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REZENSION/018: Hellboy - Saat der Zerstörung, Teil 1 und 2 (SB)


Erster Einblick in die brandneuen "Hellboy" Hörspiele
aus dem Hause Lausch




Mit dem Herbst ziehen auch dieses Jahr wieder einmal lange, dunkle Abende und verregnete Tage für uns auf. Wir flüchten vor Kälte, Nässe und Finsternis ins Kino oder in unser warmes Zuhause, wo man sich am liebsten für ein paar Stunden komplett vor den unangenehmen Zuständen dort draußen abschotten möchte. In diesem Jahr bekommen wir dafür glücklicherweise eine hervorragende Unterhaltungskombination geliefert, die uns zeitweise in andere Welten entführt, wo sich der beste paranormale Ermittler der Welt und heißeste Export aus der Hölle an gruseligen Orten mit abscheulichen Monstern aller Arten herumschlägt. Gemeint ist natürlich "Hellboy", der zwei Meter große Draufgänger mit der roten Haut und dem ausgeprägten rechten Arm an dessen Ende seine steinerne Faust alles zermalmt, was sich ihm in den Weg stellt.

Zuletzt konnten wir ihn vor etwa vier Jahren auf der Leinwand im ersten Hellboy Film dabei beobachten, wie er auf die Welt kam und später im Kampf mit seinem Beschwörer, dem Magier Rasputin, eine Schneise der Zerstörung durch seine Umgebung schlug. Nach diesem feurigen Auftakt wurde es aber leider still um den roten Wüterich, und wer sich nicht mit der Comicserie über den Höllenjungen trösten konnte, mußte bis heute auf eine Fortsetzung seiner Geschichte warten.

Dafür werden alle Fans der phantastischen Erzählung nun doppelt belohnt, denn kurz vor dem Kinostart von "Hellboy - Die goldene Armee" werden am 10. Oktober die ersten vier Teile der Hellboy-Hörspielserie aus dem Hause Lausch veröffentlicht. Perfekt geeignet, um sich an einem düsteren Abend auf das warme Sofa zu verkriechen und sich mit den Originalstimmen aus der deutschen Fassung des Kinofilms auf den Ohren im Kopf sein eigenes Bild von Hellboy und seinen Abenteuern zu erschaffen. Dabei kommt man ohne große Mühe in den Genuß einer Art von Unterhaltung, die ganz auf visuelle Reize verzichtet und gerade deshalb die Gedanken vollständig in eine andere Welt entrückt.

Gleich zu Beginn des Hörspiels "Saat der Zerstörung" fällt auf, daß die ganze Geschichte durchaus anders erzählt wird als im Film und dem Hörer etliche zusätzliche Informationen zu den Charakteren und ihrer Geschichte liefert. Dies wurde von den Machern der Serie auch beabsichtigt, da die akustische Version der Story sich im Wesentlichen direkt an den Hellboy Comics von Mike Mignola orientiert. Aus meiner Sicht eine sehr gute Entscheidung, denn auf diese Weise wird man gleich dazu gebracht, frische Neugier auf die Erlebnisse von Hellboy und seinem Team zu entwickeln. Wäre das Hörspiel nur eine verkappte Wiederholung des Films, hätte ich es wohl gleich am Anfang ausgeschaltet, denn an den Hergang der Ereignisse auf der Leinwand kann man sich auch ohnedies noch gut genug erinnern.

Der Einstieg in die Welt des roten Helden wird dem Zuhörer auf nahezu klassische Weise durch das knisternde Geräusch einer genüßlich gerauchten Zigarre und die tiefe, raumfüllende Stimme des Sprechers Tilo Schmitz geebnet. Der atmosphärisch gelungene Anfang weckt recht geschickt die Erwartung auf eine gute Geschichte. Im Folgenden wird man anhand von Tonbandaufzeichnungen und alten Nachrichtenausschnitten in der Zeit bis zum Ende des zweiten Weltkrieges zurückversetzt, wo die Nazis versuchen, ihr Reich durch die Beschwörung höllischer Kräfte zu stabilisieren, und dabei unwissentlich eine Kreatur aus dem Jenseits herüber holen. Dabei werden die Vorgänge in diesem Zeitabschnitt chronologisch nachvollziehbarer dargelegt als im Film und gewinnen durch die Zugabe einiger neuer Informationen für den Hörer an Realismus. Leider bleibt dabei die eingangs aufgebaute Spannung immer mehr auf der Strecke und die nun agierenden Sprecher vermögen nicht, den Hergang des Rituals und seine monumentale Bedeutung mit Leben zu füllen. Auch der Versuch, mit Regengeräuschen im Hintergrund ein drückendes oder bedrohliches Ambiente zu schaffen, scheitert daran, daß diese als ständige Untermalung irgendwie monoton und aufgesetzt wirken. Auch die Musik erschlägt einen als Zuhörer vielmehr, als daß sie irgendeine Stimmung erzeugt. Zu laut und bombastisch kommt sie zudem ohne jeden innovativen Zug mit den Standard-Chorgesängen und eintönigem, stampfenden Rhythmus daher, wie man ihn bereits aus diversen prophetischen Filmszenen zur Genüge kennt. Diese wenig erfreulichen, für das Gehör unangenehmen Musiksequenzen wiederholen sich im Verlauf des Hörspiels einige Male, besonders in den Übergängen zwischen den Zeiten, bei Rückblenden oder im Finale. Glücklicherweise dominieren sie das Werk nicht allzu sehr und man kann sie daher vernachlässigen. Jeder, der häufiger Hörspiele- oder Bücher konsumiert, kennt das Problem mit der schlechten Musik. Es ist kein Einzelfall und ging daher auch nur begrenzt in meine Bewertung dieser Aufnahmen ein. Bedauerlich ist nur, daß es versäumt wurde, den relativ unverbrauchten Hauptcharakteren sowie den vielen unterschiedlichen Situationen und Orten durch ein frisches, innovatives musikalisches Konzept zusätzlichen Entfaltungsraum zu schaffen.

Besonders gelungen sind hingegen die Teile der Geschichte, in denen Hellboy seinen Auftritt hat, denn der Sprecher schildert alle Situationen, in die er gerät, überaus plastisch dabei aber in gewählt wortkarger Ausdrucksweise mit seinem üblichen trockenen Humor und jeder Menge derber Sprüche. Spielend wird durch ihn der Hauptstrang der Erzählung getragen, in dem er in seiner Eigenschaft als Ermittler der "Behörde zur Untersuchung und Abwehr paranormaler Erscheinungen", kurz B.U.A.P., versucht den Gründen auf die Spur zu kommen, aus denen sein Ziehvater Professor Broom kurz nach seiner Rückkehr von einer mysteriösen Expedition grausam ermordet wird.

Ebenso angetrieben von Rachegelüsten gegen die ekelhaften, giftigen und extrem starken Froschmonster, die Broom auf dem Gewissen haben, reist Hellboy gemeinsam mit seinem Team nach Cavendish Hall. Auf diesem gespenstischen Anwesen nahm zwei Jahre zuvor jene Expedition in die Arktis ihren Anfang, von welcher der Professor zwar lebend heimkehrte, aber an die er sich nur bruchstückhaft erinnern konnte.

Zusammen mit der Pyrokinetin Liz Sherman und dem Tiefseewesen Abe Sepien trifft Hellboy auf die letzte Vertreterin des Cavendish Clans, dessen männliche Angehörige allesamt seit Jahrhunderten auf der Suche nach einem großen Geheimnis ins ewige Eis aufbrechen und dann zu Tode kommen. Was der rote Held und seine Freunde nicht wissen, ist daß sie mit ihrer Ankunft auf dem alten Familiensitz direkt in eine Falle des Erzschurken und Magiers Rasputin tappen, der nur danach strebt, Hellboy seiner vermeintlichen "wahren Bestimmung" zuzuführen. Kurz darauf bricht in dem nächtlichen Gruselkabinett das Chaos aus und jedes der drei Teammitglieder wird in seinen eigenen Kampf verwickelt. Dieser Teil des Hörspiels findet in der Gegenwart statt und ist gekennzeichnet von den Aktionen und sarkastischen Bemerkungen Hellboys. Dabei hat mich das Hörspiel vom Konzept her sehr an die "Macabros" Serie erinnert, deren Titelheld Björn Hellmark nach genau dem gleichen Schema agiert und sich hauptsächlich mit Schlagkraft, kleinen Tricks und todesverachtendem Humor gegen seine übermächtigen Gegner durchsetzt.

Als erklärter Fan solcher klassischen Vorlagen kann ich diesem simplen Strickmuster durchaus einiges abgewinnen und finde es nicht schlecht, daß sich die Hellboy Vertonung an diesem bereits bewährten Entwurf orientiert. Dennoch hätte ich mir an den meisten Punkten wesentlich bessere Dialoge mit mehr Witz im Sinne von Situationskomik gewünscht. Leider fällt es nach einer gewissen Zeit doch sehr auf, daß sich bestimmte Sprüche und Kommentare beinahe wortwörtlich wiederholen. Natürlich liegt dies auch daran, daß Hellboy immer wieder mit derselben Sorte von Monster konfrontiert ist, das zudem nicht einmal sprechen kann. Es bleibt also zu hoffen, daß die kommenden Hörspieladaptionen mit mehr Vielfalt in der Auswahl gegnerischer Kreaturen aufwarten und zudem die Texte der Sprecher bei allem Humor auch um Einiges vielschichtiger gestaltet sind. Erfahrungsgemäß können sich diese Bestandteile gerade bei Serien noch überraschend positiv entwickeln, daher sollte man beim Anhören der ersten Teile auch nicht gleich das Kind mit dem Bade ausschütten (man denke nur an Science Fiction Reihen wie "Jan Tenner", die am Anfang extrem hölzern und überschaubar daherkamen, sich aber später zu wirklich spannenden Hörerlebnissen gemausert haben).

Ich bin nicht immer extrem anspruchsvoll, was Geschichten zum Hören angeht. Ein paar gelungene Geräuschkulissen und eine halbwegs interessante Story reichen mir oft schon zur Unterhaltung aber flüssige Dialoge und überwiegend vollständige Sätze mit einem absehbaren Ziel sollten schon die Basis bilden. Gerade die Rückblenden oder historischen Abschnitte in diesem Hörspiel erfüllen dieses Kriterium oft nicht ganz. Während die Hauptcharaktere in der Gegenwart durchaus im Fluß sprechen, sind die halbvisionären Einlagen älterer Leute wie Professor Broom oder Lady Cynthia so stakkatohaft verschwommen, daß es schwer fällt, ihren Worten einen Sinn abzugewinnen. Es mag als Stilmittel gedacht sein, sollte aber gerade als solches eben nur punktuell und nicht über längere Strecken eingesetzt werden. Als Zuhörer verliert man sonst schnell die Lust, auf diesem Wege Informationen aufzunehmen.

Es bleibt ohnehin gewiss mein Hauptkritikpunkt an diesem Hörspiel, daß starke, ausdrucksvolle Sequenzen so oft von allzu langen und ausdrucksschwachen Bestandteilen abgelöst werden. Es wäre einfach wünschenswert, die Geschichten aus der Vergangenheit mit mehr Geschmack und Witz serviert zu bekommen, denn sie machen die Hörversion der Hellboy Comics ja gerade zu etwas Besonderem, worauf ich persönlich als Konsument eigentlich gespannt bin. Auch das Finale von "Saat der Zerstörung" wird leider durch ewig lange Monologe des Magiers Rasputin streckenweise auf ein einschläferndes Tempo gedrosselt.

Ein ebenfalls klassisches Mittel, innerhalb eines Hörspiels Hintergrundwissen zu vermitteln oder Übergänge zu Rückblenden zu schaffen, stellen die häufig verwendeten "Tonbandaufnahmen" aus dem Archiv der B.U.A.P dar. Indem zwischendurch in die Perspektive der Behörde gewechselt wird, bekommen die Unternehmungen von Hellboy und seiner Truppe einen offiziellen Anstrich und werden in den übergeordneten Zusammenhang der Kontrolle über paranormale Erscheinungen gestellt. Man kennt diese Methode aus anderen bekannten Beispielen wie der "Sinclair" Serie, in welcher der Dämonenjäger ebenfalls einer Art Behörde untersteht, die ihn mit Mitteln für seine Unternehmungen versorgt und ihm gegebenenfalls Informationen zukommen läßt. In diesem Teil der "Hellboy" Hörspiele tritt die Behörde im Gegensatz zum Film stark in den Hintergrund, wodurch sich mehr Freiraum zur Beschreibung von Expeditionen und Abenteuern ergibt. Allerdings wird eben dieser Spielraum relativ oft und vor allem in ungünstigen Momenten zu Gunsten irgendeiner informationslastigen Geschichtslektion unterbrochen, von denen einige meiner Meinung nach vielleicht sogar überflüssig sind. Auf keinen Fall sollte auf Archivaufnahmen und wissenschaftliches Flair verzichtet werden, doch wie man es schon aus anderen Serien kennt wäre es zweckmäßig, diese seltener und dafür kompakter einzustreuen. Nach Möglichkeit müßten die Informationen auch so gewählt sein, daß sie sich leichter in die laufende Haupthandlung einordnen lassen statt diese durch Nebengedanken zu stören.

All diesen kleinen Schwächen zum Trotz bietet die Hellboy Hörspielserie doch ein solides Maß an Unterhaltung, die gemessen an den Filmen ein paar Schichten mehr zu bieten hat, was den Konflikt zwischen Hellboy und seinen Gegnern, aber auch die Auseinandersetzung mit seiner Bestimmung betrifft. Außerdem gibt sie dem geneigten Zuhörer offenbar Gelegenheit, die Geschichte hinter den Kulissen optischer Reize kennen zu lernen sowie eine alternative Perspektive auf jene Ereignisse zu bekommen, die auf der Leinwand nur angedeutet werden können. Niemand, der sich ein wenig mehr für die Hellboy Erzählung interessiert, sollte darauf verzichten, der Serie eine Chance zu geben. Sie hat durchaus das Potential, für sich zu stehen und einen nach einem langen Tag oder ganz nebenbei auf eine phantastische Reise im eigenen Gehirn zu schicken. Die Spieldauer eines Teils beträgt jeweils eine Stunde und mit einem Kostenaufwand von durchschnittlich 9.90 Euro sind die Hörspiele auch erschwinglich. Voraussichtlich werden den ersten vier Teilen, die in diesem Monat veröffentlicht werden noch weitere zwölf folgen, so daß für genügend Hörstoff in der kalten Jahreszeit gesorgt sein dürfte.

Infos zum Film: www.hellboymovie.com

8. Oktober 2008


Lausch - Phantastische Hörspiele
Hellboy 1: Saat der Zerstörung 1
Hellboy 2: Saat der Zerstörung 2
www.merlausch.de
Artikelnummer/Bestellnummern:
Hellboy 1: ISBN 978-3-939600-47-3
Hellboy 2: ISBN 978-3-939600-48-0