ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-019/2013, AI-Index: AFR 46/001/2012, Datum: 26. Februar 2013 - cw
Simbabwe
MenschenrechtlerInnen in Gefahr
MEHR ALS 400 MITGLIEDER DER MENSCHENRECHTSORGANISATION ZPP
UND WEITERE MENSCHENRECHTSVERTEIDIGERINNEN
Die simbabwische Polizei hat die Menschenrechtsgruppe Zimbabwe Peace Project (ZPP) als "Bedrohung für die Staatssicherheit" eingestuft. Dies lässt befürchten, dass die AktivistInnen wegen ihrer legitimen Menschenrechtsarbeit, vor allem der Dokumentation von Menschenrechtsverletzungen, inhaftiert werden könnten. Die Anschuldigung der Polizei erfolgte, nachdem das Büro von ZPP Anfang Februar bereits zweimal durchsucht worden war.
Berichten zufolge ließ der Sprecher der simbabwischen Polizei (ZRP) am 20. Februar in einer Stellungnahme verlauten: "Die ZRP hat aus zuverlässiger Quelle erfahren, dass bestimmte Organisationen wie das ZPP vorgeben, als NGO humanitäre Arbeit zu leisten, während sie tatsächlich aber mit verdeckten politischen Aktivitäten einen widerrechtlichen Regimewechsel anstreben. Dies kommt einer Bedrohung der Staatssicherheit gleich und verstößt gegen nationale Gesetze." Für MitarbeiterInnen des ZPP und weitere MenschenrechtsverteidigerInnen könnte nun die Gefahr bestehen, aufgrund ihrer Menschenrechtsarbeit festgenommen und inhaftiert zu werden. In den vergangenen Wochen kam es zu Durchsuchungen, willkürlichen Festnahmen und offenbar politisch motivierten strafrechtlichen Verfolgungen mehrerer führender Menschenrechtsgruppen und -verteidigerInnen. Damit soll ihr Einfluss in der Zivilgesellschaft verringert werden, da im Land ein Verfassungsreferendum und eine historische Wahl anstehen. Das ZPP beobachtet Menschrechtsverstöße mithilfe eines landesweiten Netzwerks bestehend aus ErmittlerInnen innerhalb der Gesellschaft. Fünf BeamtInnen der Abteilung für Recht und Ordnung der Zentralpolizeistation von Harare durchsuchten am 11. Februar den Hauptsitz des ZPP in Harare. Sie hatten einen Durchsuchungsbefehl bei sich, der ihnen erlaubte, nach subversiven Gegenständen, Unterlagen, Geräten oder Aufnahmen sowie "illegalen Einwanderern" zu suchen. Die Polizei konfiszierte Dokumente, die Hörer schnurloser Telefone, Funkgeräte, Akten mit Spenderinformationen und Computerdisketten. Die Polizei kehrte später in der Nacht des 11. Februar wieder zurück zum Büro des ZPP und betrat es erneut. Damit missachtete sie den Inhalt des Durchsuchungsbefehls, der dies nur am Tage gestattete. Ministerpräsident Morgan Tsvangirai zufolge könnten die Wahlen im Juli 2013 stattfinden. In den vergangenen zehn Jahren kam es im Vorfeld von Wahlen zunehmend zu Menschenrechtsverletzungen; insbesondere die Rechte auf Vereinigungsfreiheit, friedliche Versammlung und freie Meinungsäußerung wurden durch staatlich gelenkte Gewalt und willkürliche Festnahmen stark eingeschränkt. Seit einigen Monaten zeigt sich das harte Vorgehen der Behörden gegen MenschenrechtsverteidigerInnen in deren willkürlicher Festnahme und polizeilichen Durchsuchungen ihrer Büros. Seit August 2012 wurden die Büros von mindestens sechs Organisationen durchsucht, zwei davon erst Mitte Februar.
2008 wurden drei MitarbeiterInnen des ZPP verschleppt. Bei den Entführern handelte es sich anscheinend um Beamte des Staatssicherheitsdienstes. Unter den Entführungsopfern befand sich die ZPP-Vorsitzende Jestina Mukoko. Sie wurde während ihrer Gefangenschaft gefoltert. Drei Wochen später wurde sie in polizeiliches Gewahrsam übergeben und anschließend inhaftiert und der "versuchten Rekrutierung zu militärischer Ausbildung mit dem Ziel, die Regierung zu stürzen" angeklagt. Im September 2009 ordnete der Oberste Gerichtshof ein dauerhaftes Aussetzen der Strafverfahren gegen Jestina Mukoko an.
Seit August 2012 hat die Polizei die Büros von sechs NGOs - des Zimbabwe Election Support Network, ZPP, National Youth Development Trust, Zimbabwe Human Rights Association, Counselling Services Unit, und Gays and Lesbians of Zimbabwe - durchsucht. Im Anschluss an die Durchsuchungen beschlagnahmte die Polizei Ausstattungsgegenstände wie Computer und Mobiltelefone sowie vertrauliche Projektunterlagen. Mehrere MenschenrechtsverteidigerInnen sind infolge der Polizeidurchsuchungen angeklagt worden.
FAXE ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN
POLIZEIPRÄSIDENT
Augustine Chihuri
Zimbabwe Republic Police
P. O. Box 8807, Causeway
Harare, SIMBABWE
(Anrede: Sehr geehrter Herr Generalkommissar / Dear Commissioner-General)
Fax: (00 263) 4 253 212
LEITER DER POLIZEISTATION HARARE
Harare Central Police station
Zimbabwe Republic Police
PO Box CY 154
Harare, SIMBABWE
(Anrede: Dear Officer in Charge / Sehr geehrter Herr Polizeidienststellenleiter)
Fax: (00 263) 4 754 176
BOTSCHAFT DER REPUBLIK SIMBABWE
S. E. Herrn Hebson Hazvina Mudadirwa Makuvise
Kommandantenstraße 80
10117 Berlin
Fax: 030-2045 5062
E-Mail: zimberlin@botschaft-zimbabwe.de
ZIMBABWE PEACE PROJECT
PO Box BE 427
Belvedere, Harare
SIMBABWE
Vorgeschlagener Text: Ich möchte Ihnen hiermit meine Solidarität bezüglich Ihrer Menschenrechtsarbeit ausdrücken.
Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 9. April 2013 keine Appelle mehr zu verschicken.
PLEASE WRITE IMMEDIATELY
Die Beobachtung, dass das ZPP und andere Menschenrechtsgruppen in Zimbabwe derzeit zur Zielscheibe werden, entspricht bereits früheren Bestrebungen der Behörden, NGOs im Vorfeld von Wahlen systematisch zu schikanieren und einzuschüchtern, um deren Aktivitäten einzuschränken und ihnen den Zugang zur Gesellschaft zu erschweren. Am 16. März 2013 soll in Simbabwe ein Referendum über eine neue Verfassung abgehalten werden; anschließend sind allgemeine Wahlen geplant.
Im Dezember 2012 verpflichtete Präsident Mugabes Partei ZANU-PF sich selbst, "sicherzustellen, dass die Regierung durchsetzt, NGOs, die von ihrem Auftrag abgewichen sind, die Zulassung zu entziehen". Zwar teilen sich nach der allgemeinen politischen Vereinbarung (Global Political Agreement) die Parteien MDC-T und ZANU-PF den Vorsitz im Innenministerium, letztere kontrolliert jedoch faktisch die Politik. Amnesty International geht davon aus, dass die aktuelle Schikanierungs- und Einschüchterungswelle von MenschenrechtsverteidigerInnen eine Folge des Beschlusses der ZANU-PF vom Dezember ist.
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Quelle:
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UA-Nr: UA-019/2013, AI-Index: AFR 46/001/2012, Datum: 26. Februar 2013 - cw
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veröffentlicht im Schattenblick zum 2. März 2013