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AKTION/535: Urgent Action - Bahrain - Drei weitere Tote bei Protesten


ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-029/2011-1, AI-Index: MDE 11/005/2011, Datum: 17.2.11 - jf

BAHRAIN:
Drei weitere Tote bei Protesten

Weitere Informationen zu UA-029/2011 (MDE 11/004/2011, 15. Februar 2011)


Herr ISA ABDULHASAN, 60 Jahre
Herr MAHMOOD MAKI 'ALI, 23 Jahre
Herr 'ALI MANSOOR AHMED KHUDAIR, 52 Jahre

In der Nacht zum 17. Februar wurden in Bahrain drei weitere Menschen getötet, als Angehörige der Bereitschaftspolizei ein Nachtlager der Demonstrierenden stürmten. Damit sind in Bahrain seit dem 14. Februar mittlerweile fünf Menschen ums Leben gekommen. Der Tod von Isa Abdulhasan (60 Jahre), Mahmood Maki 'Ali (23 Jahre) und 'Ali Mansoor Ahmed Khudair (52 Jahre) ereignete sich in den frühen Morgenstunden des 17. Februar, nachdem Angehörige der Bereitschaftspolizei die Demonstrierenden, die auf dem Pearl Roundabout ("Perlenplatz") in der bahrainischen Hauptstadt Manama kampierten, allem Anschein nach unter Anwendung von massiver Gewalt auseinandergetrieben hatten. Augenzeug_innen berichteten Amnesty International, dass die Bereitschaftspolizist_innen das Lager ohne Vorwarnung gegen 2 Uhr morgens gestürmt hatten. Seit dem Beginn der friedlichen Demonstrationen am 14. Februar, dem "Tag des Zorns" (Day of Rage), bei denen die Teilnehmer ihren Wunsch nach politischen Reformen zum Ausdruck bringen, kampieren viele Männer, Frauen und Kinder auf dem Pearl Roundabout.

Angehörige der Bereitschaftspolizei setzten zum Auseinandertreiben der Demonstrierenden Tränengas, Schlagstöcke, Gummigeschosse und Luftgewehre ein. Einem Augenzeugen zufolge versammelte sich ein Bataillon der Bereitschaftspolizei auf der Brücke und schoss von dort aus auf Demonstrierende, während ein zweites Bataillon von der gegenüberliegenden Seite auf die Menschenmenge feuerte, die sich in Sicherheit zu bringen versuchte. Ein weiterer Augenzeuge beschrieb die Situation mit den Worten: "Die Demonstrierenden werden angegriffen! Frauen und Kinder laufen und schreien, es gibt kein Entkommen. Die Bereitschaftspolizei ist überall und greift aus allen Ecken an. Viele Menschen sind verletzt, auf dem gesamten Platz herrschen Panik und Chaos. Alle Menschen dort laufen und schreien."

Augenzeug_innen berichten zudem, dass Sicherheitskräfte den Zugang für Krankenwagen zu dem Pearl Roundabout blockierten. Sanitäter_innen würden aus Angst vor Angriffen nicht wagen, den Platz zu betreten. Um die Verletzten vor Angriffen zu schützen, brachten Demonstrierende sie daher selbst in einem Marsch zum Krankenhaus. Vor dem Krankenhaus versammelten sich sehr viele Menschen, die Blut spenden wollten. Auch Menschenrechtler_innen waren am Morgen des 17. Februar vor Ort. Berichten zufolge wurden bereits mehrere Demonstrierende festgenommen; Menschenrechtsverteidiger_innen befürchten, dass sich diese Festnahmewelle innerhalb der nächsten Stunden und Tage weiter fortsetzen könnte.

Am 14. Februar war 'Ali 'Abdulhadi Mushaima' bei einer Demonstration im Dorf al-Daih im Norden Bahrains erschossen worden; Berichten zufolge soll es sich bei den Schüssen um scharfe Munition gehandelt haben. Ein weiterer Mann, Fadhel 'Ali Matrook, wurde am 15. Februar während der Teilnahme an dem Trauerzug für 'Ali 'Abdulhadi Mushaima' von Kugeln aus einer Schrotflinte getroffen und erlag wenig später im Krankenhaus seinen Verletzungen.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Auf mehreren Internetseiten sowie über Facebook und Twitter wurde zu den Protesten am "Tag des Zorns" (Day of Rage) aufgerufen, die zum 10. Jahrestag der bahrainschen National Action Charter stattfinden sollten. Die Demonstrierenden ließen sich von den Protesten in Tunesien und Ägypten inspirieren und verlangten mehr Freiheit, die Freilassung aller politischen Gefangenen, eine neue Verfassung und eine gewählte Regierung. Die prominenteste schiitische politische Gruppe al-Wefaq soll Berichten zufolge ihre Teilhabe an den Parlamentssitzungen vom 15. Februar ausgesetzt haben, um gegen den Tod der beiden Demonstrierenden sowie die Methoden der Polizei zu protestieren. In Artikel 3 des am 17. Dezember 1979 von der UN-Generalversammlung in Resolution 34/169 verabschiedeten Verhaltenskodexes für Beamte mit Polizeibefugnissen heißt es: "Diese Bestimmung betont, dass Gewaltanwendung durch Beamte mit Polizeibefugnissen die Ausnahme darzustellen hat; obwohl sie impliziert, dass Beamte mit Polizeibefugnissen zur Verhütung von Verbrechen oder bei der Vornahme bzw. Unterstützung der rechtmäßigen Festnahme von Straffälligen oder Verdächtigen berechtigt sein können, in einem entsprechend den gegebenen Umständen notwendigen Maß Gewalt anzuwenden, darf darüber hinaus keine Gewalt angewendet werden."


EMPFOHLENE AKTIONEN

SCHREIBEN SIE BITTE FAXE ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

- Ich fordere Sie auf, die unverhältnismäßige Gewaltanwendung gegenüber den Demonstrierenden unverzüglich einzustellen.

- Weiterhin bitte ich Sie eindringlich darum, keine weiteren Demonstrierenden mehr festzunehmen und mit sofortiger Wirkung die Demonstrierenden freizulassen, die im Rahmen der Proteste ihr Recht auf Versammlungsfreiheit und freie Meinungsäußerung ausgeübt haben.

- Des Weiteren fordere ich Sie höflich auf, sofort eine umfassende und unabhängige Untersuchung der Gründe für den Tod von 'Ali 'Abdulhadi Mushaima', Fadhel 'Ali Matrook, Isa Abdulhasan, Mahmood Maki 'Ali und 'Ali Mansoor Ahmed Khudair einzuleiten. Falls Angehörige der Polizei in unverhältnismäßiger Weise Gewalt angewendet haben sollten, dringe ich nachdrücklich darauf, die Verantwortlichen vor Gericht zu stellen.

- Ich appelliere an Sie, in Bahrain die Rechte auf freie Meinungsäußerung, Bewegungs- und Versammlungsfreiheit zu gewährleisten.


APPELLE AN

KÖNIG
Shaikh Hamad bin 'Issa Al Khalifa
Office of His Majesty the King
P.O. Box 555
Rifa'a Palace, al-Manama
BAHRAIN
(korrekte Anrede: Your Majesty)
Fax: (00 973) 1766 4587

INNENMINISTER
Shaikh Rashid bin 'Abdullah bin
Ahmad Al Khalifa
Ministry of Interior
P.O. Box 13, al-Manama
BAHRAIN
(korrekte Anrede: Your Excellency)
Fax: (00 973) 1723 2661

PREMIERMINISTER
Prince Khalifa bin Salman Al Khalifa
Prime Minister
Office of the Prime Minister
P.O. Box 1000, al-Manama,
BAHRAIN
(korrekte Anrede: Your Highness/Königliche Hoheit)
Fax: (00 973) 1753 3033


KOPIEN AN

BOTSCHAFT DES KÖNIGREICHS BAHRAIN
S.E. Herrn Ahmed Mohamed Yousif
Aldoseri
Klingelhöfer Str. 7, 10785 Berlin
Fax: 030-8687 7788
E-Mail: info@bahrain-embassy.de


Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort.
Schreiben Sie in gutem Arabisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnellan Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 31. März 2011 keine Appelle mehr zu verschicken.


PLEASE WRITE IMMEDIATELY

- Urge the authorities to immediately stop using excessive force against the protesters;

- Urge the authorities to refrain from arresting and immediately free protesters who were exercising their right to freedom of assembly and freedom of expression;

- Urge the authorities to set up an immediate, thorough and independent investigation into the deaths of 'Ali 'Abdulhadi Mushaima' , Fadhel 'Ali Matrook, Isa Abdulhasan, Mahmood Maki 'Ali and 'Ali Mansoor Ahmed Khudair, and ensure that any police found to have used excessive force are brought to justice;

- Urge the authorities to respect and protect the right of freedom expression, movement and assembly in Bahrain.


*


Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-029/2011-1, AI-Index: MDE 11/005/2011, Datum: 17.2.11 - jf
Amnesty International, Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V.
Greifswalder Str. 4, 10405 Berlin
Telefon: 030/42 02 48-306
Fax: 030/42 02 48 - 330
E-Mail: presse@amnesty.de
Internet: www.amnesty.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 23. Februar 2011