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AKTION/747: Urgent Action - Kuba - Protestierende dürfen nicht Mundtot gemacht werden


ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-256/2011, AI-Index: AMR 25/003/2011, Datum: 25. August 2011 - gs

Kuba
Protestierende dürfen nicht Mundtot gemacht werden


TANIA MONTOYA VÁZQUEZ
FRAUEN der Organisation Damas de Blanco

Seit Mitte Juli 2011 werden weibliche Familienmitglieder und UnterstützerInnen ehemaliger gewaltloser politischer Gefangener daran gehindert, ihre wöchentlichen friedlichen Protestmärsche gegen politisch motivierte Inhaftierungen abzuhalten. Am 28. August müssen sie wiederum damit rechnen, dass staatliche Stellen ihr Vorhaben zu vereiteln versuchen werden.

In den vergangenen Monaten sind in Santiago de Cuba und umliegenden Städten im Südosten des Landes Mitglieder der Damas de Blanco (Damen in Weiß), einer Gruppe von weiblichen Familienangehörigen ehemaliger gewaltloser politischer Gefangener und derzeit noch in Haftbefindlicher politischer Gefangener, von den Sicherheitskräften und Regierungsanhängern tätlich angegriffen und in Haft genommen worden. Das gleiche Schicksal traf Mitglieder der Hilfsorganisation Damas de Apoyo. Beide Organisationen haben jeweils am Sonntag vor dem Gottesdienst Schweigemärsche mit der Forderung nach Freilassung von Gefangenen durchzuführen versucht, die sich ihrer Einschätzung nach wegen regierungskritischer Aktivitäten in Haft befinden.

Am 21. August fand in der Stadt Palma Soriana in der Wohnung von Aimée Garcès Layva ein Treffen von elf Damas-Frauen statt, während vor dem Haus rund 100 PolizistInnen und Regierungstreue stundenlang Präsenz zeigten. Als die Frauen das Haus verlassen wollten, wurden sie von PolizeibeamtInnen gestoßen, an den Haaren gezogen und schließlich gezwungen, in Busse einzusteigen. Nach wenigen Kilometern Fahrt mussten die Frauen in Polizeiwagen umsteigen und wurden schließlich in der Nähe ihrer Wohnorte in den Provinzen Santiago de Cuba und Holguín aus den Fahrzeugen herausgelassen. Etwa zur selben Zeit wurde in Palma Soriano auch die Wohnung von Tania Montoya Vázquez mehrere Stunden lang von der Polizei umstellt, so dass sie selbst und zwei weitere Frauen, die sich zu dem Zeitpunkt ebenfalls in der Wohnung befanden, das Gebäude nicht verlassen konnten. Fünf andere in der Stadt Santiago lebende Damas-Frauen wurden noch vor Erreichen der Kathedrale festgenommen und stundenlang auf Polizeiwachen festgehalten.

Am 7. August besuchten 21 Damas-Frauen einen Gottesdienst in der Kathedrale von Santiago de Cuba. Als sie das Kirchengebäude verließen, wurden sie von zahlreichen Regierungstreuen und PolizistInnen umstellt und nach eigenen Angaben beschimpft und tätlich angegriffen. Die PolizeibeamtInnen zwangen die Frauen in einen Bus, fuhren mit ihnen in ihre Heimatprovinzen zurück und ließen sie einige Kilometer von ihren Wohnungen entfernt aus dem Fahrzeug heraus. Bereits am 17. und 24. Juli, als die Frauen in El Cobre und Palma de Soriano in der Provinz Santiago de Cuba an Gottesdiensten teilnehmen wollten, waren sie an friedlichen Protestaktionen gehindert werden. Für den 28. August planen sie nun einen Schweigemarsch und den Besuch eines Gottesdienstes in der Kathedrale von Santiago de Cuba.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Im Jahr 2003 haben die kubanischen Behörden an mehreren Tagen insgesamt 75 Männer und Frauen festgenommen, die in friedlicher Weise Kritik an der Regierung geübt hatten. Die Inhaftierten wurden seinerzeit im Schnellverfahren vor Gericht gestellt und zu Freiheitsstrafen von bis zu 28 Jahren verurteilt. Nach Einschätzung von Amnesty International handelte es sich bei ihnen um gewaltlose politische Gefangene. Inzwischen haben sie alle ihre Freiheit wieder zurückerhalten.

Die Damen in Weiß organisieren friedliche Protestmärsche, auf denen sie Blumen verteilen und zur Freilassung von inhaftierten Familienmitgliedern und Freunden aufrufen. Das Europäische Parlament verlieh der Organisation im Jahr 2005 den Sacharow-Preis für geistige Freiheit.

Die Organisation Damas de Apoyo entstand als eine Solidaritätsgruppe zur Unterstützung von und Teilnahme an Aktivitäten der Damen in Weiß.In den östlichen Provinzen Santiago de Cuba, Hulguín, Las Tunas, Granman und Guantánamo sind inzwischen 35 Gruppen der Damen in Weiß und der Damas de Apoyo aktiv.

Frauen beider Organisationen sind im Zusammenhang mit ihren friedlichen Aktivitäten wiederholt schikaniert und eingeschüchtert worden. Am 18. August 2011 wollten 49 Frauen der Damen in Weiß und der Damas de Apoyo im Zentrum von Havanna eine Kundgebung veranstalten, um damit ihren Kolleginnen in Santiago de Cuba und anderen im Osten des Landes gelegenen Provinzen ihre Solidarität zu bekunden. AnhängerInnen der Regierung zwangen die Frauen jedoch unter Anwendung von Gewalt in ihre Wohnungen zurück. Am 14. August reisten 22 der Damen in Weiß nach Santiago de Cuba, um in der dortigen Kathedrale einen Gottesdienst zu besuchen. Allerdings gelangten nur drei von ihnen in das Gotteshaus hinein. Fünf Frauen wurden vor Beginn der Messe festgenommen und stundenlang auf den verschiedenen Polizeistationen der Stadt in Haft gehalten. Die übrigen 14 Frauen der Gruppe wurden an einem Polizeiposten elf Kilometer außerhalb der Stadt angehalten und von Polizistinnen aus dem Bus herausgeholt, in dem sie unterwegs waren. Neun der Frauen wurden unter Fußtritten und Schlägen in Polizeiwagen gezerrt und zu ihren Wohnungen zurückgefahren, darunter Belkis Cantillo Ramírez, Ehefrau des ehemaligen gewaltlosen politischen Gefangenen José Daniel Ferrer García.


EMPFOHLENE AKTIONEN

SCHREIBEN SIE BITTE E-MAILS, FAXE ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

- Ich fordere Sie auf, den Damen in Weiß und den Damas de Apoyo uneingeschränkt die Genehmigung zu erteilen, an Sonntagen friedliche Protestmärsche durchzuführen und Gottesdiensten beizuwohnen.

- Ich appelliere an Sie, Schikanen und Einschüchterungsversuche gegenüber den Damen in Weiß, den Damas de Apoyo und allen übrigen BürgerInnen des Landes einzustellen, die lediglich von ihren Rechten auf freie Meinungsäußerung und Vereinigungsfreiheit in friedlicher Weise Gebrauch machen.


APPELLE AN

STAATS- UND REGIERUNGSCHEF
Raúl Castro Ruz
Presidente, La Habana, KUBA
(korrekte Anrede: Su Excelencia / Your Excellency/ Exzellenz)
Fax: (0053) 7 833 30 85 (über das Außenministerium) oder
(001) 212 779 16 97 (über die ständige Vertretung Kubas bei der UN)
E-Mail: cuba@un.int (c/o ständige Vertretung von Kuba bei der UN)

INNENMINISTER
General Abelardo Coloma Ibarra
Ministro del Interior y Prisiones
Ministerio del Interior, Plaza de la Revolución,
La Habana, KUBA (korrekte Anrede: Su Excelencia / Exzellenz)
Fax: (001) 2 127 791 697 (über die ständige Vertretung Kubas bei der UN)
E-Mail: correominint@mn.mn.co.cu


KOPIEN AN

ERSTER SEKRETÄR DER KOMMUNISTISCHEN PARTEI VON SANTIAGO DE CUBA
Primer Secretario del PCC de Sabtiago de Cuba
Herr Lázaro Espósito
Avenida Garzón 51
Plaza de Martes
Santiago de Cuba
Provincia de Santiago de Cuba
KUBA

BOTSCHAFT DER REPUBLIK KUBA
S.E. Herrn Raúl Becerra Egaña
Stavanger Str. 20 10439 Berlin
Fax: 030-916 4553
E-Mail: consulberlin@t-online.de


Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Spanisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 6. Oktober 2011 keine Appelle mehr zu verschicken.


PLEASE WRITE IMMEDIATELY

- Calling on the authorities to permit the Damas de Blanco and Damas de Apoyo to march peacefully on Sundays and attend religious services without unreasonable restrictions.

- Asking them to cease immediately the harassment and intimidation of the Damas de Blanco, Damas de Apoyo and any other citizens who seek to exercise peacefully their rights to freedom of expression and association.


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Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-256/2011, AI-Index: AMR 25/003/2011, Datum: 25. August 2011 - gs
Amnesty International, Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V.
Greifswalder Str. 4, 10405 Berlin
Telefon: 030/42 02 48-306
Fax: 030/42 02 48 - 330
E-Mail: presse@amnesty.de
Internet: www.amnesty.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 30. August 2011