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AKTION/1335: Urgent Action - Syrien, Vier Männer in Foltergefahr


ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-005/2013, AI-Index: MDE 24/002/2013, Datum: 7. Januar 2013 - we

Syrien
Vier Männer in Foltergefahr



YOUSSEF AL-AMMAR
SUHAIB AL-AMMAR, Neffe von Youssef al-Ammar
IQBAL AL-AMMAR, Neffe von Youssef al-Ammar
BILAL KOUSHAN, Cousin von Iqbal al-Ammar

Der Syrer Youssef al-Ammar, seine Neffen Suhaib al-Ammar und Iqbal al-Ammar sowie ein weiterer Angehöriger der Familie, Bilal Koushan, wurden am 24. November 2012 in ihrer gemeinsamen Wohnung in Damaskus festgenommen. Seitdem werden sie unter Bedingungen festgehalten, die dem Verschwindenlassen gleichkommen. Sie könnten gefoltert oder anderweitig misshandelt werden.

Laut Angaben einer örtlichen Quelle trafen Angehörige der Sicherheitskräfte am frühen Morgen des 24. November 2012 in der Wohnung ein, in der Youssef al-Ammar gemeinsam mit seinen Neffen Suhaib al-Ammar und Iqbal al-Ammar und einem weiteren Familienmitglied wohnt. Letzteres war zu dieser Zeit jedoch nicht zuhause. Suhaib al-Ammar und Bilal Koushan, der Cousin von Iqbal al-Ammar, kommen ursprünglich aus der syrischen Stadt Dera'a, wohnten jedoch bereits seit längerer Zeit bei ihren Verwandten in Damaskus. Die Familie soll von AugenzeugInnen erfahren haben, dass Angehörige der Sicherheitskräfte die vier Männer mitgenommen hätten.

Die syrischen Behörden haben die Familie der vier Männer weder über deren Inhaftierung noch über ihren derzeitigen Aufenthaltsort oder eventuell erhobene Anklagen informiert. Die Gründe für die Festnahmen sind weiterhin nicht bekannt. Iqbal al-Ammar war Anfang 2012 bereits schon einmal für kurze Zeit inhaftiert worden. Suhaib al-Ammar war am 18. November 2011 inhaftiert und am 10. Januar 2012 ohne Anklage freigelassen worden. Weitere Informationen zu dem Fall von Suhaib al-Ammar finden Sie in UA-345/2011. Suhaib al-Ammar gab später an, dass man ihn vor seiner Freilassung gefoltert und anderweitig misshandelt habe. Amnesty International befürchtet daher, dass sich Youssef al-Ammar, Suhaib al-Ammar, Iqbal al-Ammar und Bilal Koushan in großer Gefahr befinden, ebenfalls gefoltert oder misshandelt zu werden.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Der Vater von Suhaib und Iqbal al-Ammar, Dr. Mohamed al-Ammar, setzt sich schon seit langer Zeit gewaltfrei für demokratische Reformen in Syrien ein. Seit Beginn der Unruhen in Syrien ist er bereits mehrfach festgenommen worden. Weitere Informationen zu seiner letzten Festnahme finden Sie in UA-112/2012. Dr. Mohamed al-Ammar veröffentlicht seine Demokratieforderungen seit vielen Jahren im Internet, hält öffentliche Vorträge und nimmt an Konferenzen teil.

Seit Ausbruch der Proteste im Februar 2011 sind tausende mutmaßliche GegnerInnen der syrischen Regierung festgenommen und viele, vermutlich sogar die Mehrzahl, gefoltert und anderweitig misshandelt worden. Amnesty International liegen die Namen von mehr als 720 Menschen vor, die Berichten zufolge in dieser Zeit in Haft gestorben sind. Die Organisation hat außerdem zahlreiche Fälle dokumentiert, in denen Häftlinge gefoltert oder anderweitig misshandelt wurden. Weitere Informationen finden Sie in dem Artikel "Systematische Folter in Syrien"
http://www.amnesty.de/presse/2012/3/14/ systematische-folter-syrien

Die Situation hat sich inzwischen fast im gesamten Land zu einem internen bewaffneten Konflikt zwischen den Sicherheitskräften und den bewaffneten Oppositionsgruppen entwickelt, welche die Regierung stürzen wollen. Systematische und weit verbreitete Menschenrechtsverletzungen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und mögliche Kriegsverbrechen sind mittlerweile in Syrien an der Tagesordnung, und die Zivilbevölkerung leidet am meisten darunter. Amnesty International hat zahlreiche solcher Fälle dokumentiert. Lesen Sie dazu auch den Artikel: Syrien: wahllose Attacken terrorisieren die Zivilbevölkerung, online unter
http://www.amnesty.de/2012/9/19/syrien-wahllose-attacken-terrorisieren-die-zivilbevoelkerung
oder den englischsprachigen Bericht Syria: Indiscriminate attacks terrorize and displace civilians, online unter:
http://www.amnesty.org/en/library/info/MDE24/078/2012/en

Auch andere Organisationen haben Menschenrechtsverletzungen in Syrien recherchiert und dokumentiert, so beispielsweise die Unabhängige Internationale Untersuchungskommission der UN zur Situation in der Arabischen Republik Syrien. Amnesty International fordert alle am Konflikt beteiligten Parteien dazu auf, sich an das humanitäre Völkerrecht zu halten und Zivilpersonen zu schützten.


SCHREIBEN SIE BITTE

FAXE ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Ich bin sehr in Sorge darüber, dass Youssef al-Ammar, Suhaib al-Ammar, Iqbal al-Ammar und Bilal Koushan seit dem 24. November 2012 unter Bedingungen festgehalten werden, die dem Verschwindenlassen gleichkommen.
  • Ich möchte Sie dringend bitten, sicherzustellen, dass die vier Männer vor Folter oder anderweitigen Misshandlungen geschützt werden. Gewähren Sie ihnen zudem unverzüglich Zugang zu ihren Familien, einem Rechtsbeistand ihrer Wahl und jegliche erforderliche medizinische Versorgung.
  • Stellen Sie bitte den rechtlichen Status der Männer klar und lassen Sie sie frei, sofern sie keiner international als Straftat anerkannten Handlung angeklagt werden und einen Prozess erhalten, der den internationalen Standards für ein faires Verfahren entspricht.

APPELLE AN

STAATSPRÄSIDENT
Bashar al-Assad
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
Fax: (00 963) 11 332 3410 (Bitte sagen Sie "Fax") (Briefe werden derzeit nicht zugestellt. Bitte nur Faxe schicken!)

INNENMINISTER
Major General Mohamad Ibrahim al-Shaar
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
Fax: (00 963) 11 311 0554 (Bitte sagen Sie "Fax") (Briefe werden derzeit nicht zugestellt. Bitte nur Faxe schicken!)

AUSSENMINISTER
Walid al-Mu'allim
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
Fax: (00 963) 11 214 6253 (Bitte sagen Sie "Fax") (Briefe werden derzeit nicht zugestellt. Bitte nur Faxe schicken!)


KOPIEN AN

BOTSCHAFT DER RUSSISCHEN FÖDERATION
S. E. Herrn Vladimir M. Grinin
Unter den Linden 63-65, 10117 Berlin
Fax: 030-2299 397
E-Mail: info@Russische-Botschaft.de

BOTSCHAFT DER ARABISCHEN REPUBLIK SYRIEN
Frau Abir Jarf
Geschäftsträgerin a. i., Gesandte - Botschaftsrätin
Rauchstr. 25, 10787 Berlin
Fax: 030-5017 7311
E-Mail: info@syrianembassy.de
press@syrianembassy.de
secretary@syrianembassy.de


Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Arabisch, Englisch, Französisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 18. Februar 2013 keine Appelle mehr zu verschicken.


PLEASE WRITE IMMEDIATELY
  • Expressing concern that Youssef al-Ammar, Suhaib al-Ammar, Iqbal al-Ammar and Bilal Koushan have been held incommunicado since 24 November 2012 in conditions amounting to enforced disappearance.
  • Urging the Syrian authorities to ensure that they are protected from torture and other ill-treatment, allowed immediate contact with their families and a lawyer of their choice, and provided with all necessary medical care.
  • Asking for clarification of their legal status, and calling on the authorities to release them if they are not to be charged with an internationally recognizable criminal offence, and tried according to international fair trial standards.

HINTERGRUNDINFORMATIONEN - FORTSETZUNG

Die Mehrzahl der von Amnesty International dokumentierten Menschenrechtsverletzungen wurde von den Streitkräften und Milizen der als Shabiha bekannten regierungstreuen Gruppierungen begangen. Doch auch bewaffnete Oppositionskräfte sollen sich Menschenrechtsverstößen schuldig gemacht haben. So sollen sie u. a. gefangengenommene Angehörige der Armee und der Shabiha sowie vermeintliche RegierungsanhängerInnen und mutmaßliche InformantInnen gefoltert, entführt oder getötet haben. Außerdem sollen sie Zivilpersonen als Geiseln genommen haben, um so einen Gefangenenaustausch herbeiführen zu können. Amnesty International verurteilt diese Menschenrechtsverstöße scharf und hat die Führungsebene sämtlicher in Syrien operierender bewaffneter Oppositionsgruppen dazu aufgerufen, derartige Handlungen in einer öffentlichen Bekanntmachung zu verbieten und alles in ihrer Macht Stehende zu tun, damit oppositionelle Gruppen keine Menschenrechtsverstöße mehr begehen.

Amnesty International ruft vor diesem Hintergrund weiterhin dazu auf, die Situation in Syrien der Anklagebehörde des Internationalen Strafgerichtshofs zu unterbreiten; ein internationales Waffenembargo gegen das Land zu verhängen, um so zu verhindern, dass Waffen an die syrische Regierung geliefert werden; und die Vermögenswerte von Präsident al-Assad und seinen engsten Vertrauten einzufrieren. An Staaten, die Waffenlieferungen an die bewaffnete syrische Opposition erwägen, richtet Amnesty International den eindringlichen Appell, mit geeigneten Mechanismen sicherzustellen, dass mit den gelieferten Waffen keine Menschenrechtsverletzungen und/oder Kriegsverbrechen begangen werden. Amnesty International fordert darüber hinaus die syrische Regierung auf, dem internationalen unabhängigen Untersuchungsausschuss sowie internationalen Menschenrechtsorganisationen und humanitären Organisationen ungehinderten Zugang zu allen Teilen des Landes zu gewähren.

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Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-005/2013, AI-Index: MDE 24/002/2013, Datum: 7. Januar 2013 - we
Amnesty International, Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 10. Januar 2013