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AKTION/595: Urgent Action - Russische Föderation - Tadschiken droht Ausweisung


ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-084/2011, AI-Index: EUR 46/013/2011, Datum: 22. März 2011 - mr

RUSSISCHE FÖDERATION
Tadschiken droht Ausweisung


NIZOMHON JURAEV, tadschikischer Staatsbürger

Dem Tadschiken Nizomhon Juraev droht die Ausweisung aus Russland nach Tadschikistan, obwohl er in der Russischen Föderation Asyl beantragt hat. Sollte er nach Tadschikistan zurückgeführt werden, drohen ihm dort Folter und andere Misshandlungen.

2007 wurde in Tadschikistan ein Strafverfahren gegen Nizomhon Juraev, einen ehemaligen örtlichen Parlamentarier und Geschäftsmann aus der tadschikischen Region Soghd, eröffnet. Man klagte ihn zusammen mit 33 weiteren Personen wegen Gewalttaten im Rahmen des organisierten Verbrechens sowie wegen Wirtschaftsverbrechen und unerlaubten Waffenbesitzes an. Einigen der Angeklagten legte man darüber hinaus die Tötung des ehemaligen stellvertretenden Staatsanwalts im Jahr 1999 zur Last. Als das Strafverfahren begann, hielt sich Nizomhon Juraev in Russland auf.

2009 wurden 31 Menschen, überwiegend Angehörige von Nizomhon Juraev oder Mitarbeiter_innen seiner Firma, zu langen Gefängnisstrafen verurteilt. Laut tadschikischen Medien und Rechtsanwält_innen sollen einige von ihnen sowie andere Personen, die im Zusammenhang mit diesem Fall vorübergehend inhaftiert und verhört wurden, gefoltert worden sein. Ein Mann, der von Russland nach Tadschikistan ausgewiesen worden war, berichtete dem russischen Anwalt, der mit Nizomhon Juraevs Fall in Russland betraut ist, dass die Polizei ihm im September 2008 Vergewaltigung androhte, um ein "Geständnis" gegen Nizomhon Juraev zu erzwingen. Im Gerichtsverfahren berichteten mehrere Angeklagte, wie sie beispielsweise mit Elektroschocks gefoltert wurden.

Trotz dieser Informationen nahmen die russischen Behörden Nizomhon Juraev aufgrund eines Auslieferungsantrags der tadschikischen Behörden im August 2010 in Moskau in Haft. Im Februar 2011 entschied der russische Generalstaatsanwalt, dass er ausgeliefert werden könne. Nizomhon Juraev hatte aber in Russland Asyl beantragt. Sein erster Antrag wurde abgelehnt. Gegen die Ablehnung hat er Rechtsmittel eingelegt und darüber hinaus die Entscheidung des Generalstaatsanwalts angefochten, ihn auszuliefern. Es besteht jedoch die Gefahr, das er während des anhängigen Rechtsmittelverfahrens ausgeliefert wird.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Amnesty International untersucht Menschenrechtsverletzungen in Tadschikistan und setzt sich für ein Ende von Folter und Misshandlung von Gefangenen und anderen Personen durch Angehörige der Polizei, Straffreiheit für die Folterer, unmenschliche Haftbedingungen in den Gefängnissen, Einschränkungen der Meinungsfreiheit und Gewalt gegen Frauen ein.

Berichten zufolge drohen Rechtsanwält_innen, Menschenrechtsverteidiger_innen, Journalist_innen und Angehörigen von Folteropfern Vergeltungsmaßnahmen, wenn sie Foltervorwürfe erheben. Auch möchten die Betroffenen in der Regel keine Anzeige wegen Menschenrechtsverletzungen durch Angehörige der Polizei erstatten, da sie sich dadurch einer erhöhten Gefahr aussetzen, zum Beispiel durch konstruierte Anklagen in Strafverfahren.

Amnesty International befürchtet, dass Nizomhon Juraev nach Tadschikistan ausgeliefert oder abgeschoben werden könnte, obwohl er in der Russischen Föderation Asyl beantragt hat. In den vergangenen Jahren hat die Russische Föderation mehrere Personen in Länder wie Tadschikistan oder Usbekistan ausgeliefert, obwohl sie rechtlich dazu verpflichtet ist, diesen Menschen Schutz zu gewähren. Amnesty International erkennt an, dass die Russische Föderation bei der Verbesserung des Schutzes von Flüchtlingen und Asylsuchenden Fortschritte macht. Die Organisation ist jedoch nicht überzeugt davon, dass die bestehenden rechtlichen Mechanismen zum Schutz von Asylsuchenden und Flüchtlingen voll umgesetzt werden. Daher ist Amnesty International besorgt, dass Nizomhon Juraev nach Tadschikistan ausgeliefert werden könnte, obwohl Russland Vertragsstaat der Genfer Flüchtlingskonvention von 1951, der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) sowie anderer internationaler Abkommen ist, in denen diese Rechte verbrieft sind.


EMPFOHLENE AKTIONEN

SCHREIBEN SIE BITTE FAXE ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

- Ich möchte Sie mit Nachdruck auffordern, Nizomhon Juraev nicht auszuliefern.

- Ich möchte Sie höflich daran erinnern, dass Sie gemäß internationalen Menschenrechtsabkommen Personen nicht in Länder ausliefern oder abschieben dürfen, in denen ihnen Folter oder andere Misshandlungen drohen könnten.

- Bitte prüfen Sie, ob Nizomhon Juraev im Rahmen der Genfer Flüchtlingskommission als Flüchtling anerkannt werden kann ebenso wie andere Formen internationalen Schutzes, falls ihm der Flüchtlingsstatus gemäß der Konvention nicht zusteht.


APPELLE AN

GENERALSTAATSANWALT DER RUSSISCHEN FÖDERATION
Yuri Yakovlevich Chaika
Prosecutor General's Office of the Russian Federation
Bolshaia Dmitrovka, 15 A
125993 Moscow
RUSSISCHE FÖDERATION
(korrekte Anrede: Dear Prosecutor General)
Fax: (00 7) 495 987 58 41


KOPIEN AN

STADTGERICHT MOSKAU
Moscow City Court
Bogorodskii Val, d. 8
Moscow 107076
RUSSISCHE FÖDERATION
Fax: (00 7) 495 963 9359
BOTSCHAFT DER RUSSISCHEN FÖDERATION
S. E. Herrn Vladimir M. Grinin
Unter den Linden 63-65
10117 Berlin
Fax: 030-2299 397
E-Mail: info@Russische-Botschaft.de


Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Russisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 3. Mai 2011 keine Appelle mehr zu verschicken.


PLEASE WRITE IMMEDIATELY

- Urge the Russian authorities not to extradite Nizomhon Juraev.

- Remind them of their obligation under international human rights law not to deport or extradite any person to a country where they are at risk of torture and/or other ill-treatment.

- Ask the Russian authorties to consider Nizomhon Juraev's appeal for refugee status in line with the 1951 Convention relating to the Status of Refugees as well as his need for other forms of international protection if he does not qualify for refugee status.


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Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-084/2011, AI-Index: EUR 46/013/2011, Datum: 22. März 2011 - mr
Amnesty International, Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 26. März 2011