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REZENSION/091: PERRY RHODAN Silberband 93 - Abschied von Terra (SB)


PERRY RHODAN


Abschied von Terra



Im Jahre 3582 des Perryversums ist das Schicksal der Erde ebenso wie das der Menschheit ungewiß. Mal wieder, möchte man ergänzen, doch sind die Gefahren verglichen mit den zurückliegenden sprichwörtlich kosmisch. Die weitgehend entvölkerte Erde ist mitsamt dem Mond, der Sonne Medaillon und dem Planeten Goshmos Castle durch den Schlund gestürzt und treibt in einer unbekannten Region des Universums. Nur eine Handvoll Terraner, unter ihnen der Maskenträger Alaska Saedelaere, sowie der schrullige Roboter Ka-Zwo Augustus und der Extraterrestrier Douc Langur, haben sich zur TERRA-PATROUILLE zusammengerauft und das Ziel gesetzt, die Position der Erde und den Verbleib ihrer Bewohner herauszufinden. Zunächst einmal müssen sie ohnmächtig mit ansehen, wie eine fremde, geistige Macht ihren Einfluß auf Terra ausdehnt und beginnt, sich die Welt untertan zu machen. Darüber hinaus führt Douc Langur, der ständig darüber nachsinnt, ob er ein künstlich geschaffenes oder ein natürlich entstandenes Wesen ist, einen tödlichen Kampf mit einem s-Tarvior aus, der in ihm ein Sicherheitsrisiko für die Superintelligenz Kaiserin von Therm sieht, da er in die Hände des Feindes geraten und Geheimnisse verraten könne.

Als jene feindliche Macht namens CLERMAC, bei der er sich um eine von drei Inkarnationen BARDIOCS handelt, mit Hilfe einer Kleinen Majestät seine mentalen Fäden über die gesamte Erde auswirft, fliegen die Freunde an Bord von Douc Langurs HÜPFER den Planeten Goshmos Castle an, der von den fledermausköpfigen, schuppenbewehrten und fliegenden Murcierern bewohnt wird, und finden heraus, daß die mentale Beeinflussung nicht bis dorthin reicht.

Der Maskenträger Alaska Saedelaere wird von CLERMAC empfangen und geistig unterworfen, so daß er unfreiwillig alles verrät, was er über die Erde und die TERRA-PATROUILLE weiß. Gleichzeitig erfährt er von der großen Auseinandersetzung zwischen BARDIOC und der Kaiserin von Therm sowie darüber, daß die Erdbevölkerung nicht entführt wurde, wie er bislang angenommen hatte, sondern daß sich eine weitere kosmische Macht ihrer angenommen hat. Saedelaere gelingt es, mit Hilfe seines normalerweise durch eine Maske vor dem Anblick geschützten, wahnsinnig machenden Cappin- Fragments und dank maßgeblicher Unterstützung Douc Langurs zu fliehen.

Die TERRA-PATROUILLE muß jedoch die Erde verlassen und fliegt mit der HÜPFER und dem Kugelraumer BALDWIN TWINGER eine orangefarbene Sonne an, die Kanthalls Stern genannt wird. Dort gibt es einen erdähnlichen Planeten, der dem kleinen Häuflein Exilanten als Zufluchtsort dienen soll. Der dieser Welt verliehene Name, Intermezzo, drückt treffend die Hoffnung der Menschen aus, eines Tages die Erde wiederzufinden.

In einem zweiten Handlungsstrang bemüht sich der in die Jahre gekommene Verkünder der Hetosonen, Hotrenor-Taak, vom Volk der Laren die bröckelnde Herrschaft des Konzils der Sieben über die Milchstraße mit Hilfe des Kollaborateurs und Überschweren Maylpancer zu konsolidieren. Dazu heckt er den teuflischen Plan aus, die gesamte Galaxis mit hyperdimensionalen Impulsen, einem Gen-Kode-Destruktionsfeld, zu bestreichen, was jeden Zellaktivator zur Explosion bringen würde. Sollten die Aktivatorträger Perry Rhodan und Atlan versuchen, in ihre Heimat zurückzukehren, würden sie sterben.

Ein Teil der Menschheit lebt mit den beiden Aktivatorträgern Julian Tifflor und Ronald Tekener in der Provcon-Faust, wo Perry und Atlan vor einiger Zeit das Neue Einsteinische Imperium (NEI) gegründet hatten. Bei der Provcon-Faust handelt es sich um eine Dunkelwolke, in die kein normaler Raumfahrer einfliegen kann. Deshalb verrichten die Vincraner, die über die außergewöhnliche Gabe verfügen, hyperphysikalische Vorgänge zu erahnen, sämtliche Lotsendienste.

Als die Laren die hyperfrequente Strahlung in der Milchstraße verbreiten, explodieren fünf Aktivatoren, doch Julian Tifflor überlebt, weil er zunächst von dem freundlichen Geistwesen Harno vor einer Falle gewarnt worden war und anschließend durch die Staubmassen der Provcon-Faust gegen die tödliche Mitosestrahlung der Laren-SVE-Raumer geschützt ist. Tekener war von ihm rechtzeitig zur Hundertsonnenwelt außerhalb der Milchstraße gelotst worden und ist ebenfalls gerettet. Die auf dem Planeten Gäa in der Provcon-Faust geborene Jennifer Thyron erhält von ihrem Freund Ronald Tekener einen Zellaktivator umgehängt und ist nun ebenfalls unsterblich.

Durch die vielen Handlungsstränge bestand Mitte bis Ende der siebziger Jahre die Gefahr, daß der Perry-Rhodan-Treck zu den Sternen die Bodenhaftung verlor und auseinanderriß. Dennoch dürfte sich die Redaktion bei der Auswahl der Heftromane für diesen letzten Silberband aus dem "Aphilie"-Zyklus (Nr. 700 - 799) zu einigen nicht leicht gefallenen Entscheidungen durchgerungen haben. Die abschließenden Geschehnisse rund um das MODUL fielen weitgehend dem Rotstift zum Opfer, und auch manch spannende Nebenschauplätze blieben unberücksichtigt. Der Vorteil solch radikalen Schnitts liegt auf der Hand: Der Silberband 93 bleibt dem Konzept der engen Handlungsführung treu.

In dieser Buchreihe sollen die Leserinnen und Leser nicht jeden einzelnen Handlungsbogen nachvollziehen, sondern eine eigenständige Romanfolge erhalten, die sich zwar der Heftserie bedient, aber doch ein anderes Format erfüllt und deshalb auf Eigenständigkeit bedacht sein muß. Folglich erlaubt die getroffene Auswahl keine Aussage über die Qualität der herausgestrichenen oder der berücksichtigten Romane, sondern lediglich darüber, ob sie für den Plot von Bedeutung sind.

Vor diesem Hintergrund muß sich die Reihe einer kritischen Prüfung stellen. Besitzen die Silberbände im Schatten der Erstauflage tatsächlich Eigenständigkeit, obgleich sie ewige Verfolger bleiben? Erfüllen sie, die mehr sein sollen als ein bloßes Zweitverwertungsprodukt in glänzender Verpackung, diesen Anspruch? Die Antwort lautet: Ja. Wer sich ausschließlich an die Silberbände hält, erleidet keinen Mangel; er muß nicht zur Ergänzung seines Wissensstands auf die Heftromane zurückgreifen, das heißt, die Handlung der Silberbände ist in sich kongruent. Unabhängig davon dürften sich die meisten Leser, die "Abschied von Terra" oder einige der 92 Vorläuferbände gelesen haben, sowieso für die Originalserie interessieren und einen Einstieg anstreben.

Als die Romane des "Aphilie"-Zyklus geschrieben wurden, besaßen die Autoren (und die Autorin Marianne Sydow) anscheinend noch mehr Entfaltungsraum für eigene Ideen. Da wurden schon recht schrullige Typen aus der Taufe gehoben und mitunter merkwürdige Textpassagen entworfen, die, wären sie in der heutigen Zeit für die aktuelle Erstauflage verfaßt worden, wie avantgardistische Versuche in Science-fiction angemutet hätten. Entweder hält der jetzige Exposé-Redakteur Robert Feldhoff die Zügel straffer in der Hand oder aber die Autoren verspüren von sich aus weniger Neigungen, die Handlung entufern zu lassen.

Aus diesem Grund bietet "Abschied von Terra" nicht nur gelungene Unterhaltung, sondern ermöglicht trotz der beabsichtigten Straffung der Handlung einen Blick auf eine Zeit, in der die Science-fiction generell von größerer Experimentierfreudigkeit geprägt war. Für die Perry-Rhodan- Redaktion war das allerdings auch nicht immer einfach, besaß sie doch die Aufgabe, die Kontinuität einer Heftserie über einen langen Zeitraum aufrechtzuerhalten - inzwischen sind es 45 Jahre mit 2330 Heften.


Perry Rhodan - Abschied von Terra
Silberband 93
Pabel-Moewig Verlag, Rastatt 2006
ISBN 10: 3-8118-4071-1
ISBN 13: 978-3-8118-4071-3