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AKTION/1316: Urgent Action - VR China, Prozess nach Erzwungenem Geständnis


ai - URGENT ACTION
UA-NR: UA-231/2012-1, AI-Index: ASA 17/057/2012, Datum: 18. Dezember 2012 - jw

VR China
Prozess nach Erzwungenem Geständnis

Weitere Informationen zu UA-231/2012 (ASA 17/026/2012, 6. August 2012)



Herr WU WAI SING (VINCENT WU)

Der 54-jährige Unternehmer und US-Staatsbürger Wu Wai Sing aus Hongkong soll durch Folter zu einem Geständnis gezwungen worden sein. Er soll seinen AnwältInnen gegenüber gesagt haben, dass er die Hoffnung verliert und Folter und andere Misshandlungen nicht länger ertragen kann.

Wu Wai Sing, auch bekannt als Vincent Wu, wurde am 22. Juni festgenommen, weil gegen ihn nach Paragraf 294 (nicht, wie zuvor angegeben, Paragraf 254) des chinesischen Strafgesetzbuchs der Verdacht auf "Gründung einer kriminellen Vereinigung" besteht. Er wurde für rund drei Wochen an verschiedenen Orten ohne Kontakt zur Außenwelt festgehalten, bis man ihn schließlich am 1.Juli in die Huidong-Haftanstalt der Stadt Huizhou in der Provinz Guangdong brachte. Am 4. Juli durfte er seine Rechtsbeistände sehen, denen er Berichten zufolge mitteilte, die VernehmungsbeamtInnen hätten ihn wiederholt geschlagen, an den Füßen aufgehängt und seinen Kopf so lange auf den Boden geschlagen, bis er bewusstlos wurde. Als er die Folter nicht mehr ertragen konnte, habe er "gestanden".

Mitte September übermittelte Wu Wai Sing seiner Familie, dass er in Isolationshaft gehalten wird, seine Arme und Beine immer angekettet seien und dass die PolizeibeamtInnen ihm helles Licht ins Gesicht strahlen, um ihn vom Schlafen abzuhalten. Anfang Dezember befand er sich psychisch und physisch bereits in sehr schlechtem Zustand. Er hatte Schwierigkeiten, Fragen mit Klarheit zu beantworten, trotzdem gab er seiner Familie deutlich zu verstehen, dass er erneut geschlagen und aufgehängt worden war, nachdem man ihn Ende November in eine Haftanstalt im Bezirk Huiyang in der Provinz Guangdong verlegt hatte. Er sagte seiner Familie, dass er "die Hoffnung verliert und nicht weiß, wie lange er dieser Form der Folter noch standhalten kann".

Am 14. Dezember wurde seine Familie darüber informiert, dass er zusammen mit 33 anderen, die auch am 22. Juni in Zusammenhang mit der mutmaßlichen Organisation von kriminellen Aktionen festgenommen wurden, am 24. Dezember dem Mittleren Volksgericht der Stadt Huzihou in der Provinz Guangdong vorgeführt werde. Man wird ihm vermutlich die Gründung einer kriminellen Vereinigung, vorsätzliche Körperverletzung und Handelsbetrug in mehreren Fällen vorwerfen. Ohne eine faire Verhandlung droht ihm laut seiner Rechtsbeistände wahrscheinlich die Todesstrafe.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Die Rechtsbeistände von Wu Wai Sing sind Berichten zufolge von den örtlichen Behörden eingeschüchtert worden. Laut seiner Familie erhielten seine Rechtsbeistände Anfang August einen Anruf von der Polizei in Huizhou. Dabei drohte man ihnen, sie festzunehmen, sollten sie weiter Informationen zu Wu Wai Sing und seiner Behandlung in Haft veröffentlichen. Außerdem sollen die Behörden ihnen Vergeltungsmaßnahmen angedroht haben, wenn sie weiter Kontakt zu Medien aus dem Ausland halten. Mitte August reichten die Rechtsbeistände von Wu Wai Sing Beschwerde bei der Staatsanwaltschaft in Huizhou ein, weil er von BeamtInnen der dortigen Polizei gefoltert worden sein soll. Darauf ist bisher noch nicht reagiert worden. Seit Anfang Juli steht die Familie von Wu Wai Sing in Kontakt mit der US-Botschaft in Beijing, dem US-Konsulat in Guangzhou in der Provinz Guangdong und dem Auswärtigen Amt in Washington DC. Am 7. August erklärte die US-Regierung der Familie in einem Antwortschreiben, dass der Antrag von Wu Wai Sing auf Zugang zum Konsulat abgelehnt wurde. Obwohl Wu Wai Sing US-Amerikaner ist, hat er das festländische China nicht mit seinem US-amerikanischen Reisepass sondern mit der Rückreisegenehmigung ("Home Return Permit") betreten, die ihm durch seinen ständigen Wohnsitz in Hongkong zusteht. Laut Vereinbarungen zwischen den Regierungen beider Länder bedeutet dies, dass ihm keine Besuche von Angehörigen der US-Botschaft zustehen. Die US-Regierung versucht weiterhin aus humanitären Gründen Zugang zu Wu Wai Sing zu erhalten.


SCHREIBEN SIE BITTE

E-MAILS, FAXE ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Bitte stellen Sie sicher, dass Wu Wai Sing und andere Personen, die sich nach wie vor in Haft befinden, weder gefoltert noch misshandelt werden.
  • Ich bitte Sie eindringlich, sicherzustellen, dass im Verfahren gegen Wu Wai Sing keine unter Folter erlangten Beweise verwendet werden.
  • Leiten Sie bitte unverzüglich eine unabhängige, unparteiische und zielführende Untersuchung der Foltervorwürfe ein und stellen Sie die Verantwortlichen unabhängig von deren Dienstgrad vor Gericht.

APPELLE AN

SEKRETÄR FÜR POLITISCHE UND SOZIALE ANGELEGENHEITEN DER PROVINZ GUANGDONG
Zhu Mingguo Shuji
Hequn 3rd Road, Yuexiu
Guangzhou
Guangdong 510080
VOLKSREPUBLIK CHINA
(Anrede: Dear Secretary / Sehr geehrter Herr Parteisekretär)
Fax: (00 86) 20 8121 8569
Tel: (00 86) 20 8718 5300 (nur auf Chinesisch)
Email: gdzfwzzb@126.com

LEITENDER STAATSANWALT DER STADT HUIZHOU
Chen Huagui
No. 10 Sanxinnanlu Huichengqu,
Huizhoushi, Guangdong sheng, 516003
VOLKSREPUBLIK CHINA
(Anrede: Dear Chief Procurator / Sehr geehrter Herr Staatsanwalt))
Tel: (00 86) 0752 2827 331 (nur auf Chinesisch)


KOPIEN AN

DIREKTOR DER HAFTANSTALT IN HUIYANG
Sun Shirong
Danshuizhen, Baigongaobeiweicun
Huiyang, Huizhou,
Guangdong
516211
VOLKSREPUBLIK CHINA
(Dear Director / Sehr geehrter Herr Direktor)
Tel: (00 86) 0752 3819 617 (nur auf Chinesisch)

BOTSCHAFT DER VOLKSREPUBLIK CHINA
Herr Nianping Li, Geschäftsträger a. i. (Gesandter)
Märkisches Ufer 54
10179 Berlin
Fax: 030-27 58 82 21
E-Mail: botschaftchina@yahoo.de


Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Chinesisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 29. Januar 2013 keine Appelle mehr zu verschicken.


PLEASE WRITE IMMEDIATELY
  • Calling on the authorities to guarantee and take all necessary steps to ensure that Wu Wai Sing and others in detention will not be tortured or otherwise ill-treated.
  • Urging them to ensure that no evidence obtained through torture is used in any proceedings against Wu Wai Sing.
  • Calling on them to order a prompt, independent, impartial and efficient investigation into the allegations of torture and bring those responsible, irrespective of rank, to justice.

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Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-NR: UA-231/2012-1, AI-Index: ASA 17/057/2012, Datum: 18. Dezember 2012 - jw
Amnesty International, Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 21. Dezember 2012