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AKTION/1743: Urgent Action - Bahrain, Verfahrenswiederaufnahme trotz Foltervorwürfen


ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-232/2013-1, AI-Index: MDE 11/012/2014, Datum: 28. März 2014 - ar

Bahrain
Verfahrenswiederaufnahme trotz Foltervorwürfen



Frau NAFEESA AL-'ASFOOR
Frau RAYHANA AL-MOUSAWI

Das Verfahren gegen zwei Frauen, die im Rahmen einer Protestveranstaltung gegen den Grand Prix 2013 versucht hatten, sich Zutritt zu der Formel-1-Rennstrecke zu verschaffen, wurde am 25. März wieder aufgenommen. Eine der beiden Frauen war bereits in einem separaten Fall zu fünf Jahren Haft verurteilt worden. Beide sagten vor Gericht aus, gefoltert worden zu sein.

Das Verfahren gegen Nafeesa al-'Asfoor und Rayhana al-Mousawi begann am 12. Dezember 2013 und wurde am 25. März vor dem Hohen Strafgericht wieder aufgenommen. Beiden Frauen wird auf der Grundlage des Antiterrorgesetzes "Besitz von Sprengkörpern" und "Vorsatz terroristischer Handlungen" vorgeworfen. Sie hatten 2013 versucht, sich im Rahmen einer Protestveranstaltung gegen den Grand Prix Zutritt zu der Formel-1-Rennstrecke zu verschaffen. Nafeesa al-'Asfoor und Rayhana al-Mousawi weisen die Vorwürfe von sich. Rayhana al-Mousawi sagte bei einer Anhörung am 12. Januar aus, während des Verhörs gefoltert und zur Unterzeichnung eines "Geständnisses" gezwungen worden zu sein. Darüber hinaus soll sie ausgesagt haben, sich bei der Staatsanwaltschaft über ihre Behandlung beschwert zu haben, woraufhin ein Angehöriger der Staatsanwaltschaft ihr mit weiteren Verhören drohte, wenn sie die "Geständnisse" nicht unterschreibe. Berichten zufolge forderte der Richter sie daraufhin auf, den Saal zu verlassen, statt die Foltervorwürfe zu untersuchen. Bei der Anhörung am 25. März gaben die ZeugInnen der Verteidigung ihre Aussagen ab, und das Verfahren wurde auf den 16. April vertagt. Nafeesa al-'Asfoor und Rayhana al-Mousawi haben offiziell Beschwerde bei der Sonderermittlungseinheit (Special Investigation Unit - SIU) und der Ombudsstelle des Innenministeriums eingelegt und gefordert, dass ihre Folter- und Misshandlungsvorwürfe untersucht werden. Die SIU hat beide Frauen offenbar zu den Vorwürfen vernommen, allerdings sind bisher noch keine Ergebnisse veröffentlicht worden und niemand ist in Verbindung mit den Vorwürfen zur Verantwortung gezogen worden.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Im Vorfeld des Formel-1-Rennens in Bahrain im April 2013 kam es zwischen Protestierenden und Sicherheitskräften zunehmend zu Zusammenstößen, die sich auch während der Veranstaltung fortsetzten. Zahlreiche Personen wurden festgenommen. Am 24. April sagte die Regierung Bahrains einen geplanten Besuch des damaligen UN-Sonderberichterstatters über Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe Juan Mendez zum zweiten Mal innerhalb von zwei Jahren ab.

Rayhana al-Mousawi wurde gemeinsam mit 49 Männern am 30. September 2013 wegen Verbindungen zur "Koalition 14. Februar" verurteilt. Einige der Angeklagten erhielten Haftstrafen von bis zu 15 Jahren. Rayhana al-Mousawi wurde wegen "Mitgliedschaft in und Teilhabe an den Aktivitäten einer terroristischen Organisation [der "Koalition 14. Februar"]" zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt. Amnesty International hat sich damals besorgt über das Gerichtsverfahren gezeigt, das den internationalen Standards für faire Verfahren bei Weitem nicht genügte.

Viele der Angeklagten gaben an, gefoltert worden zu sein, manchmal auch mit Elektroschocks, um sie zu einem "Geständnis" zu zwingen. Statt die Foltervorwürfe zu untersuchen, verwendete das Gericht ihre "Geständnisse" als Beweise gegen sie. Zudem waren die Angeklagten ohne Haftbefehl festgenommen worden. Einige von ihnen wurden offenbar mit Gewalt von zuhause abgeholt, nachdem die Sicherheitskräfte die Haustür eingetreten hatten. Die Rechtsbeistände der Angeklagten legten vor Gericht Beschwerde ein, weil sie ihre MandantInnen nicht besuchen durften. Die Verteidigung durfte keine ZeugInnen aufrufen, und einige ZeugInnen der Staatsanwaltschaft sagten offenbar ebenfalls nicht vor Gericht aus, was der Verteidigung das Recht verwehrte, diese ZeugInnen ins Kreuzverhör zu nehmen. Einige der Angeklagten verbüßten bereits Haftstrafen oder waren wegen anderen Fällen in Untersuchungshaft und wurden vor Gericht gestellt, ohne zu wissen, dass neue Anschuldigungen gegen sie vorlagen. Sie waren bei diesem Verfahren de facto nicht durch Rechtsbeistände vertreten. Einer der Angeklagten, 'Abd 'Ali Khair, wurde offenbar zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt, nur weil er eine E-Mail weitergeleitet hatte, die eine Aussage der "Koalition 14. Februar" enthielt. Im März 2014 stufte die bahrainische Regierung die "Koalition 14. Februar" gemeinsam mit zwei weiteren Gruppen als terroristische Organisation ein. Zuvor waren drei Polizeibeamte durch eine Bombenexplosion getötet worden.


SCHREIBEN SIE BITTE

FAXE, TWITTERNACHRICHTEN ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Bitte stellen Sie dringend sicher, dass in dem Verfahren gegen Nafeesa al-'Asfoor und Rayhana al-Mousawi keine Aussagen, die mutmaßlich unter Folter gemacht wurden, als Beweise gegen sie verwendet werden. Lassen Sie zudem alle Anklagen fallen, die lediglich mit der friedlichen Wahrnehmung ihres Rechts auf Meinungs- und Vereinigungsfreiheit in Verbindung stehen.
  • Leiten Sie bitte umgehend eine unabhängige und unparteiische Untersuchung der Vorwürfe ein, Nafeesa al-'Asfoor und Rayhana al-Mousawi seien gefoltert und anderweitig misshandelt worden, veröffentlichen Sie die Ergebnisse und stellen Sie die Verantwortlichen vor Gericht.

APPELLE AN

KÖNIG
Shaikh Hamad bin 'Issa Al Khalifa
Office of His Majesty the King
P.O. Box 555
Rifa'a Palace
al-Manama, BAHRAIN
(Anrede: Your Majesty / Majestät)
Fax: (00 973) 1766 4587

INNENMINISTER
Shaikh Rashid bin 'Abdullah Al Khalifa
Ministry of Interior
P.O. Box 13
al-Manama, BAHRAIN
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
Fax: (00 973) 1723 2661
Twitter: @moi_Bahrain


KOPIEN AN

MINISTER FÜR JUSTIZ UND ISLAMISCHE ANGELEGENHEITEN
Shaikh Khalid bin Ali Al Khalifa
Ministry of Justice and Islamic Affairs
P.O. Box 450
al-Manama
BAHRAIN
Fax: (00 973) 1753 1284
E-Mail: minister@justice.gov.bh
Twitter: @Khaled_Bin_Ali

BOTSCHAFT DES KÖNIGREICHS BAHRAIN
S. E. Herrn Ebrahim Mohmood Ahmed Abdulla
Klingelhöfer Str. 7
10785 Berlin
Fax: 030-8687 7788
E-Mail: info@bahrain-embassy.de oder über die Website
http://www.bahrain-embassy.de/kontakt/


Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Arabisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 9. Mai 2014 keine Appelle mehr zu verschicken.

Weitere Informationen zu UA-232/2013 (MDE 11/034/2013, 21. August 2013)


PLEASE WRITE IMMEDIATELY
  • Urging the authorities to ensure no statements marred by allegations of torture are used as evidence against Nafeesa al-'Asfoor and Rayhana al-Mousawi in their trial, and drop any charges against them that stem solely from their peaceful exercise of their rights to freedom of expression and association.
  • Urging them to ensure there is a prompt, independent and impartial investigation into Nafeesa al-'Asfoor and Rayhana al-Mousawi's allegations of torture and other ill-treatment, publish the results and bring those responsible to justice.

HINTERGRUNDINFORMATIONEN - FORTSETZUNG

Die "Koalition 14. Februar" ist eine Bewegung mehrerer bahrainischer Jugendgruppen, die nach dem Tag benannt wurde, an dem 2011 die Unruhen begannen, und die von nicht namentlich bekannten Menschen getragen wird, die Proteste überwiegend über soziale Medien im Internet organisieren.

Mehr als drei Jahre nach dem Aufstand in Bahrain und den angekündigten Reformen befinden sich immer noch gewaltlose politische Gefangene in Haft - darunter auch Demonstrierende, die während der Proteste festgenommen wurden. Die Rechte auf freie Meinungsäußerung sowie Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit werden weiterhin unterdrückt. In den vergangenen Monaten wurde gewaltlosen politischen Gefangenen nicht nur die Freilassung verwehrt, es ist sogar vermehrt zu Inhaftierungen von Personen gekommen, die auf Twitter oder bei Demonstrationen friedlich ihre Meinung geäußert haben. Bahrainische Gerichte scheinen stärker darauf bedacht zu sein, sich der Regierung anzupassen, als wirksame Rechtsmittel für BahrainerInnen anzubieten und die Rechtsstaatlichkeit aufrechtzuerhalten.

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Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-232/2013-1, AI-Index: MDE 11/012/2014, Datum: 28. März 2014 - ar
Amnesty International, Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 3. April 2014