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AKTION/1404: Urgent Action - Bahrain, Aktivistin wegen Beleidigung in Haft


ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-232/2012-4, AI-Index: MDE 11/006/2013, Datum: 4.3.2013 - cw

Bahrain
Aktivistin wegen Beleidigung in Haft



ZAINAB AL-KHAWAJA, Tochter von Abdulhadi Al-Khawaja

Die bahrainische Aktivistin Zainab Al-Khawaja wurde am 28. Februar wegen "Beleidigung eines Polizeibeamten" in einem Militärkrankenhaus zu drei Monaten Haft verurteilt. Ursprünglich war sie im Mai von dieser Anklage freigesprochen worden; die Staatsanwaltschaft hatte allerdings Berufung eingelegt.

Am 28. Februar verurteilte das Berufungsgericht in der bahrainischen Hauptstadt Manama Zainab Al-Khawaja wegen "Beleidigung eines Polizeibeamten" in einem Militärkrankenhaus zu einer dreimonatigen Haftstrafe. Damit hebt es das Urteil des Strafgerichts auf, das sie am 2. Mai 2012 freigesprochen hatte. Die Staatsanwaltschaft hatte Berufung gegen den Freispruch eingelegt.

Am 27. Februar hielt das Berufungsgericht eine Verurteilung Zainab Al-Khawajas zu einer zweimonatigen Freiheitsstrafe wegen "Zerstörung von Staatseigentum" aufrecht. Sie hatte im Mai 2012 in Haft ein Foto des bahrainischen Königs zerrissen. Diese Strafe hat sie jedoch schon verbüßt. Des Weiteren bestätigte das Berufungsgericht ein Urteil des Strafgerichts, das Zainab Al-Khawaja am 10. Dezember 2012 wegen "Betreten eines Sperrgebiets" (am Perlenplatz) zu einem Monat Gefängnis verurteilt hatte. Zainab Al-Khawaja hatte davon bereits acht Tage in Haft verbracht, bevor sie aufgrund des anhängigen Rechtsmittelverfahrens freigelassen wurde. Zurzeit leistet sie im Frauengefängnis in 'Issa Town eine Haftstrafe von insgesamt drei Monaten und 22 Tagen ab.

Zainab Al-Khawaja wurde am 27. Februar 2012 festgenommen, als sie auf einer friedlichen Demonstration gegen den Freispruch von PolizistInnen, die wegen Tötung von Protestierenden angeklagt worden waren, und gegen die Weigerung, den Leichnam eines Demonstranten seiner Familie zu übergeben, damit sie ihn auf einem Friedhof ihrer Wahl beerdigen kann, protestierte. Der 20-jährige Mahmoud al-Jazeeri starb am 20. Februar 2012 in einem Krankenhaus, nachdem er am 14. Februar während einer Demonstration zum zweiten Jahrestag der Proteste in Bahrain von einer Tränengasgranate getroffen worden war.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Zainab Al-Khawaja ist die Tochter des gewaltlosen politischen Gefangenen Abdulhadi Al-Khawaja. Sie wurde erstmals im Dezember 2011 zusammen mit einer weiteren Aktivistin, Ma'suma Sayyid Sharaf, festgenommen, wenige Tage später aber wieder freigelassen. Gegen sie erging Anklage wegen "nicht genehmigter Versammlung" und "Anstachelung zum Hass gegen die Regierung", nachdem die Polizei eine friedliche Demonstration an einem Verkehrskreisel außerhalb von Manama mithilfe von Tränengas und Geräuschbomben aufgelöst hatte. Als die Polizei Zainab al-Khawaja festnahm, war sie die einzige Person, die sich noch am Verkehrskreisel aufhielt. Sie saß friedlich auf dem Boden. Filmmaterial zeigt, wie sie bei ihrer Festnahme von der Polizei in Handschellen gelegt und dann von zwei Polizistinnen über den Boden zu einem wenige Meter entfernten Fahrzeug geschleift wurde. Dabei schlug ihr Kopf mehrmals auf den Boden auf. Gegenüber Amnesty International gab Zainab al-Khawaja an, dass sie nach ihrer Ankunft auf der Polizeistation in einem Außenbezirk von Manama auf den Kopf geschlagen und getreten worden sei. Ma'suma Sayyid Sharaf wurde ebenfalls getreten und bespuckt.

Am 21. April 2012 wurde Zainab Al-Khawaja erneut festgenommen, nachdem sie mit einem Sitzstreik auf einer Schnellstraße nahe des Finanzbezirks gegen die Inhaftierung ihres Vaters und die allgemeine schlechte Menschenrechtssituation in Bahrain protestiert hatte. Am 29. Mai wurde sie nach Zahlung einer Geldstrafe von 200 bahrainischen Dinar (umgerechnet rund 530 US-Dollar oder ca. 400 €) wegen "Beleidigung eines Polizeibeamten" aus der Haft entlassen. Am 28. Juni zog sie sich Verletzungen am Bein zu, als sie das Vorgehen der Polizei auf einer Protestaktion beobachtete. Am 2. August inhaftierte man sie ein weiteres Mal und verurteilte sie am Ende des Monats zu zwei Monaten Haft wegen "Zerstörung von Staatseigentum", nachdem sie ein Bild des Königs zerrissen hatte. Zwei Monate später, am 2. Oktober, wurde sie gegen Kaution bis zu weiteren Gerichtsterminen freigelassen, am 20. Oktober jedoch erneut für mehrere Stunden inhaftiert und wiederum gegen Kaution freigelassen.


SCHREIBEN SIE BITTE

FAXE, TWITTERNACHRICHTEN ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Es bereitet mir Sorge, dass Zainab al-Khawaja eine gewaltlose politische Gefangene ist und allein wegen der friedlichen Ausübung ihres Rechts auf freie Meinungsäußerung festgehalten wird. Ich fordere ihre sofortige und bedingungslose Freilassung.
  • Ich fordere Sie auf, Zainab al-Khawajas Haftstrafen sowie sämtliche Urteile gegen sie aufzuheben und alle gegen sie erhobenen Anklagen fallenzulassen.
  • Ich bitte Sie eindringlich, die Rechte auf freie Meinungsäußerung und Versammlungsfreiheit zu respektieren und zu schützen. Stellen Sie bitte sicher, dass sämtliche Menschenrechtsorganisationen und MenschenrechtsverteidigerInnen ihrer Arbeit nachgehen können, ohne behindert, eingeschüchtert oder schikaniert zu werden.

APPELLE AN

KÖNIG
Shaikh Hamad bin 'Issa Al Khalifa
Office of His Majesty the King
P.O. Box 555
Rifa'a Palace
al- Manama
BAHRAIN
(Anrede: Your Majesty / Majestät)
Fax: (00 973) 176 64 587

INNENMINISTER
Shaikh Rashid bin 'Abdullah Al Khalifa
Ministry of Interior
P.O. Box 13, al-Manama
BAHRAIN
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
Fax: (00 973) 172 32 661
Twitter: @moi_Bahrain


KOPIEN AN

MINISTER FÜR JUSTIZ UND ISLAMISCHE ANGELEGENHEITEN
Shaikh Khalid bin Ali bin Abdullah Al Khalifa
Ministry of Justice and Islamic Affairs
P.O. Box 450
al-Manama
BAHRAIN
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
Fax: (00 973) 1753 1284

BOTSCHAFT DES KÖNIGREICHS BAHRAIN
S. E. Herrn Ebrahim Mohmood Ahmed Abdulla
Klingelhöfer Str. 7, 10785 Berlin
Fax: 030-8687 7788
E-Mail: info@bahrain-embassy.de oder über
http://www.bahrain-embassy.de/kontakt/


Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Arabisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 15. April 2013 keine Appelle mehr zu verschicken.

Weitere Informationen zu UA-232/2012 (MDE 11/047/2012, 6. August 2012, MDE 11/056/2012, 26. September 2012, MDE 11/061/2012, 25. Oktober 2012 und MDE 11/069/2012, 13. Dezember 2012)


PLEASE WRITE IMMEDIATELY
  • Expressing concern that Zainab Al-Khawaja is a prisoner of conscience held solely for peacefully exercising her rights to freedom of expression, association and assembly, and urging the authorities to release her immediately and unconditionally.
  • Urging them to quash her prison sentences, drop all the charges and overturn all her convictions.
  • Urging them to respect and protect the rights to freedom of expression and assembly and ensure that all human rights organizations and human rights defenders are able to carry out their work without hindrance, intimidation or harassment.

HINTERGRUNDINFORMATIONEN - FORTSETZUNG

Am 9. Dezember 2012 wurde Zainab Al-Khawaja festgenommen, als sie das Foto eines verletzten Demonstranten hochhielt, den sie im Krankenhaus Salmaniya in der bahrainischen Hauptstadt Manama besuchen wollte. Das Büro des Staatsanwalts leitete Ermittlungen gegen sie wegen "Anstachelung zum Hass gegen die Regierung" ein und verlängerte in diesem Zusammenhang zweimal die Untersuchungshaft. Am 27. Dezember wurde Zainab Al-Khawaja wieder freigelassen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt in dem Fall jedoch weiter.

Die bahrainische Regierung hat unter anderem die Empfehlung der Universellen Regelmäßigen Überprüfung des UN-Menschenrechtsrats von 2012 angenommen, die Einschränkungen für MenschenrechtverteidigerInnen aufzuheben. Seitdem sind MenschenrechtsverteidigerInnen und andere AktivistInnen in Bahrain allerdings weiterhin aufgrund ihrer Menschenrechtsarbeit schikaniert, festgenommen und sogar inhaftiert worden.

Zwei Jahre nach Beginn der Proteste in Bahrain befinden sich gewaltlose politische Gefangene, darunter auch Personen, die während der Aufstände festgenommen wurden, weiterhin in Haft und die Rechte auf freie Meinungsäußerung, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit werden nach wie vor unterdrückt. Die aufsehenerregenden Reformen, die infolge der Proteste erlassen wurden, verschleiern dies lediglich. In den vergangenen Monaten wurden nicht nur gewaltlose politische Gefangene nicht freigelassen, stattdessen wurden weitere Personen inhaftiert, die es gewagt hatten, ihr Ansichten via Twitter oder auf friedlichen Demonstrationen kundzutun. Die bahrainischen Gerichte scheinen ihre Aufgabe vielmehr darin zu sehen, sich der Regierung unterzuordnen, als der bahrainischen Bevölkerung effektiven rechtlichen Schutz zu bieten und für die Einhaltung der Gesetze zu sorgen.

Die am 29. Juni 2011 vom König benannte unabhängige Untersuchungskommission Bahrains (BICI) hatte den Auftrag, während der Proteste 2011 begangene Menschenrechtsverletzungen zu untersuchen und einen Bericht zu erstellen. Nach der Veröffentlichung dieses Berichts im November 2011 verpflichtete sich die bahrainische Regierung öffentlich zur Umsetzung der darin enthaltenen Empfehlungen. Der Bericht beleuchtete die Reaktion der Regierung auf die Massenproteste und dokumentierte weitreichende Menschenrechtsverletzungen. In einer der Hauptempfehlungen forderte der Bericht die Regierung auf, die Verantwortlichen für Menschenrechtsverletzungen wie Folter und unverhältnismäßige Gewaltanwendung vor Gericht zu stellen und unabhängige Untersuchungen zu Foltervorwürfen durchzuführen. Viele der Versprechen der Regierung sind bisher jedoch nicht erfüllt worden. Die Gründung der BICI und der von der Kommission erstellte Bericht galten als bahnbrechende Initiative. Nach einem Jahr besteht durch die Widerwilligkeit der Regierung, wichtige Empfehlungen hinsichtlich der Rechenschaftspflicht umzusetzen, kaum noch Hoffnung auf einschlägige Reformen. Unter anderem führten die bahrainischen Behörden keine unabhängigen, zielgerichteten und transparenten Untersuchungen zu Folter- und Misshandlungsvorwürfen und der unverhältnismäßigen Anwendung von Gewalt durch und stellten nicht, wie empfohlen, alle für Menschenrechtsverletzungen verantwortlichen BefehlshaberInnen vor Gericht. Weitere Informationen finden Sie in dem englischsprachigen Bericht Bahrain: Reform shelved, repression unleashed, unter:
http://amnesty.org/en/library/info/MDE11/062/2012/en

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Quelle:
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UA-Nr: UA-232/2012-4, AI-Index: MDE 11/006/2013, Datum: 4.3.2013 - cw
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veröffentlicht im Schattenblick zum 8. März 2013