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REZENSION/006: Helmut Höfling - Ufos, Urwelt, Ungeheuer (Ufologie) (SB)


Helmut Höfling


UFOS, URWELT, UNGEHEUER

Die großen Geheimnisse unserer Welt



"In diesem Sachbuch werden wissenschaftliche Erklärungen laienhaften Meinungen, pseudowissenschaftlichen Vermutungen und blindem Glauben gegenübergestellt" - so wird es auf der Rückseite des vorliegenden Buchs behauptet. Auch wenn Klappentexte in der Regel nicht vom Autor geschrieben werden, trifft dieses Zitat voll daneben. In diesem gut 400 Seiten umfassenden Werk werden Themen wie Ufos, vorzeitliche Astronauten, das Bermuda-Dreieck, das versunkene Atlantis, der nepalesische Yeti-Mensch, der Fluch des Pharao, das Ungeheuer von Loch Ness und die Legenden von Riesenkraken abgehandelt, wobei etwa achtzig bis neunzig Prozent des Buches ausschließlich aus Zitaten von anderen Autoren bestehen; im ersten, 150 Seiten umfassenden Kapitel zum Thema Ufos liegt der Wert sogar noch darüber.

Seitenlang werden Ufo-Sichtungen aus dem Blue Book der U.S. Air Force wiederholt und bestenfalls durch minimale Zwischensätze ergänzt. Ein zusammenhängendes Bild vermag der Autor dadurch nicht zu entwerfen, auch wenn der Einband verspricht: "Eine Fülle authentischen Materials macht es dem Leser leicht, sich selbst ein Urteil über ihm bisher Unerklärliches zu bilden." Das muß man als einen etwas krampfhaften Versuch werten, die völlige Meinungslosigkeit des Autors auch noch als vorteilhaft für die Leserschaft verkaufen zu wollen.

Doch wenn man Berichte über Ufo-Begegnungen lesen will, dann ist man besser beraten, sich an Originalliteratur zu halten. Selbst wenn Höfling seitenlang über die eine oder andere Ufo- Sichtung palavert, bleibt das ganze bloßes Stückwerk. Als ein Beispiel für die Meinungslosigkeit des Autors mag die unreflektierte Wiedergabe der offiziellen Stellungnahme zum Thema Ufos dienen, die er vom amerikanischen Blue Book und dem Condon- Bericht übernommen hat. Im Blue Book wurden von der US-Luftwaffe zwischen 1949 und 1969 alle Ufo-Meldungen der USA gesammelt und - zumindest nach offizieller Ansicht - analysiert. Der Condon- Bericht wurde ebenfalls von offiziellen Stellen angeregt und hatte auch, wie sollte es anders kommen, deren Meinung zum Ergebnis. Ufos wurden regelrecht wegerklärt, so daß am Ende nur noch zwei Prozent von gut 13.000 Fällen als ungeklärt übrigblieben.

Bei Höfling kommen erst nach 140 bis 150 Seiten die ersten Bewertungen der zuvor gesammelten Zitate zu Ufo-Sichtungen. Die entsprechende Kapitelüberschrift "Aberglaube über Aberglaube - und noch kein Ende" macht dann auch recht schnell deutlich, wessen Kind er ist. Er pickt sich einige extreme Fälle heraus, um damit die gesamte Ufologie ins schlechte Bild zu rücken. George Adamski ist so ein typischer Fall, über den sich alle selbsternannten Kritiker hermachen, bietet er doch eine breite Angriffsfläche und ist für manche Anekdote zu haben. Daß Adamski schon vor seinen angeblichen Kontakten zu Venusiern eine Heilsbotschaft verkündet hat, die sich mit derjenigen deckt, die ihm später von den angeblichen Außerirdischen überbracht wurde, ist mittlerweile hinlänglich bekannt. Auch daß er eine Küchenlampe als Ufo ausgab und fotografierte, gehört zu dem Repertoire, das den Ufologen immer gerne entgegengehalten wird. Aber Adamski ist mit Sicherheit kein typisches Beispiel für einen Ufologen, und außerdem liegt diese Geschichte schon mehr als dreißig Jahre zurück.

Und wenn die "Bild"-Zeitung dem Astronauten Gordon Cooper die Aussage unterstellt, er sei regelmäßig Außerirdischen begegnet, und sich dies als blanker Unsinn herausstellt, dann sollte man seine Kritik besser beim Journalismus ansetzen, damit nicht die unzähligen Betroffenen oder diejenigen, die sich mit dem Thema ernsthaft befassen, dafür herhalten müssen, was im weiteren Sinne Kollegen Höflings sich ausgedacht haben. Hier wie dort wird das Thema Ufos gerne aufgegriffen, weil unter Schreiberlingen offenbar die Ansicht vorherrscht, daß man dabei nicht so genau recherchieren muß und sich mühelos ein Artikel oder eben, wie hier vorliegend, ein Buch herstellen läßt. Wenn schon die "Bild"- Zeitung herangezogen wird, um die gesamte Ufologie ins schlechte Licht zu rücken, dann könnte man fast zu dem Eindruck gelangen, daß es zur Ufologie keine wirklich fundierte Kritik zu leisten gäbe. Boulevardblätter wie das oben genannte brauchen wirklich nicht den Beweis für Wissenschaftlichkeit antreten, das ist gar nicht ihr Anspruch. Wer das ernsthaft von ihnen erwartet, dem ist wohl jeglicher Maßstab für ernsthafte Forschung abhanden gekommen.

Die angebliche Pseudowissenschaftlichkeit, die von Höfling angegriffen wird, ist ein Produkt des Journalismus, der sich auf Kosten einer ernsthaften Ufo-Forschung zu bereichern versucht. Wie sonst sollte Höflings reißerischer Titel "UFOS, URWELT, UNGEHEUER" zu erklären sein, wenn nicht dadurch, daß hier die Absicht vorherrscht, genau das zu tun, was er anderen vorwirft: Mit reißerischen Aufmachern auf Kundenfang zu gehen.

Den von Höfling beanspruchten Gegensatz von Wissenschaft und Pseudowissenschaft sucht der Leser vergeblich. Es wird an keiner Stelle ersichtlich, worin sich die beiden unterscheiden. Den größten Teil des Buches nehmen Zitate des Autors Erich von Däniken ein, denen Höfling weitere Zitate aus dem Buch Ernst von Khuons "Waren die Götter Astronauten?" gegenüberstellt. Hier wiederholt Höfling sage und schreibe ein Vierteljahrhundert nach Erscheinen der Bücher noch einmal in Detailfragen die damalige Auseinandersetzung zwischen verschiedenen Sichtweisen. Zugegeben, das kann man als Gegenüberstellung bezeichnen, aber wer hat darauf heute wirklich gewartet? Der Konflikt ist mittlerweile uralt und abgegriffen, selbst von Däniken hat seine damalige Einschätzung in manchen Bereichen korrigiert.

Daß Höfling das Thema heute noch einmal aufgreift, kann nur bedeuten, daß er entweder über nicht genügend aktuelleren Stoff verfügt, um seine sogenannte Kritik anzubringen, oder aber, was wahrscheinlicher ist, daß ihm noch keine vorgefertigte Kritik bekannt ist, die er dann umfangreich zitieren könnte, um durch bloße Menge mangelnde Meinung auszugleichen.

Den Kontakt mit Außerirdischen auf "sehr unwahrscheinlich" zu reduzieren (S. 281) ist kein stichhaltiges Argument; und auch die übliche Hochrechnung von potentiell bewohnbaren Welten in der Milchstraße, bei der alle möglichen Bedingungen für die - rein menschliche - Vorstellung von Leben herangezogen werden, nur um den Wert am Ende möglichst gering zu halten und zu der gewünschten Aussage zu gelangen, vermag den beanspruchten Unterschied zwischen Wissenschaft und Aberglauben nicht zu verdeutlichen. Da wird mit kosmischen Größen operiert, dabei hat man nicht mal einen einzigen Planeten außerhalb unseres Sonnensystems zweifelsfrei nachgewiesen! Man gewinnt als Leser eher den Eindruck, daß hier die Wissenschaft krampfhaft um Erklärungsansätze ringt, um sich und ihre gesellschaftliche Relevanz unter Beweis zu stellen, ein Bemühen, das auf ganzer Linie gescheitert ist.

Wenn es Wissenschaft ist, daß man Ufo-Vertreter als "Versager in der Schule der Vernunft" (S. 395) diffamiert und sich selbstherrlich darüberstellt, dann kann man gerne auf Wissenschaft verzichten. Augenscheinlich haben sich die Methoden der Wissenschaft, als Gegner erkorene Personen oder Gruppierungen in Mißkredit zu bringen, seit dem Mittelalter nicht geändert. Es sei ein metaphysisches Bedürfnis der Menschen, das sie gestillt haben möchten, schreibt Höfling in seinen Schlußbetrachtungen und bietet damit einen völlig unreflektierten Gemeinplatz als Antwort auf alle Menschen, die sich mit den Theorien von Berlitz, von Däniken und anderen beschäftigt haben. Die Pauschalentmündigung aller Betroffenen, die in ihrem Leben auf Fragen gestoßen sind, die sie so nachhaltig beschäftigt haben, daß sie sich mit den handelsüblichen Antworten nicht zufrieden geben wollen, ist offenbar auf einem traditionellen Dogmatismus gediehen, der bis heute nicht an Hartnäckigkeit und Ignoranz eingebüßt hat.

Eben weil Höfling in seinem Buch nichts Neues bringt und nur alte Geschichten wieder aufkocht, dabei aber nicht nachweisen kann, was die wissenschaftliche Interpretation von Phänomenen von einer pseudowissenschaftlichen Deutung unterscheidet, muß man feststellen, daß es im Kern um etwas anderes ging.

Hier wurden keine Fragen aufgeworfen und weiterverfolgt, sondern hier ging es einzig und allein um die Abgrenzung und Aussonderung bestimmter gesellschaftlicher Gruppierungen. Die eingeschlagene Richtung fand neulich seine Fortsetzung in der Fernsehdiskussion um die ARD-Sendung "UFOs - Und es gibt sie doch" vom Oktober 1994. Auch Höfling verknüpft willkürlich die Ufologie mit Religionsgemeinschaften wie beispielsweise die Hare- Krishna-Anhänger (S. 398), um damit die Ufologie in die bereits laufende Verunglimpfung der gesellschaftlich weniger einflußreichen Religionsgemeinschaften einzubeziehen. Diese Entwicklung zielt darauf ab, daß man nur noch bestimmte unhinterfragte Schlagworte wie Pseudowissenschaft, Irrationalität oder auch "Sekte" in den Mund zu nehmen braucht, und ein jeder Mensch weiß angeblich schon Bescheid und hat ein Urteil gefällt.

Das Ufo-Phänomen zu psychologisieren und als Religionsersatz darzustellen ist ein allzu billiger Versuch, die Unfähigkeit der Wissenschaft hinter Schutzbehauptungen zu verbergen. Höflings Buch taugt weder als fundierter Kritikansatz an der Ufologie, noch genügt es einem Anspruch, den Leser über den aktuellen Forschungsstand der angesprochenen Sachgebiete zu informieren.


Helmut Höfling
UFOS, URWELT, UNGEHEUER
Die großen Geheimnisse unserer Welt
Gustav Lübbe Verlag, Bergisch-Gladbach
April 1993, DM 14,80
ISBN 3-404-60345-1