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AKTION/604: Urgent Action - VR China - Aktivist in Haft und Familie unter Hausarrest


ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-092/2011, AI-Index: ASA 17/014/2011, Datum: 29. März 2011 - bs

VR CHINA
Aktivist in Haft
Familie unter Hausarrest


DING FANGGUAN (auch unter dem Namen GU CHUAN bekannt), 30-jähriger Schriftsteller und Menschenrechtler

Ding Fangguan, der unter dem Pseudonym Gu Chuan schreibt, wurde am 19. Februar festgenommen. Seitdem hat er keinen Kontakt zur Außenwelt und ist somit in Gefahr, gefoltert und anderweitig misshandelt zu werden. Seine 28-jährige Ehefrau Li Xinai und die beiden Kinder stehen in der Wohnung der Familie in Peking rechtswidrig unter Hausarrest.

Am Nachmittag des 19. Februar durchsuchten etwa zwei Dutzend PolizistInnen die Wohnung von Ding Fangguan und Li Xinai. Sie beschlagnahmten zwei Computer, zwei Mobiltelefone und mehrere Bücher. Dann führten sie Ding Fangguan ab. Die Polizei hat Li Xinai bislang weder die Gründe für die Festnahme ihres Mannes noch den Haftort mitgeteilt. Stattdessen drohten sie ihr und erklärten, von ihrer Kooperationsbereitschaft hinge ab, was mit Ding Fangguan passiere. Seit der Festnahme ihres Mannes befindet sich Li Xinai unter rechtswidrigem Hausarrest. Die Kontaktaufnahme mit ihr über das Internet wird von den Behörden verhindert. Ihre beiden Kinder, 21 und 4 Monate, sind bei ihr.

Am 23. März teilte man Li Xinai mit, die Familie müsse aus der Wohnung ausziehen. Die Polizei übt bereits seit einem Jahr Druck auf den Vermieter aus, den Mietvertrag mit der Familie zu kündigen. Wenn die Familie aus der Wohnung vertrieben würde, hätte sie Schwierigkeiten, eine neue Wohnung zu mieten, weil die Polizei auch dann wieder ähnlichen Druck ausüben würde. Und selbst wenn sie eine neue Wohnung fänden, wären sie dort weiterhin strenger Überwachung ausgesetzt.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Ding Fangguan, der unter dem Pseudonym Gu Chuan bekannt ist, war von 2005 bis 2008 Onlineredakteur der Webseite "Blog China". Er hat zudem auch Artikel für verschiedene Print- und Onlinemagazine verfasst, darunter Minzhu Zhongguo (Demokratisches China) und die Zeitung Southern Metropolis Daily. Zum ersten Mal wurde die Wohnung von Ding Fangguan und Li Xinai im April 2010 durchsucht. Damals hielt die Polizei Ding Fangguan sieben Stunden lang fest und verhörte ihn. Online-Aufrufe, im Februar 2011 in Anlehnung an die Proteste im Nahen Osten und in Nordafrika in der VR China eine eigene "Jasmin-Revolution" durchzuführen, haben die größte Verhaftungswelle seit Jahren ausgelöst. Seit Ende Februar sind über 100 AktivistInnen, von denen viele bei Twitter oder in Blogging-Netzwerken aktiv sind, von den Sicherheitskräften inhaftiert, beschattet oder eingeschüchtert worden. Einige von ihnen sind bis heute "verschwunden". Die Aufrufe im Internet zu einer "Jasmin-Revolution" enthielten die Aufforderung, an Sonntagnachmittagen im gesamten Land über ausgewählte öffentliche Plätze zu "spazieren". Angesichts des großen Aufgebots an Sicherheitskräften fanden allerdings keine nennenswerten Versammlungen statt.


EMPFOHLENE AKTIONEN

SCHREIBEN SIE BITTE E-MAILS ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

- Bitte lassen Sie Ding Fangguan sofort und bedingungslos frei, sofern ihm keine international als Straftat anerkannte Handlung zur Last gelegt wird.

- Sorgen Sie dafür, dass er Zugang zu seiner Familie, einem rechtlichen Beistand seiner Wahl und, falls erforderlich, zu medizinischer Versorgung erhält.

- Ich bitte Sie zudem sicherzustellen, dass Ding Fangguan in der Haft weder gefoltert noch anderweitig misshandelt wird.

- Sorgen Sie außerdem dafür, dass die Drangsalierungen und Einschränkungen der Bewegungsfreiheit von Li Xinai aufgehoben werden.

- Leiten Sie wirksame Schritte ein, um die Rechte auf freie Meinungsäußerung, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit zu garantieren. Das schreibt sowohl die chinesische Verfassung als auch der Internationale Pakt über bürgerliche und politische Rechte fest, den China unterzeichnet hat und in naher Zukunft ratifizieren will.


APPELLE AN

LEITER DES BÜROS FÜR ÖFFENTLICHE SICHERHEIT IN PEKING
FU Zhenghua Juzhang
Beijingshi Gong'anju , 9 Dongdajie, Qianmen
Dongchengqu, Beijingshi 100740
VOLKSREPUBLIK CHINA
(korrekte Anrede: Dear Chairman)
Fax: (00 86) 10 6524 2927
E-Mail: master@xinjiang.gov.cn

MINISTER FÜR ÖFFENTLICHE SICHERHEIT
MENG Jianzhu Buzhang
Gong'anbu
14 Dongchang'anjie
Dongchengqu
Beijingshi 100741
VOLKSREPUBLIK CHINA
(korrekte Anrede: Your Excellency)

MINISTERPRÄSIDENT DER VR CHINA
WEN Jiabao Guojia Zongli
The State Council General Office
2 Fuyoujie, Xichengqu, Beijingshi 100017
VOLKSREPUBLIK CHINA
(korrekte Anrede: Your Excellency)
Fax: (00 86) 10 6596 1109
(c/o Ministry of Foreign Affairs)


KOPIEN AN

BOTSCHAFT DER VOLKSREPUBLIK CHINA
S.E. Herrn Wu Hongbo
Märkisches Ufer 54
10179 Berlin
Fax: 030-27 58 82 21
E-Mail: de@mofcom.gov.cn


Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Chinesisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 10. Mai 2011 keine Appelle mehr zu verschicken.


PLEASE WRITE IMMEDIATELY

- release Ding Fangguan immediately and unconditionally unless they can show reasonable grounds for suspecting him of having committed an internationally recognizable criminal offence;

- ensure he has access to family, legal representation of his choice, and any medical care he may require;

- guarantee that Ding Fangguan will not be tortured or ill-treated while he remains in custody;

- end all harassment and restrictions on Li Xinai's freedom of movement;

- take effective measures to guarantee freedom of expression, association and assembly in line with China's Constitution and the International Covenant on Civil and Political Rights which China has signed and declared an intention to ratify.


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Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-092/2011, AI-Index: ASA 17/014/2011, Datum: 29. März 2011 - bs
Amnesty International, Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V.
Greifswalder Str. 4, 10405 Berlin
Telefon: 030/42 02 48-306
Fax: 030/42 02 48 - 330
E-Mail: presse@amnesty.de
Internet: www.amnesty.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 2. April 2011