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AKTION/1635: Urgent Action - Sudan, wieder droht einem Mann und einer Frau die Auspeitschung


ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-309/2013, AI-Index: AFR 54/025/2013, Datum: 12. November 2013 - mv

Sudan
Wieder droht einem Mann und einer Frau die Auspeitschung



Frau NAJLAA MOHAMMED ALI
Herr AMIN SENADA

Zwei MenschenrechtsaktivistInnen müssen sich im Sudan am 13. November wegen "anstößigen Verhaltens" vor Gericht verantworten. Ihnen droht eine Gefängnis- oder Prügelstrafe.

Najlaa Mohammed Ali und Amin Senada wurden am 21. Oktober in Port Sudan im Nordosten des Landes von Angehörigen der Polizei sowie Sicherheitskräften in ihrem Auto umstellt und festgenommen. Najlaa Mohammed Ali ist Anwältin und Menschenrechtsaktivistin und hatte sich mit Amin Senada, der ebenfalls Aktivist ist, getroffen, um einen Workshop zu planen. Nach ihrem Treffen stiegen beide in das Auto, mit dem Najlaa Mohammed Ali zu ihrem Treffpunkt gekommen war. Während der Fahrt erhielt der Fahrer des Wagens einen Anruf und hielt an, um diesen entgegenzunehmen. Wenige Minuten später näherten sich dem Auto zwei bewaffnete Männer. Eigenen Angaben zufolge handelte es sich bei ihnen um Angehörige der sudanesischen Polizei für Öffentliche Ordnung (Public Order Police - POP). Kurze Zeit später schlossen sich ihnen sechs weitere PolizeibeamtInnen sowie Sicherheitskräfte an. Sie beschuldigten Amin Senada, seine Hand auf die Schulter von Najlaa Mohammed Ali gelegt zu haben und forderten die beiden auf, ihnen zur POP zu folgen. Sie drohten den beiden mit Gewalt, sollten sie sich weigern, der Aufforderung nachzukommen.

Auf der Polizeiwache behaupteten die PolizeibeamtInnen, sie hätten Najlaa Mohammed Ali und Amin Senada beim Küssen im Wagen gestellt. Beide wurden gemäß Artikel 152 des sudanesischen Strafgesetzbuchs von 1991 wegen "anstößigen Verhaltens" angeklagt. Die Polizei weigerte sich, die beiden gegen Kaution freizulassen. Amin Senada verbrachte die Nacht in einer Zelle, Najlaa Mohammed Ali auf einem Stuhl sitzend neben dem Eingang der Polizeiwache. Am nächsten Tag wurden beide freigelassen.

Das Verfahren gegen Najlaa Mohammed Ali und Amin Senada findet am 13. November statt. Im Fall eines Schuldspruchs drohen ihnen gemäß Artikel 152 bis zu 40 Peitschenhiebe. Es wird vermutet, dass die Anklage auf die Menschenrechtsaktivitäten von Najlaa Mohammed Ali zurückzuführen ist. Sie hatte unter anderem im September an landesweiten Demonstrationen teilgenommen.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Artikel 152 des sudanesischen Strafgesetzbuchs von 1991 ist Teil einer Reihe von Gesetzen und Praktiken, die als das System der Öffentlichen Ordnung bekannt sind. Sie gestatten die Verhängung von körperlichen Züchtigungsstrafen für Verhalten, das als unmoralisches Verhalten in der Öffentlichkeit oder manchmal auch im Privaten betrachtet wird, und werden auf eine Vielzahl von Menschen, insbesondere Frauen, in ganz Sudan angewendet.

Artikel 152 führt aus: "(1) Wer in der Öffentlichkeit eine anstößige Handlung begeht oder sich anstößig verhält oder in einer Weise, die der öffentlichen Moral zuwiderläuft oder anstößige oder unmoralische Kleidung trägt, die ein öffentliches Ärgernis erregt, wird mit bis zu 40 Peitschenhieben oder einer Geldbuße oder beidem bestraft. (2) Die Handlung läuft dann der öffentlichen Moral zuwider, wenn sie gemäß dem religiösen Standard der betreffenden Person oder den Sitten des Landes, in dem die Handlung stattfindet, als solche betrachtet wird." Das Gesetz über die öffentliche Ordnung führt nicht genau aus, was als anstößige oder unmoralische Kleidung zu betrachten ist und gibt damit der Polizei für Öffentliche Ordnung (Public Order Police - POP) große Freiheit zu entscheiden, ob eine Person sich "in anstößiger Weise oder der öffentlichen Moral zuwiderlaufender Weise" verhalten hat oder "anstößige oder unmoralische Kleidung trägt, die öffentliches Ärgernis erregt". Das System der Öffentlichen Ordnung umfasst die POP und die Gerichte für Öffentliche Ordnung, die die Züchtigungsstrafen verhängen können.

Im August erlangte der Fall von Amira Osman Hamed, einer sudanesischen Menschenrechtlerin, weltweite Aufmerksamkeit. Sie wurde gemäß Artikel 152 angeklagt, weil sie sich geweigert hatte, in der Öffentlichkeit ihr Haar zu bedecken. Das Verfahren gegen sie ist bereits mehrmals vertagt worden (siehe UA-253/2013-1).

Weitere Informationen finden Sie unter folgendem Link:
http://www.amnesty.de/urgentaction/ua-253-2013/drohende-auspeitschung.


BITTE SCHREIBEN SIE

LUFTPOSTBRIEFE ODER E-MAILS MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Ich möchte Sie höflich auffordern, die Anklage gegen Najlaa Mohammed Ali und Amin Senada umgehend und bedingungslos fallenzulassen.
  • Bitte schaffen Sie die Prügelstrafe ab, denn sie verstößt gegen das uneingeschränkte Verbot der Folter und anderer grausamer, unmenschlicher und erniedrigender Behandlung oder Strafe.
  • Sorgen Sie bitte auch dafür, dass Artikel 152 des Strafgesetzbuchs von 1991 in Übereinstimmung mit den Verpflichtungen des Sudan aus dem von ihm unterzeichneten internationalen Menschenrechtsabkommen aufgehoben wird.

APPELLE AN

PRÄSIDENT
HE Omar Hassan Ahmad al-Bashir
Office of the President
People's Palace
PO Box 281
Khartoum, SUDAN
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)

JUSTIZMINISTER
Mohamed Bushara Dousa
Ministry of Justice
PO Box 302
Al Nil Avenue
Khartoum
SUDAN
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
E-Mail: moj@moj.gov.sd


KOPIEN AN

INNENMINISTER
Ibrahim Mahmoud Hamed
Ministry of Interior
PO Box 873
Khartoum
SUDAN
BOTSCHAFT DER REPUBLIK SUDAN
S. E. Herrn Baha'aldin Hanafi Mansour Waheesh
Kurfürstendamm 151
10709 Berlin
Fax: 030-8940 9693
E-Mail: poststelle@botschaft-sudan.de oder
sudaniberlin@hotmail.de


Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Arabisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 24. Dezember 2013 keine Appelle mehr zu verschicken.


PLEASE WRITE IMMEDIATELY
  • Urging the authorities to drop the charges against Najlaa Mohammed Ali and Amin Senada immediately and unconditionally.
  • Calling on them to abolish the penalty of flogging, which violates the absolute prohibition against torture and other cruel, inhuman or degrading treatment or punishment.
  • Urging them to repeal Article 152 of the Criminal Code of 1991, in conformity with their obligations under international human rights law.

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Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-309/2013, AI-Index: AFR 54/025/2013, Datum: 12. November 2013 - mv
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Internet: www.amnesty.de/ua; www.amnesty.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 16. November 2013