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AKTION/1691: Urgent Action - Tadschikistan, Oppositioneller stirbt im Gefängniskrankenhaus


ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-315/2013-1, AI-Index: EUR 60/001/2014, Datum: 22. Januar 2014 - ar

Tadschikistan
Oppositioneller stirbt im Gefängniskrankenhaus



UMED TOJIEV, 34-jähriger Oppositioneller

Umed Tojiev verstarb am 19. Januar in einem Gefängniskrankenhaus. Er soll zuvor gefoltert und anderweitig misshandelt worden sein, um ihn zu dem "Geständnis" zu zwingen, terroristische Handlungen begangen zu haben. Daraufhin sprang er aus einem Fenster im dritten Stock der Polizeistation in der Region Sughd und brach sich beide Beine. Umed Tojiev ist im Zentralkrankenhaus des Hauptdirektorats zur Strafverfolgung (Main Directorate of Implementation of Criminal Punishment - MDICP) in der Region Sughd gestorben. Er war am 4. Januar aus der Untersuchungshaft in dieses Gefängniskrankenhaus verlegt worden. Laut seines Rechtsbeistands wurde "Thromboembolie" als offizieller Grund für seinen Tod genannt. Die Verteidigung von Umed Tojiev hat angekündigt, Beschwerde über die Behandlung von Umed Tojiev in der Untersuchungshaft einzulegen.

Der 34-jährige Umed Tojiev war Landarbeiter und gehörte der oppositionellen Partei der Islamischen Wiedergeburt (Islamic Renaissance Party - IRP) an. Er wurde am 30. Oktober 2013 auf einem Markt in der Region Sughd festgenommen. Erst am 13. November durfte er sich mit einem Rechtsbeistand treffen. Seiner Familie zufolge wurde Umed Tojiev in der Haft gefoltert und anderweitig misshandelt. Zwischen dem 30. Oktober und dem 2. November sollen mehrere BeamtInnen ihm offenbar eine Plastiktüte über den Kopf gezogen und ihm Schlaf, Nahrung und Wasser vorenthalten haben. Außerdem sollen sie ihm durch nassen Stoff hindurch Elektroschocks verabreicht haben, um keine Misshandlungsspuren zu hinterlassen. Umed Tojiev sprang daraufhin aus Verzweiflung aus einem Fenster im dritten Stock der Polizeistation in Sughd. Aussagen eines Anwalts zufolge musste Umed Tojiev bei einem Treffen mit ihm in den Raum getragen werden, da er nicht allein gehen konnte. Er habe gezittert und geweint und gesagt, dass er zu einem "Geständnis" gezwungen worden sei.

Umed Tojiev brach sich beide Beine und wurde vier Tage lang im Krankenhaus behandelt. Am 5. November wurde er in Erwartung seines Verfahrens in Isolationshaft genommen. Umed Tojiev wurde zwar bis zu seiner Verlegung ins Krankenhaus vom Gefängnisarzt betreut, seine Familie ist jedoch der Ansicht, dass er nur unzureichend medizinisch versorgt wurde.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Amnesty International kritisiert, dass in Tadschikistan regelmäßig die Menschenrechte verletzt werden, um gegen Personengruppen vorzugehen, die als Bedrohung der nationalen Sicherheit angesehen werden. Dabei geraten häufig auch Zivilpersonen ins Visier der Behörden. Die Erkenntnisse von Amnesty International deuten darauf hin, dass religiöse Bewegungen und islamistische Gruppierungen bzw. Parteien besonders oft betroffen sind und dass Personen, denen islamistischer Extremismus vorgeworfen wird, besonders stark von Folter und anderer Misshandlung bedroht sind.

Amnesty International ist besorgt über anhaltende Berichte routinemäßiger Folter und anderer Misshandlung von Personen, denen Vergehen im Zusammenhang mit der nationalen Sicherheit und religiösem Extremismus vorgeworfen werden und die in Hafteinrichtungen festgehalten werden, die dem Staatskomitee für nationale Sicherheit (State Committee of National Security - SCNS) oder auch speziellen Abteilungen des Innenministeriums unterstehen, so z. B. der "sechsten Abteilung", die sich mit organisierter Kriminalität befasst. Das SCNS ist verantwortlich für Terrorismusbekämpfung, innere Sicherheit, Betrugsfälle und die Überwachung von nicht eingetragenen oder verbotenen Gruppen, Organisationen und Parteien.


SCHREIBEN SIE BITTE

FAXE, E-MAILS ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Leiten Sie bitte umgehend eine unparteiische und unabhängige Untersuchung der Umstände ein, die zum Tod von Umed Tojiev führten, und untersuchen Sie dabei auch die Frage nach der Angemessenheit seiner Behandlung. Stellen Sie bitte zudem sicher, dass die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden.
  • Sorgen Sie bitte dafür, dass die Rechtsbeistände und Familienangehörigen von Umed Tojiev Einsicht in alle Krankenakten erhalten, die während seines Gewahrsams und Krankenhausaufenthalts angefertigt worden sind.

APPELLE AN

GENERALSTAATSANWALT
Sherkhon Salimzoda
126 A. Sino Avenue
Dushanbe 734043
TADSCHIKISTAN
(Anrede: Dear Prosecutor General /
Sehr geehrter Herr Generalstaatsanwalt)
Fax: (00 992) 372 21 02 59
(Bei Fax bitte darum bitten, den Brief an den Generalstaatsanwalt weiterzuleiten)

INNENMINISTER
Ramazon Rahimov
29 Tekhron Street
Dushanbe 734025
TADSCHIKISTAN
(Anrede: Dear Minister / Sehr geehrter Herr Minister)
Fax: (00 992) 372 21 26 48


KOPIEN AN

OMBUDSMANN
Zarif Alizoda
Ombudsperson
7 Dzhalol Ikromi
Dushanbe 734025
TADSCHIKISTAN
Fax: (00 992) 372 21 79 69
Email: info@ombudsman.tj

BOTSCHAFT DER REPUBLIK TADSCHIKISTAN
S. E. Herrn Imomudin Sattorov
Perleberger Straße 43
10559 Berlin
Fax: 030-3479 3029
E-Mail: info@botschaft-tadschikistan.de


Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Tadschikisch, Russisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 5. März 2014 keine Appelle mehr zu verschicken.

Weitere Informationen zu UA-315/2013 (EUR 60/009/2013, 28. November 2013)


PLEASE WRITE IMMEDIATELY
  • Urging the authorities to launch a prompt, impartial and independent investigation into the circumstances leading to the death of Umed Tojiev, including adequacy of his treatment, and ensure that those responsible are brought to justice.
  • Urging the authorities to ensure that his lawyers and family are provided with full medical records from the period of his detention and hospitalisation.

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Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-315/2013-1, AI-Index: EUR 60/001/2014, Datum: 22. Januar 2014 - ar
Amnesty International, Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 30. Januar 2014