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AKTION/1542: Urgent Action - Peru, Familie von Gewalt und Zwangsräumung bedroht


ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-182/2013, AI-Index: AMR 46/004/2013, Datum: 18. Juli 2013 - dw

Peru
Familie von Gewalt und Zwangsräumung bedroht



MAXIMA ACUÑA
UND IHRE FAMILIE

Maxima Acuña und ihre Familie sind von unnötiger und unverhältnismäßiger Gewaltanwendung durch die Polizei bedroht. Des Weiteren droht ihnen die Vertreibung aus ihrem Haus und von ihrem Land im nördlichen Teil Perus. Die Polizei versuchte bereits mehrmals, die Familie von dem Grundstück, auf dem sie leben und dessen Eigentümerschaft umstritten ist, mit Gewalt zu vertreiben. Maxima Acuña und ihre Familie stehen mit einem Bergbauunternehmen wegen der Eigentümerschaft des von ihnen bewohnten Grundstücks in Trogadero Grande im Bezirk Sorochuco der Region Cajamarca in Konflikt. Das Bergbauunternehmen Minera Yanacocha behauptet, Eigentümer des Grundstücks zu sein. Maxima Acuña und ihre Familie leben seit 1994 auf dem Grundstück und geben an, es damals gekauft zu haben.

Maxima Acuñas Anwalt hat Amnesty International berichtet, dass die Polizei die Familie im Laufe der vergangenen zwei Jahre schikaniert und angegriffen hat. Die Familie ist weiterhin in Gefahr, derartiger Gewalt zum Opfer zu fallen. Die Polizei hat auch versucht, die Familie gewaltsam zu vertreiben. Am Abend des 8. August 2011 betrat die Polizei Maxima Acuñas Haus und forderte sie auf, es zu verlassen. Am darauffolgenden Tag kamen die PolizeibeamtInnen wieder, beschädigten ihre Hütte, schlugen sie sowie ihre Kinder und brachten die Familie gewaltsam heraus, ohne einen Räumungsbefehl vorzulegen. Sie ließen die Familie obdachlos zurück. Am 30. Januar 2013 kamen erneut PolizistInnen zu Maxima Acuñas Haus, schlugen sie und ihre Familie, beschädigten ihr Eigentum und versuchten wieder, sie gewaltsam zur Räumung zu zwingen. Maxima Acuña berichtete, dass die Polizei das Grundstück erst verließ, als sie die örtlichen Medien und Menschenrechtsorganisationen einschaltete.

Ein Amtsgericht entschied am 29. Oktober 2012, dass sich die Familie der illegalen Besetzung des Grundstücks schuldig gemacht habe. Das Gericht verurteilte die Familie zu drei Jahren Haft auf Bewährung und ordnete an, dass sie Schadenersatzzahlungen leisten müssen. Maxima Acuña und die Menschenrechtsorganisation Grupo de Formación Integral para el Desarollo Sostenible (GRUFIDES) fechten die gerichtliche Entscheidung vor einem nächstinstanzlichen von Cajamarca an. Eine Entscheidung dieses Gerichts steht nun an.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Unter dem Völkerrecht werden bei rechtswidrigen Zwangsräumungen eine Reihe von Menschenrechten grob verletzt, darunter das in Artikel 11.1 des Internationalen Paktes über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte garantierte Recht auf angemessenes Wohnen und der in Artikel 17 des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte verbriefte Anspruch auf Schutz vor willkürlichen oder rechtswidrigen Eingriffen in das Privatleben, die Familie und die Wohnung. Gemäß den internationalen Standards zum Schutz der Menschenrechte sollten Räumungen selbst dann, wenn sie als gerechtfertigt angesehen werden, nur unter strenger Einhaltung der Bestimmungen des Völkerrechts und des Rechtsstaatsprinzips vorgenommen werden. Jede Anwendung von Gewalt muss sich an den Grundsätzen der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit orientieren. Peru ist Vertragsstaat des Internationalen Paktes über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte. Die peruanischen Behörden sind daher verpflichtet, das Recht auf angemessenes Wohnen zu achten, schützen und gewährleisten: Hierzu gehört auch das Verbot und die Verhinderung von rechtswidrigen Zwangsräumungen. Der UN-Ausschuss für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte bezeichnet eine Zwangsräumung als "dauerhafte oder zeitweise Vertreibung von Einzelpersonen, Familien und/oder Gemeinschaften aus von ihnen besetzten Häusern oder Grundstücken, ohne ihnen die Möglichkeit zu angemessenem rechtlichen oder anderweitigen Schutz zuzugestehen".


SCHREIBEN SIE BITTE

FAXE, E-MAILS ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Bitte sorgen Sie dafür, dass Maxima Acuña und ihre Familie nicht Opfer einer rechtswidrigen Zwangsräumung werden.
  • Ungeachtet der zu erwartenden richterlichen Entscheidung bitte ich Sie dringend, zu gewährleisten, dass keine unnötige und unverhältnismäßige Gewalt mehr angewandt wird. Ich bitte Sie zudem, eine umfassende und unparteiische Untersuchung der Angriffe und Schikanierung der Familie von Maxima Acuña durch die Polizei einzuleiten und die Verantwortlichen vor Gericht zu stellen.
  • Ich möchte Sie zudem daran erinnern, dass Räumungen selbst dann, wenn sie gerechtfertigt sein sollten, nur in Übereinstimmung mit allen internationalen rechtlichen und verfahrensrechtlichen Schutzmaßnahmen vorgenommen werden dürfen. Hierzu gehören eine wirksame Konsultation, angemessene Benachrichtigung und ein ernsthaftes Betrachten aller möglichen Alternativen zu einer Räumung. Zudem muss sichergestellt werden, dass niemand infolge einer Räumung obdachlos wird oder der Gefahr weiterer Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt wird.

APPELLE AN

GENERALSTAATSANWALT
Dr. José Antonio Peláez Bardales
Fiscal de la Nación
Av. Abancay cdra. 5 s/n
Lima, PERU
(Anrede: Sr. Fiscal de la Nación / Dear Attorney General / Sehr geehrter Herr Generalstaatsanwalt)
Fax: (00 511) 427 1792
E-Mail: ministeriopublico@mpfn.gob.pe

INNENMINISTER
Dr. Wilfredo Pedraza Sierra
Ministerio del Interior
Plaza 30 de Agosto s/n Urb. Corpac - San Isidro Lima, PERU
(Anrede: Sr. Ministro / Dear Minister / Sehr geehrter Herr Minister)
Fax: (00 511) 204 8110 (kombinierter Telefon-/ Faxanschluss, sagen Sie bitte: "Fax, por favor.")
E-Mail: jfjimene@minjus.gob.pe


KOPIEN AN

NICHTREGIERUNGSORGANISATION
GRUFIDES
Jr. José Galvez 430 - A
Barrio San Pedro, Cajamarca
PERU
E-Mail: info@grufides.org

BOTSCHAFT DER REPUBLIK PERU
S. E. Herrn José Antonio Meier Espinosa
Mohrenstr. 42
10117 Berlin
Fax: 030-2064 1077
E-Mail: info@embaperu.de


Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Spanisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 29. August 2013 keine Appelle mehr zu verschicken.


PLEASE WRITE IMMEDIATELY
  • Ensuring that Maxima Acuña and her family are not forcibly evicted.
  • Urging them to ensure there is no further unnecessary and excessive use of force regardless of the decision of the Superior Court, and calling on the authorities to order a thorough and impartial investigation into the attacks and harassment by the police against Maxima Acuña's family and bring those responsible to justice.
  • Reminding them that even where evictions are considered to be justified, they should only be carried out after all international legal and procedural safeguards have been applied, including genuine consultation, adequate notice, serious consideration of all feasible alternatives to evictions and ensuring that nobody is left homeless or vulnerable to other human rights violation as a result of evictions.

HINTERGRUNDINFORMATIONEN - FORTSETZUNG

Der UN-Ausschuss hat zudem betont, dass Räumungen nur als letztes Mittel und nach Ausschöpfung aller weiteren möglichen Alternativen in einer wirksamen Konsultation mit den Betroffenen vorgenommen werden dürfen. Räumungen sollten selbst dann, wenn sie als gerechtfertigt angesehen werden, nur unter strenger Einhaltung der Bestimmungen des Völkerrechts und des Rechtsstaatsprinzips vorgenommen werden. Der Ausschuss hat deutlich gemacht, dass Räumungen nur dann durchgeführt werden dürfen, wenn angemessene Verfahrensgarantien bestehen. Zu diesen zählen:

  • Die Möglichkeit einer wirksamen Konsultation mit den betroffenen Personen.
  • Eine angemessene und rechtzeitige vorherige Benachrichtigung der Betroffenen.
  • Das Bereitstellen von Informationen über die geplante Räumung und ggf. den Zweck, dem das Grundstück bzw. die Wohnanlage zugeführt werden soll. Dies sollte allen Betroffenen mit ausreichend Vorlauf zugänglich gemacht werden.
  • Die Anwesenheit von Regierungsbediensteten bzw. ihren VertreterInnen bei der Räumung.
  • Das ordentliche Ausweisen von allen an der Räumung Beteiligten.
  • Das Vermeiden von Räumungen bei sehr schlechtem Wetter oder bei Nacht, außer mit Einwilligung der Betroffenen.
  • Das Bereitstellen von Rechtsbehelfen.
  • Ggf. das Bereitstellen von Rechtshilfe für Personen, die sie benötigen, um Rechtsmittel bei Gericht einzulegen.
  • Das Bereitstellen angemessener alternativer Unterkünfte für diejenigen, die sie benötigen.
  • Das Entschädigen für alle Verluste.

Diese Bestimmungen gelten für alle Räumungen, ungeachtet der Wohnbesitzverhältnisse der betroffenen Personen. Niemand darf infolge einer Räumung obdachlos werden oder der Gefahr weiterer Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt werden.

Wenn Räumungen ohne Einhaltung der oben angeführten Verfahrensgarantien vorgenommen werden, sind sie als rechtswidrige Zwangsräumungen zu betrachten, die eine grobe Verletzung der Menschenrechte darstellen.

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Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-182/2013, AI-Index: AMR 46/004/2013, Datum: 18. Juli 2013 - dw
Amnesty International, Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V.
Kampagnen und Kommunikation
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Telefon: 030/42 02 48-306, Fax: 030/42 02 48 - 330
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Internet: www.amnesty.de/ua; www.amnesty.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 24. Juli 2013