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AKTION/1489: Urgent Action - Jemen, drei Männern droht die Hinrichtung


ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-130/2013, AI-Index: MDE 31/013/2013, Datum: 17. Mai 2013 - ek

Jemen
Drei Männern droht die Hinrichtung



Herr ABDUL BARI MAHMOUD ABDUL HAMID
Herr AHMAD MAHMOUD ABDUL HAMID
Herr ABDUL JALIL HAMMOUD ABDUL HAQ

Drei jemenitische Männer sollen in der kommenden Woche hingerichtet werden. Die örtlichen Behörden teilten ihnen und ihren Familien mit, dass sie angewiesen worden seien, ihre Hinrichtungen zu vollziehen. Einer der Männer macht geltend, zur Zeit der mutmaßlichen Straftat noch nicht volljährig gewesen zu sein.

Die Staatsanwaltschaft von Ta'izz teilte den beiden Brüdern Abdul Bari Mahmoud Abdul Hamid und Ahmad Mahmoud Abdul Hamid sowie deren Cousin Abdul Jalil Hammoud Abdul Haq mit, dass man sie aufgrund einer Straftat, die sie 1995 begangen haben sollen, im Laufe der nächsten Woche hinrichten werde. Die Familienmitglieder wurden mit dem Rat, die Männer noch einmal zu besuchen, über die Nachricht in Kenntnis gesetzt. Seit 1995 sind die drei Männer im Zentralgefängnis in der im Südwestens Jemens gelegenen Stadt Ta'izz in Haft. Abdul Bari Mahmoud Abdul Hamid macht geltend, zur mutmaßlichen Tatzeit 1995 erst 16 Jahre alt gewesen zu sein, hat jedoch keine Geburtsurkunde und wusste bis vor Kurzem nicht, dass das jemenitische Gesetz das Verhängen der Todesstrafe gegen jugendliche StraftäterInnen (die zum Zeitpunkt der ihnen zur Last gelegten Tat unter 18 Jahre alt waren) verbietet. Die drei Männer hatten keine Rechtsbeistände, als das erstinstanzliche Gericht sie am 7. September 1996 wegen des Mordes an drei Männern und der Zerstörung von Eigentum zum Tode verurteilte. Nachdem ein Rechtsbeistand eingestellt wurde, gelang es den Häftlingen, Rechtsmittel gegen ihr Urteil einzulegen. Am 5. Juni 2000 verurteilte sie das Berufungsgericht in Ta'izz zu einer Geldstrafe. Laut Gerichtsentscheid hatte es Widersprüche in Augenzeugenberichten gegeben, die der Entscheidung des erstinstanzlichen Gerichts als Hauptbeweisquelle zugrunde lagen. 2001 übergab der Oberste Gerichtshof den Fall zur weiteren Ermittlung an das Berufungsgericht, das daraufhin das vom erstinstanzlichen Gericht ausgesprochene Todesurteil am 25. Juni 2003 wieder einsetzte. Am 30. Mai 2004, demselben Jahr, in dem der damalige jemenitische Präsident das Todesurteil bestätigt hatte, wurde das Todesurteil vom Obersten Gerichtshof bestätigt.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Das jemenitische Gesetz verbietet die Verhängung der Todesstrafe gegen jugendliche StraftäterInnen, die zum Zeitpunkt der ihnen zur Last gelegten Tat unter 18 Jahre alt waren. Dennoch gibt es weiterhin Fälle, in denen Gerichte die Todesstrafe gegen StraftäterInnen verhängen, die zum Tatzeitpunkt möglicherweise unter 18 Jahre alt waren. In vielen Regionen des Jemen werden keine Geburtsurkunden ausgestellt oder von den Familien eingeholt. Dies führt häufig zu Unklarheiten über das genaue Alter von Jugendlichen, denen Verbrechen vorgeworfen werden. Üblicherweise beauftragt die Staatsanwaltschaft medizinische GutachterInnen mit der Bestimmung des Alters. Diesen wird jedoch in vielen Fällen vorgeworfen, sich bei ihrer Arbeit von der Staatsanwaltschaft beeinflussen zu lassen und deren Ansicht hinsichtlich des Alters der Angeklagten mit ihren Beurteilungen zu unterstützen. Im Februar 2013 hatte der jemenitische Präsident allen zum Tode Verurteilten, deren Alter zur Tatzeit des ihnen zur Last gelegten Verbrechens umstritten ist, einen Hinrichtungsaufschub bis zur Gründung eines Ausschusses für medizinische Untersuchungen mit der Berechtigung, das Alter von mutmaßlichen StraftäterInnen zu prüfen und festzulegen, gewährt.

Der Jemen hat einige Fortschritte gemacht, was das Verbot der Verhängung von Todesurteilen gegen StraftäterInnen angeht, die zur Tatzeit minderjährig waren. 1991 ratifizierte die Regierung des Landes das UN-Übereinkommen über die Rechte des Kindes. Zu diesem Zeitpunkt galt das grundsätzliche Verbot der Todesstrafe gegen Minderjährige nur für StraftäterInnen, die zur Tatzeit unter 15 Jahre alt waren. 1994 wurde dieses Verbot jedoch auf Personen ausgeweitet, die zur Tatzeit unter 18 Jahre alt waren. Diese Bestimmung findet sich in Artikel 31 des Strafgesetzbuches, Gesetz 12 aus dem Jahr 1994, und ist ein bedeutender Schritt hin zur Anpassung der jemenitischen Gesetze an Artikel 37 des Übereinkommens über die Rechte des Kindes und Artikel 6 des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte, zu deren Vertragsstaaten der Jemen gehört. Beide Verträge verbieten grundsätzlich die Verhängung der Todesstrafe gegen StraftäterInnen, die zur Tatzeit unter 18 Jahre alt waren.


SCHREIBEN SIE BITTE

FAXE ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Bitte stoppen Sie die Hinrichtung von Abdul Bari Mahmoud Abdul Hamid, Ahmad Mahmoud Abdul Hamid und Abdul Jalil Hammoud Abdul Haq.
  • Wandeln Sie das Todesurteil gegen Abdul Bari Mahmoud Abdul Hamid, Ahmad Mahmoud Abdul Hamid und Abdul Jalil Hammoud Abdul Haq und alle weiteren bereits verhängten Todesurteile um.
  • Ich möchte Sie daran erinnern, dass Sie auch bei Straftaten, bei denen im Jemen die Todesstrafe verhängt werden kann, an die internationalen Standards für faire Verfahren gebunden sind. Dazu gehören auch die Rechte, in Zweifelsfällen als minderjährig betrachtet zu werden und eine Begnadigung oder die Umwandlung der Strafe beantragen zu können.
  • Ich fordere Sie zudem auf, keine weiteren Todesurteile zu bestätigen und ein Hinrichtungsmoratorium zu verhängen mit dem Ziel, die Todesstrafe vollständig abzuschaffen.

APPELLE AN

PRÄSIDENT
His Excellency Abd Rabbu Mansour al-Hadi
Office of the President
Sana'a, JEMEN
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
Fax: (00 967) 1 274 147

GENERALSTAATSANWALT
His Excellency Ali Ahmed Nasser al-Awash
Attorney General's Office
Sana'a, JEMEN
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
Fax: (00 967) 1 374 412


KOPIEN AN

JUSTIZMINISTER
His Excellency Murshed Ali al-Arashani
Ministry of Justice
Sana'a, JEMEN
Fax: (00 967) 1 222 015
E-Mail: moj@yemen.net.ye

BOTSCHAFT DER REPUBLIK JEMEN
Herrn Abdulrahman Abdulla Salem Bahabib, Gesandter (Geschäftsträger a.i.)
Budapester Str. 37, 10787 Berlin
Fax: 030-8973 0562
E-Mail: info@botschaft-jemen.de

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort, so dass Ihre Appelle noch vor dem 28. Juni 2013 eintreffen. Schreiben Sie in gutem Arabisch, Englisch oder auf Deutsch.


PLEASE WRITE IMMEDIATELY
  • Calling on the president to halt the execution of Abdul Bari Mahmoud Abdul Hamid, Ahmad Mahmoud Abdul Hamid, and Abdul Jalil Hammoud Abdul Haq.
  • Calling on the authorities to commute the death sentences of the three men, as well as those of all other prisoners under sentence of death.
  • Reminding them that they are bound by international standards of fair trial in capital cases, including the right to be presumed to be under the age of majority when in doubt and the right to seek pardon or commutation of the sentence.
  • Urging the president to stop ratifying death sentences and establish a moratorium on executions, with a view to completely abolishing the death penalty.

HINTERGRUNDINFORMATIONEN - FORTSETZUNG

In einigen Gerichten im Jemen wird die Todesstrafe dennoch gegen StraftäterInnen, die zur Tatzeit möglicherweise noch nicht volljährig waren, verhängt. Amnesty International weiß von mindestens 26 zum Tode verurteilten Personen, die möglicherweise jugendliche StraftäterInnen sind, und weiteren 200 solcher StraftäterInnen, denen die Todesstrafe droht.

Am 16. Juni 2012 wurde ein offizieller Ausschuss für medizinische Untersuchungen zur Bestimmung des Alters jugendlicher StraftäterInnen gegründet, der vor allem bei Fällen zum Einsatz kommen soll, in denen keine Geburtsurkunden vorliegen. Der medizinische Ausschuss wird von UNICEF und der Europäischen Kommission unterstützt und finanziert. Weil jedoch entsprechende Gesetze fehlen und der Status des Ausschusses nicht genau definiert ist, konnte er bisher noch keine wirksame Arbeit leisten. Im Februar 2013 hatte der jemenitische Präsident die Wiedereinsetzung eines Ausschusses für medizinische Untersuchungen gefordert. An dem Fall von Abdul Bari Mahmoud Abdul Hamid war der Ausschuss nicht beteiligt.

Amnesty International erkennt das Recht und die Pflicht von Regierungen an, Personen, die einer als Straftat erkennbaren Handlung verdächtigt werden, vor Gericht zu stellen. Die Organisation wendet sich aber grundsätzlich gegen die Todesstrafe, da sie die grausamste, unmenschlichste und erniedrigendste aller Strafen und einen Verstoß gegen das Recht auf Leben darstellt.

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Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-130/2013, AI-Index: MDE 31/013/2013, Datum: 17. Mai 2013 - ek
Amnesty International, Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V.
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Internet: www.amnesty.de/ua; www.amnesty.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 23. Mai 2013