigkeiten haben. Sie muß aus diesem Text die weitschweifigen poetischen Schwärmereien und abgleitenden Inspirationen dann erst einmal streichen, ganz abgesehen davon, daß die Handlungsanweisungen nicht klar formuliert sind. Als Hörbuch ist dieses Thema nicht geeignet, denn es fordert die gute alte Gewohnheit ein, im Buch nachzuschlagen.

Führt man allerdings die Grundaussage dieses Buches logisch weiter - "Nehmen Sie vom Leben, was Sie brauchen" -, empfiehlt es sich nicht, sich seine Prinzipien zu eigen zu machen, denn sie beinhaltet, daß die Frau an ihren Schwierigkeiten ausschließlich selbst schuld ist. Die gesellschaftlich bedingte Diskriminierung der Frau, die sie zum Beispiel in die Arbeitslosigkeit oder in den Objektstatus treibt, ist ein Aspekt, der bei Harriet Rubin gar nicht vorkommt. Ein Ansatz zur Aufhebung der Gewalt gegen Frauen ist grundsätzlicher und kann mit Sicherheit nicht darin bestehen, sich mit Klauen und Zähnen, mit Diplomatie, Selbstsuggestion und positiver Bestärkung noch besser zu bewaffnen als der Beste innerhalb des Systems. Als läge es an der individuellen Ungeschicklichkeit jeder einzelnen, ob sie zum Beispiel arbeitslos ist, von ihrem Ehemann wegen einer attraktiveren Frau sitzengelassen wird oder ob sie geschlagen wird. Von Interessengegensätzen ist hier nicht die Rede, im Gegenteil, es wird geraten, daß frau am besten "in zwei Welten zuhause" sein soll.

Die ständige Ermutigung, daß sie die Kraft schon in sich trägt und ihr nur Ausdruck verleihen muß, entspricht dem Grundton, in dem das Buch geschrieben ist. Sanftmut ist angesagt, das Ego der Zuhörerin oder Leserin stärken und ja nicht verschrecken ... Dem Inhalt entsprechend professionell liest Hannelore Elsner diesen Text. Sie unterstreicht damit jedoch unbeabsichtigter Weise genau die Aussage, die frau letztlich in die Sackgasse führt. Da sich diese Haltung gegenüber der Leserin das ganze Buch hindurch wiederholt, ist die CD trotz des guten Vortrags ermüdend und langweilig zu hören.

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Harriet Rubin schrieb für die "New York Times", das "Wall Street Journal", "Publishers Weekley" und einige Frauenmagazine. 1989 gründete sie ihr eigenes Imprint und betreute als Herausgeberin und Lektorin eine hochangesehene Reihe für Wirtschafts- und Management-Bücher.

Harriet Rubin
Machiavelli für Frauen
Strategien und Taktik im Kampf der Geschlechter
Gelesen von Hannelore Elsner
4 CDs, Gesamtlaufzeit ca. 300 Min.
Deutsche Grammophon Literatur, Hamburg 2004
24,80 Euro
ISBN 3-8291-1395-1

(Buchveröffentlichung 1997 by Harriet Rubin,
aus dem Amerikanischen von Susanne Dahlmann,
Fischer Taschenbuchverlag, Ffm.)