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REZENSION/010: Der Sternenozean, Folge 1 - 6 (PERRY RHODAN-Hörspiele) (SB)


PERRY RHODAN


Der Sternenozean

(6 Hörspiele auf CD)



Der junge Halbarkonide Kantiran und sein treuer Freund, der Tierheiler Mal Detair, haben die Heftromanserie PERRY RHODAN um etliche rasante Abenteuer bereichert. Hätte das Autorengespann nicht von je her darauf geachtet, daß es die seit 45 Jahren Woche für Woche erscheinende Science-Fiction-Serie rund um den unsterblichen Perry Rhodan und seine Mitstreiter regelmäßig mit jugendlichen Haupt- und Nebenfiguren erweitert, wäre sie in Gefahr gelaufen, sich von der jüngeren Leserschaft zu entfernen. Als aber Exposé-Autor Robert Feldhoff vor knapp drei Jahren mit dem Jubiläumsband 2200, "Der Sternenbastard", den gemeinsamen Sohn Perry Rhodans und der Arkonidin Ascari da Vivo in die Handlung einführte, erzeugte das bei den Lesern einen besonders starken und positiven Widerhall, vergleichbar mit dem einstigen Auftritt von Rhodans Sohn Michael unter dem Pseudonym Roi Danton, einem mit Puderquaste und Degen auftretenden Stutzer.

Kantiran ist ein ganz anderer Typ, sicherlich nicht weniger draufgängerisch als sein Halbbruder, aber von Anfang an nachdenklicher und tief geprägt vom Verlust Theremes, seiner ersten großen Liebe. Zudem wuchs er als Außenseiter unter Arkoniden auf, die für den vermeintlich minderwertigen Halbterraner nicht einmal so viel Achtung übrig hatten wie für die als unkultiviert angesehenen Kolonialarkoniden. Dennoch wurde Kantiran von höchster Stelle protegiert - nur kennt er den Grund dafür nicht. Erwartungsgemäß mußte er sich an der Kadettenschule Paragetha gegen seine Kameraden, die für ihn genau dies nicht waren, behaupten. Das verlieh der Figur ebenso Kontur wie ihre einzigartige Fähigkeit, durch die Augen von Tieren schauen oder auch Tiere nach ihren Wünschen lenken zu können.

Aus diesen Gründen war es eine gelungene Entscheidung des Pabel- Moewig Verlags, Kantiran in den Mittelpunkt der neuen Hörspielserie zu stellen und den Stammvater Perry Rhodan ein wenig in den Hintergrund zu rücken. Dessen Abenteuer werden auf zwei der sechs jetzt herausgegebenen CDs geschildert, die übrigen wurden im wesentlichen dem Handlungsstrang um Kantiran gewidmet. Es beginnt mit der CD "Der Sternenbastard", auf der in über 70 Minuten Länge Leben und Ausbildung Kantirans, sein Gewinn und Verlust der großen Liebe, die Entdeckung seiner mutantischen Fähigkeit und der Beginn der Freundschaft mit Mal Detair geschildert wird. Folge 2, "Die Mascantin", handelt von Kantirans Rache an seiner Mutter, die den hochgefährlichen arkonidischen Geheimagenten Shallowain ausgesandt hatte, Thereme zu töten, und deren wunderschönes Gesicht nun von einem marderähnlichen Tier, das Kantiran kraft seiner besonderen Fähigkeit auf sie hetzt, zerfleischt wird.

Über sein eigenes Tun nicht minder entsetzt als über die ruchlose Tat seiner Mutter flieht Kantiran den blutbesudelten Ort und landet mit seinem Freund Mal Detair bei den Terranern. Dort eröffnet er sich seinem Vater, der bis dahin keine Ahnung von der Existenz seines Sohnes hatte, aber ihm selbstverständlich Schutz anbietet. Das Treffen ist indes nur von kurzer Dauer. Höhere Ereignisse bringen Vater und Sohn viel zu schnell wieder auseinander. Die einst von den nahezu allmächtigen Kosmokraten angekündigten fundamentalen physikalischen Veränderungen, durch die der kosmische Widerstand des Universums erhöht wird, beginnen um sich zu greifen und lösen zunächst schwere Raumbeben aus. Als erstes wird der Transmitterverkehr, dann auch der Raumflug extrem eingeschränkt; auf syntronischer Basis arbeitende Geräte erweisen sich als nutzloser Ballast. Im Zusammenhang mit den kosmischen Verwerfungen taucht inmitten des Leerraums ein riesiger Sternenhaufen auf. Lotho Keraete, ein Bote der Superintelligenz ES, fliegt mit Perry Rhodan und Atlan in seinem Raumschiff zu der Ansammlung von Sternen und stürzt auf einem fremden Planeten ab.

Während Keraete im Eis eingeschlossen wird, überstehen Perry und Atlan die Havarie weitgehend unversehrt und brechen rasch auf, da sie umgehend wärmere Gefilde erreichen wollen. Dort werden sie jedoch gefangengenommen und ebenso versklavt wie die menschenähnlichen Bewohner dieser Welt, die sich Motana nennen und vorzugsweise in den ausgedehnten Wäldern leben. Alle Sklaven erhalten Ringe um den Hals, in denen eine Giftspritze eingebaut ist, die aktiviert wird, sollte ein Träger zu fliehen versuchen. Seite an Seite mit den niedergeschlagenen und ausgezehrten Motana müssen Perry und Atlan in einem lebensgefährlichen Bergwerk arbeiten (Folge 6: "Blut der Veronis"). Davon lassen sich die beiden langjährigen Weggefährten aber nicht unterkriegen und entrinnen dem ihnen zugedachten Los.

Die Mascantin hat Kantirans Attentatsversuch knapp überlebt und hetzt nun Shallowain hinter ihm und seinem Freund her. Trotz des Hyperschocks und der schweren Weltraumbeben (Folge 3 und 5), die jeden Raumflug zu einem Vabanquespiel machen, findet der Bluthund die beiden Flüchtenden. Es kommt zu einem erbittert geführten Zweikampf, der damit endet, daß Kantiran seinem früheren Lehrer Shallowain ... Nun, das zu erzählen und vieles mehr, das sich zwischen Terra, Arkon und dem Sternenozean ereignet, soll hier nicht der Platz sein. Den Perry-Rhodan-Lesern und allen Neulingen im "Perryversum", die sich nach dem Genuß der sechs Hörspiele nur schwer der Begeisterung für die Serie werden entziehen können, wird gut sechs Stunden lang abwechslungsreiche Unterhaltung geboten.

Es ist den Produzenten der PERRY RHODAN-Hörspiele gelungen, sich weitgehend an die Romanvorlagen zu halten und dennoch nicht den Eindruck einer bloßen Übertragung auf ein anderes Medium zu erwecken. Die Hörspiele sprechen für sich. Sie erfordern von den Zuhörerinnen und Zuhörern kein PERRY RHODAN-spezifisches Vorwissen und vermitteln auf der anderen Seite der langjährigen Leserschaft auch nicht den Eindruck, hier seien für das Gesamtverständnis unverzichtbare Inhalte gestrichen worden.

Bei der Auswahl der Synchronstimmen haben die Produzenten ein geschicktes Händchen, beziehungsweise ein gewieftes Ohr gezeigt. Die Stimme Volker Lechtenbrinks paßt zu dem unsterblichen Perry Rhodan, der biologisch 39 Jahre alt ist, aber über eine Lebenserfahrung von mehr als tausend Jahren verfügt. Christian Stark versteht es, Kantirans manchmal aufbrausendes Temperament, sein spontanes Vorpreschen, aber auch seine Verzweiflung zum Ausdruck zu bringen, und Daniela Hoffmann verleiht Ascari da Vivo genau jene grenzenlose Arroganz, die einer arkonidischen Admiralin und engen Vertrauten Imperator Bostich I. gut zu Gesicht steht.

Erzähler ist Joachim Höppner, der seine würdevolle Stimme bereits dem Zauberer Gandalf in dem Kinofilm "Herr der Ringe" verliehen hat, und der geniale Wissenschaftler Myles Kantor wird von Klaus-Peter Grap gesprochen - Science-fiction-Fans dürfte er aus der Serie "Stargate" bekannt sein, in der er die Synchronstimme des Archäologen Dr. Daniel Jackson übernommen hat. Unverkennbar auch Regina Lemnitz, die unter anderem Whoopie Goldberg synchronisiert hat und jetzt passenderweise ihre Stimme Pearl TenWafer gibt, der epsalesischen Kommandantin des Schlachtschiffs LEIF ERIKSSON, die genauso breit wie groß ist.

Aber was nützte eine vielschichtige Handlung, eine abwechslungsreiche Dramaturgie und die treffendste Sprechstimme ohne die entsprechende musikalische Begleitung? Mit dem Berliner Filmorchester unter Leitung von Christian Hagitte haben die Produzenten eine ausgezeichnete Wahl getroffen. Die exklusiv für die Hörspiele komponierte und live eingespielte Musik unterstützt das gesamte Geschehen, sie versucht jedoch nicht, an seine Stelle zu treten. Instrumentierung, Rhythmus und Geschwindigkeit der musikalischen Begleitung sind schlicht und ergreifend stimmig. Neben häufig wiederkehrenden, sehr klangmächtigen Motiven, die an große Kinofilme erinnern, sorgen auf den sechs CDs die verschiedenen Solisten für erfrischende Varianz. Sie spielen sich nicht in den Vordergrund, aber sind doch genügend erkennbar, um der jeweiligen musikalischen Begleitung einen eigenen Charakter zu verleihen. Die computergenerierten, elektronischen Einspielungen durch das STIL-Team fügen sich ebenfalls geschmeidig in das Gesamtwerk ein und sorgen für einen rundum spannenden Hörgenuß.

Bleibt zum Schluß noch anzumerken, was der Hörerschaft und PERRY RHODAN-Fangemeinde überhaupt nicht gefallen wird und mit schärfstem Protest quittiert werden dürfte: Sechs Folgen sind entschieden zu wenig ...

Datum: 27.10.2006


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Folge 1: Der Sternenbastard (ISBN 978-3-7857-3163-5)
Folge 2: Die Mascantin (ISBN 978-3-7857-3164-2)
Folge 3: Der Hyperschock (ISBN 978-3-7857-3165-9)
Folge 4: Planet der Mythen (ISBN 978-3-7857-3166-6)
Folge 5: Havarie auf Hayok (ISBN 978-3-7857-3167-3)
Folge 6: Das Blut der Veronis (ISBN 978-3-7857-3168-0)


Lübbe Audio, Verlagsgruppe Lübbe GmbH & Co. KG,
Bergisch Gladbach 2006