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AKTION/620: Urgent Action - Südkorea - Gewerkschafter droht Abschiebung


ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-034/2011-2, AI-Index: ASA 25/005/2011, Datum: 4. April 2011 - pn

SÜDKOREA
Gewerkschafter droht Abschiebung

Weitere Informationen zu UA-034/2011 (ASA 25/001/2011, 18. Februar 2011 und ASA 25/003/2011, 9. März 2011)


MICHEL CATUIRA, Gewerkschafter

Am 17. und 29. März 2011 wies die koreanische Einwanderungsbehörde den Antrag auf Verlängerung des Aufenthaltsstatus des Vorsitzenden der südkoreanischen Migrantengewerkschaft (MTU) Michel Catuira ab. Ihm droht nun die Ausweisung aus Südkorea, noch bevor seine Rechtsmittel vollständig gehört wurden, obwohl eine einstweilige Anordnung des Gerichts vorliegt, die dies verhindern sollte. Die koreanische Einwanderungsbehörde lehnte am 17. März Michel Catuiras Antrag auf Verlängerung seines Visums ab. Am 29. März wies die Behörde seinen Antrag auf ein G-1 Visum ab, das normalerweise allen gewährt wird, die aufgrund besonderer Umstände vorübergehend im Land bleiben müssen; dazu zählt auch das Anwesendsein bei Gerichtsverfahren. Ohne einen Aufenthaltstitel droht Michel Catuira noch vor Abschluss seines Berufungsverfahrens die Ausweisung. Die Weigerung der Einwanderungsbehörde, Michel Catuira ein G-1 Visum auszustellen, bedeutet faktisch, dass ihm das Recht auf ein ordentliches Gerichtsverfahren, und somit das Recht auf einen fairen Prozess, verweigert wird.

Am 2. März erließ das Verwaltungsgericht Nr. 12 in Seoul eine einstweilige Anordnung, die Michel Catuiras Ausweisung aus Südkorea vorerst untersagt. Nichtsdestotrotz erhielt Michel Catuira von der Einwanderungsbehörde die Anweisung, das Land bis zum 31. März zu verlassen oder anderenfalls abgeschoben zu werden. Das Berufungsverfahren vor dem Verwaltungsgericht wird voraussichtlich Ende April beginnen. Sowohl Michel Catuira als auch Angehörige der Einwanderungsbehörde sollen in dieser Verhandlung aussagen. Es ist unklar, wie lange der Prozess dauern wird, da Verhandlungen in Südkorea von einem Monat bis zu einem Jahr dauern können.

Der 38-jährige Michel Catuira ist philippinischer Staatsbürger und wird seit Ende Juli 2010 von den Behörden drangsaliert. Die südkoreanische Regierung weigert sich, die MTU rechtmäßig anzuerkennen und hat seit ihrer Gründung im Jahr 2005 mehrfach hart gegen GewerkschaftsführerInnen durchgegriffen.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Michel Catuira lebt seit Februar 2006 im Rahmen des südkoreanischen Systems der Erteilung von Arbeitsgenehmigungen (Employment Permit System - EPS) offiziell als Arbeitsmigrant in Südkorea. Er arbeitete bislang in einer Schuhfabrik in Seoul. 2009 wurde er der Vorsitzende der Migrantengewerkschaft (MTU).

Im Juli 2010 wurde er vom Arbeitsministerium zusammen mit seinem Arbeitgeber wegen des Verdachts auf Vortäuschung eines Beschäftigungsverhältnisses zu einem Gespräch vorgeladen. Das Ministerium konnte keinen Verstoß gegen die Arbeits- oder Einwanderungsgesetze feststellen. Es wurde jedoch vermerkt, dass die Schuhfabrik, in der Michel Catuira arbeitete, nur eine geringe Auftragslage hat. Wesentliches Ziel des Systems der Erteilung von Arbeitsgenehmigungen ist es, an Firmen im Bedarfsfall ausländische Arbeitskräfte zu vermitteln. In einer Mitteilung an den Arbeitgeber von Michel Catuira regte das Arbeitsministerium daher an, einen Antrag auf Wechsel des Arbeitsplatzes zu stellen.

Im November 2010 wurde Michel Catuira von einem Untersuchungsausschuss der südkoreanischen Einwanderungsbehörde vorgeladen. Gegen ihn, so hieß es in der Begründung, bestehe "der Verdacht, mit seinem Antrag auf Wechsel des Arbeitsplatzes und durch die Art und Weise der derzeitigen Verrichtung seiner Tätigkeit gegen das Einwanderungskontrollgesetz verstoßen zu haben". Der Ausschuss kam zu dem Ergebnis, Michel Catuira sei nicht in der Schuhfabrik angestellt, sein Arbeitsvisum sei deshalb unter Verstoß gegen Paragraph 89.1 des Einwanderungskontrollgesetzes in "betrügerischer Absicht" beantragt worden. Am 10. Februar widerrief die Einwanderungsbehörde das Arbeitsvisum und forderte Michael Catuira am 14. Februar auf, Südkorea bis zum 7. März zu verlassen. Die koreanische Regierung hat seit Gründung der MTU im Jahr 2005 bereits mehrere ihrer GewerkschaftsführerInnen festgenommen und abgeschoben. Die gezielte Art und Weise dieses Verhaltens deutet darauf hin, dass die Behörden versuchen, die MTU an ihrer rechtmäßigen gewerkschaftlichen Tätigkeit zu hindern.


EMPFOHLENE AKTIONEN

SCHREIBEN SIE BITTE E-MAILS, FAXE ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

- Ich fordere Sie höflich auf, der einstweiligen Anordnung des Gerichts Folge zu leisten und bis zum Abschluss des Berufungsverfahrens keine weiteren Maßnahmen gegen Michel Catuira zu ergreifen. Dies würde eine Verlängerung seines Aufenthaltsstatus und den Verzicht auf einen Ausweisungsbefehl einschließen.

- Unterbinden Sie umgehend alle Praktiken, die ArbeitsmigrantInnen daran hindern bzw. davon abhalten, sich gewerkschaftlich zu engagieren.

- Ich ersuche Sie eindringlich, sofort alle Hürden zu beseitigen, die einer aktiven Mitgliedschaft in der Migrantengewerkschaft "Seoul-Gyeonggi-Incheon Migrants' Trade Union" (MTU) im Wege stehen. Erkennen Sie insbesondere an, dass es sich bei ihr um eine Gewerkschaft handelt, die in Übereinstimmung mit koreanischen und internationalen Rechtsvorschriften und Standards die Interessen von ArbeitsmigrantInnen vertritt.


APPELLE AN

LEITER DER EINWANDERUNGSBEHÖRDE
SEOK Dong-hyun
Korea Immigration Service
1-19 Gwacheon, NC Building 8th Floor
Byeolyang-dong
Gwacheon
Gyeonggi Povince 427-705
REPUBLIK KOREA
(korrekte Anrede: Dear Commissioner
Fax: (00 82) 2 500 9097 oder (00 82) 2 500 9059

JUSTIZMINISTER
LEE Kwi-nam
Ministry of Justice
Gwacheon Government Complex
88 Gwanmoon-ro, Gwacheon
Gyeonggi Province 427-720
REPUBLIK KOREA
(korrekte Anrede: Dear Minister)
Fax: (00 82) 2 503 3532 oder (00 82) 2 503 7023
E-Mail: webmaster@moj.go.kr


KOPIEN AN

ARBEITSMINISTER
Bahk Jae-wan
Ministry of Employment and Labour
Gwacheon Government Complex
88 Gwanmoon-ro
Gwacheon
Gyeonggi Province 427-718
REPUBLIK KOREA
Fax: (00 82) 2 503 6623
E-Mail: molab506@moel.go.kr

BOTSCHAFT DER REPUBLIK KOREA
S.E. Herrn Tae Young MOON
Stülerstraße 8
10787 Berlin
Fax: 030-2 60 65 51
E-Mail: koremb-ge@mofat.go.kr


Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Koreanisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 16. Mai 2011 keine Appelle mehr zu verschicken.


PLEASE WRITE IMMEDIATELY

- Respect the injunction to halt all immigration measures while Michel Catuira's appeal is being heard. This includes restoring Michel Catuira's permission to change workplace and visa status and refraining from executing his deportation order.

- Immediately stop all practices which result in obstacles or deterrents for migrant workers to actively participate in trade unions.

- Immediately remove obstacles preventing migrant workers from participating in the Seoul-Gyeonggi-Incheon Migrants' Trade Union (MTU), in particular by recognizing its status as a legal union in South Korea in line with domestic and international law and standards.


WEITERE HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Nach Einschätzungen von Amnesty International ist dies der jüngste Versuch der südkoreanischen Behörden, die Arbeit der MTU stark einzuschränken und die Rechte der ArbeitsmigrantInnen zu schwächen. Hierbei sind insbesondere das Recht auf Vereinigungsfreiheit und das Recht, sich in Gewerkschaften zu organisieren, betroffen. Die Rechte auf Vereinigungsfreiheit, Tarifverhandlungen und Kollektivmaßnahmen sind von der koreanischen Verfassung geschützt und gelten ausnahmslos für jedermann, auch für ArbeitsmigrantInnen.


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Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-034/2011-2, AI-Index: ASA 25/005/2011, Datum: 4. April 2011 - pn
Amnesty International, Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V.
Greifswalder Str. 4, 10405 Berlin
Telefon: 030/42 02 48-306
Fax: 030/42 02 48 - 330
E-Mail: presse@amnesty.de
Internet: www.amnesty.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 7. April 2011