Schattenblick →INFOPOOL →BÜRGER/GESELLSCHAFT → AMNESTY INTERNATIONAL

AKTION/1499: Urgent Action - Türkei, Gewalt gegen Prostestierende stoppen


ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-144/2013, AI-Index: EUR 44/014/2013, Datum: 3. Juni 2013 - bs

Türkei
Gewalt gegen Prostestierende stoppen!



DEMONSTRIERENDE IN ISTANBUL UND ANDEREN STÄDTEN

Seit dem 29. Mai sind in der Türkei über 2000 Menschen verletzt worden, nachdem die Polizei mit Wasserwerfern und Tränengas gegen Protestierende vorgegangen ist.

Die Proteste begannen am 27. Mai im Gezi-Park am Taksim-Platz im Zentrum von Istanbul. Einige hundert Demonstrierende besetzten den Park, um damit gegen die Zerstörung des Geländes durch ein dort geplantes Einkaufszentrum zu protestieren. Am frühen Morgen des 29. Mai begann die Polizei damit, die Protestierenden zu vertreiben, wobei sie mit exzessiver Gewalt und Tränengas vorging. In der Nacht des 30. Mai schlossen sich bis zu 3000 Menschen den Protesten an. Sie wurden am frühen Morgen von der Polizei aus dem Park vertrieben, die Wasserwerfer und Tränengas einsetzte. Zahlreiche Menschen wurden im Zuge der Polizeieinsätze verletzt.

Seit dem 31. Mai greifen die Proteste auf das gesamte Land über. Bis zum 2. Juni wurden hunderte Proteste aus 67 Provinzen gemeldet. Laut Angaben der Türkischen Medizinervereinigung sind in Istanbul mindestens 1500 Menschen verletzt worden, in der türkischen Hauptstadt Ankara gab es 400 Verletzte, weitere 420 in Izmir. Die Türkische Medizinervereinigung hat erklärt, dass die Mehrzahl der Verletzungen auf den Einsatz von Wasserwerfern und Tränengas zurückzuführen ist. Amnesty International verurteilt den großflächigen Einsatz von Tränengas und Wasserwerfen, um friedliche Demonstrationen aufzulösen. Videoaufnahmen zeigen, dass die Polizei vorsätzlich Tränengaskanister auf Protestierende schleuderte. Auch an den Protesten nicht beteiligte PassantInnen bekamen die Auswirkungen des unverhältnismäßigen Tränengaseinsatzes zu spüren. So wurde Tränengas auch in abgeschlossenen Bereichen, wie der U-Bahnstation am Taksim-Platz und in Gebäuden eingesetzt, in denen Protestierende Zuflucht suchten.

Nach Angaben der Behörden wurden etwa 1000 Personen festgenommen. Zahlreiche Amateurvideos, die an den Demonstrationsorten aufgenommen wurden, zeigen, wie Sicherheitskräfte Protestierende schlagen, treten und mit Knüppeln auf sie einprügeln, auch auf Personen, die sich aufgrund des Tränengaseinsatzes nicht mehr wehren können.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Auf der Grundlage internationaler Menschenrechtsstandards soll die Entscheidung zur Auflösung einer Versammlung nur als letztes Mittel in Betracht gezogen werden und den Prinzipien der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit folgen. Internationale Standards wie die UN-Grundprinzipien für die Anwendung von Gewalt und den Gebrauch von Schusswaffen durch Beamte mit Polizeibefugnissen legen fest, dass die Polizei bei der Auflösung von Versammlungen die Anwendung von Gewalt zu vermeiden (hat) oder, soweit dies nicht praktikabel ist, die Gewalt auf das notwendige Mindestmaß zu beschränken hat.

Artikel 21 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte, zu dessen Vertragsstaaten die Türkei gehört, garantiert das Recht auf friedliche Versammlung und schreibt fest: "Die Ausübung dieses Rechts darf keinen anderen als den gesetzlich vorgesehenen Einschränkungen unterworfen werden, die in einer demokratischen Gesellschaft im Interesse der nationalen oder der öffentlichen Sicherheit, der öffentlichen Ordnung (ordre public), zum Schutz der Volksgesundheit, der öffentlichen Sittlichkeit oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig sind."


SCHREIBEN SIE BITTE

FAXE, E-MAILS ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Bitte stellen Sie den Einsatz von exzessiver Gewalt gegen friedlich demonstrierende Menschen sofort ein.
  • Ich bitte Sie außerdem, das Recht auf freie Meinungsäußerung und Versammlungsfreiheit zu gewährleisten.
  • Leiten Sie bitte umgehend eine unabhängige Untersuchung der Berichte über unverhältnismäßige Gewaltanwendung der Sicherheitskräfte ein und stellen Sie alle Angehörigen der Sicherheitskräfte, die für Misshandlungen von Demonstrierenden oder Unbeteiligten verantwortlich sind, vor Gericht.

APPELLE AN

MINISTERPRÄSIDENT
Mr Recep Tayyip Erdogan,
Office of the Prime Minister,
Basbakanlik,
06573 Ankara
TÜRKEI
(Anrede: Dear Prime Minister / Sehr geehrter Herr Ministerpräsident)
Fax: (00 90) 312 422 1899
E-Mail: ozelkalem@basbakanlik.gov.tr

INNENMINISTER
Mr. Muammer Güler
Içisleri Bakanligi
Bakanliklar
Ankara,
TÜRKEI
(Anrede: Dear Minister / Sehr geehrter Herr Minister)
Fax: (00 90) 312 418 1795


KOPIEN AN

VORSITZENDER DER PARLAMENTARISCHEN MENSCHENRECHTSKOMMISSION
Ayhan Sefer Üstün
TBMM Insan Haklari Inceleme Komisyonu
Bakanliklar, 06543 Ankara,
TÜRKEI
Fax: 00 90 312 420 53 94
E-Mail: insanhaklarikom@tbmm.gov.tr

BOTSCHAFT DER REPUBLIK TÜRKEI
S. E. Herrn Hüseyin Avni Karslioglu
Tiergartenstr. 19-21, 10785 Berlin
Fax: 030-2759 0915
E-Mail: botschaft.berlin@mfa.gov.tr


Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Türkisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 17. Juni 2013 keine Appelle mehr zu verschicken.


PLEASE WRITE IMMEDIATELY
  • Calling on the authorities to immediately end the excessive use of force against peaceful protestors;
  • Calling for them to ensure the right to freedom of expression and assembly;
  • Urging for a prompt, independent and impartial investigation into the excessive use of force and bring to justice law enforcement officials found to have ill-treated demonstrators or other members of the public.

*

Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-144/2013, AI-Index: EUR 44/014/2013, Datum: 3. Juni 2013 - bs
Amnesty International, Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V.
Kampagnen und Kommunikation
Zinnowitzer Straße 8, 10115 Berlin
Telefon: 030/42 02 48-306, Fax: 030/42 02 48 - 330
E-Mail: ua-de@amnesty.de; info@amnesty.de
Internet: www.amnesty.de/ua; www.amnesty.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 12. Juni 2013