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AKTION/778: Urgent Action - Syrien - Tod im Gewahrsam


ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-268/2011-1, AI-Index: MDE 24/052/2011, Datum: 13. September 2011 - ns

Syrien
Tod im Gewahrsam

Weitere Informationen zu UA-268/2011 (MDE 24/050/2011, 8. September 2011)


In Haft gestorben:
Herr GHAYATH MATTAR
Herr YAYHA SHURBAJI
Herr MA'AN SHURBAJI
Herr MOHAMED TAYSEER KHOULANI
Herr MAZEN ZYADEH

Der 26-jährige syrische Aktivist Ghayath Mattar soll im Gewahrsam getötet worden sein, nachdem er von syrischen Sicherheitskräften am 6. September festgenommen worden war. Seine Leiche wurde am 10. September der Familie übergeben. Die vier mit ihm zusammen festgenommenen Aktivisten sind in großer Gefahr.

Vier Tage nach der Festnahme händigten die syrischen Sicherheitskräfte der Familie den Leichnam von Ghayath Mattar aus. Die offizielle Begründung für seinen Tod lautet, dass er "von bewaffneten Banden erschossen" wurde. Doch seine Leiche wies Blutergüsse und andere Zeichen von Misshandlungen auf. Amnesty International hat ein Video ansehen können, auf dem die Verletzungen zu sehen sind.

Ghayath Mattar war ein bekannter Aktivist in Daraya, einem Vorort von Damaskus. Dem Vernehmen nach hatte er schon früher von den Sicherheitskräften Morddrohungen erhalten. Er soll am 6. September inhaftiert worden sein, anscheinend von Angehörigen der Geheimdienstabteilung der Luftwaffe, und im Gewahrsam der Sicherheitskräfte gestorben sein - damit erhöht sich die Zahl der seit April in Haft gemeldeten Todesfälle auf über 90.

Sein Tod verschärft die Sorge um vier weitere Aktivisten aus Daraya, die gleichzeitig mit ihm inhaftiert wurden. Sie befinden sich in größter Gefahr. Es handelt sich um Yahya Shurbaji, Ma'an Shurbaji, Mohamed Tayseer Khoulani und Mazen Zyadeh. Alle vier werden seit ihrer Festnahme ohne Kontakt zur Außenwelt an einem unbekannten Ort festgehalten.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Seit den Massenprotesten Mitte März haben die Sicherheitskräfte Tausende von Personen und AktivistInnen im Land festgenommen. Amnesty International liegen unzählige Berichte von Gefangenen vor, die gefoltert und misshandelt worden sind. Außerdem existieren Berichte über mindestens 88 Tote, die zwischen April und Mitte August 2011 im Gewahrsam der Sicherheitskräfte starben, in vielen Fällen offenbar in Folge der Misshandlungen.

Laut MenschenrechtsaktivistInnen ist der Geheimdienst der Luftwaffe für die Festnahmen in Daraya zuständig. Gemeinsam mit den anderen syrischen Geheimdiensten nehmen sie regelmäßig Personen fest, die verdächtigt werden, in Opposition zur Regierung zu stehen. Sie werden über längere Zeit ohne Kontakt zur Außenwelt in Hafteinrichtungen festgehalten, in denen Folter und Misshandlungen auf der Tagesordnung stehen.

AktivistInnen aus Daraya berichteten Amnesty International, dass alle an den Protesten beteiligten Personen sich kurz nach den Massenprotesten Mitte März versteckten und sich nur in der Öffentlichkeit aufhielten, um an den Protesten teilzunehmen. Eine dieser Personen ist Yayha Shurbaji, der sich nach wiederholten Hausdurchsuchungen durch die Sicherheitskräfte seit April versteckte (für weitere Informationen über die Festnahme von AktivistInnen in Daraya siehe UA 250/2011).

Amnesty International wurde darüber unterrichtet, dass etwa 300 Menschen an der Beerdigung von Ghayath Mattar teilnahmen, obwohl die Sicherheitskräfte Berichten zufolge versucht hatten zu verhindern, dass die Familie eine öffentliche Beisetzung organisiert. Während der Beerdigung wurde von einer hohen Präsenz der Sicherheitskräfte sowohl im Haus der Familie als auch auf dem Friedhof berichtet. Vier Menschen wurden dem Vernehmen nach während der Beisetzung angeschossen, einer wurde dabei tödlich verletzt. Ghayath Mattar war verheiratet, seine Witwe erwartet gerade ein Kind.


EMPFOHLENE AKTIONEN

SCHREIBEN SIE BITTE FAXE ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

- Ich möchte meine große Sorge darüber zum Ausdruck bringen, dass Ghayath Mattar Berichten zufolge im Gewahrsam zu Tode gekommen ist. Führen Sie unverzüglich eine unabhängige Untersuchung der Gründe und Begleitumstände für seinen Tod durch und stellen Sie die Verantwortlichen vor Gericht.

- Ich möchte außerdem meine Sorge darüber zum Ausdruck bringen, dass Yahya Shurbaji, Ma'an Shurbaji, Mazen Zyadeh und Mohamed Tayseer Khoulani immer noch ohne Kontakt zur Außenwelt festgehalten werden und deshalb von Folter und anderen Misshandlungen bedroht sind. Geben Sie ihnen umgehend Zugang zu ihren Familien, Rechtsbeiständen ihrer Wahl und medizinischer Versorgung. Schützen Sie die Männer auch vor Folter und Misshandlungen.

- Lassen Sie die vier Männer umgehend und bedingungslos frei, da sie gewaltlose politische Gefangene sind, die sich nur deshalb in Haft befinden, weil sie von ihrem legitimen Recht auf Meinungsfreiheit und anderen Rechten Gebrauch gemacht haben.


APPELLE AN

STAATSPRÄSIDENT
Bashar al-Assad
Presidential Palace
al-Rashid Street
Damascus
SYRIEN
(korrekte Anrede: Your Excellency/ Exzellenz)
Fax: (00 963) 11 332 3410

AUßENMINISTER
Walid al-Mu'allim
Ministry of Foreign Affairs
al-Rashid Street
Damascus
SYRIEN
(korrekte Anrede: Your Excellency/ Exzellenz)
Fax: (00 963) 11 214 62 51


KOPIEN AN

BOTSCHAFT DER ARABISCHEN REPUBLIK SYRIEN
S.E. Herrn Radwan Loutfi
Rauchstr. 25
10787 Berlin
Fax: 030-5017 7311
E-Mail: info@syrianembassy.de,
press@syrianembassy.de, secretary@syrianembassy.de


Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Arabisch, Englisch, Französisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 25. Oktober 2011 keine Appelle mehr zu verschicken.


PLEASE WRITE IMMEDIATELY

- Express deep concern at the reported death in custody of Ghayath Mattar and call for an immediate independent investigation of the cause and circumstances of his death and for those responsible to be brought to justice.

- Express concern about the continuing detention of Yahya Shurbaji, Ma'an Shurbaji, Mazen Zyadeh and Mohamed Tayseer Khoulani and urge the Syrian authorities to immediately disclose their whereabouts in detention, allow them immediate access to their families, lawyers and any medical care they need, and to protect them against possible torture or other ill-treatment.

- Urge that the four detainees are released immediately and unconditionally if they are prisoners of conscience detained solely for the legitimate exercise of freedom of expression or other human rights.


*


Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-268/2011-1, AI-Index: MDE 24/052/2011, Datum: 13. September 2011 - ns
Amnesty International, Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V.
Greifswalder Str. 4, 10405 Berlin
Telefon: 030/42 02 48-306
Fax: 030/42 02 48 - 330
E-Mail: presse@amnesty.de
Internet: www.amnesty.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 15. September 2011