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AKTION/779: Urgent Action - Belarus - Menschenrechtler angeklagt


ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-240/2011-1, AI-Index: EUR 49/018/2011, Datum: 13. September 2011

Belarus
Menschenrechtler angeklagt

Weitere Informationen zu UA-240/2011 (EUR 49/016/2011, 5. August 2011)


ALES BIALIATSKI, Menschenrechtsverteidiger

Der bekannte Menschenrechtsverteidiger Ales Bialiatski ist inzwischen unter Anklage gestellt worden, und seine Haftanordnung wurde verlängert. Er war am 4. August im Zentrum von Minsk festgenommen worden. Amnesty International betrachtet ihn als gewaltlosen politischen Gefangenen.

Ales Bialiatski befindet sich seit seiner Festnahme am 4. August in der belarussischen Hauptstadt Minsk in Untersuchungshaft. Am 12. August wurde er auf der Grundlage von Artikel 243.2 des Strafgesetzbuches (Verschleierung von Einkommen in großem Umfang) unter Anklage gestellt. Dieser Straftatbestand kann mit einer Haftstrafe von bis zu sieben Jahren und der Konfiszierung von Eigentum geahndet werden. Am 15. August wurde die Haftanordnung von Ales Bialiatski um zweite Monate verlängert.

Die gegen den Menschenrechtler erhobenen Anklagen beziehen sich auf die Nutzung eines privaten Bankkontos in Litauen. Mit diesem Konto sollte die Arbeit des Menschenrechtszentrums Viasna in Belarus, dessen Vorsitzender Ales Bialiatski ist, unterstützt werden. Mehrere bekannte MenschenrechtsverteidigerInnen und MitarbeiterInnen des Zentrums sind in diesem Zusammenhang verhört worden. Die belarussischen Behörden sollen vom litauischen Justizministerium über das Bankkonto informiert worden sein.

Amnesty International erkennt das Recht der Behörden von Belarus an, Straftaten zu ahnden, geht aber in diesem Fall davon aus, dass die Anklagen gegen Ales Bialiatski politisch motiviert sind. Offenbar sollen seine legitimen Aktivitäten als Menschenrechtler dadurch behindert werden. Er ist ein gewaltloser politischer Gefangener und sollte sofort und bedingungslos freigelassen werden.

Dem belarussischen Menschenrechtszentrum Viasna wurde der offizielle Status als Organisation 2003 entzogen. Deshalb durfte Viasna auch kein Bankkonto in Belarus eröffnen. Die Behörden haben seither wiederholt Anträge auf Registrierung der Organisation abgelehnt. Seit 2005 gilt es in Belarus als Straftatbestand, im Namen einer nicht anerkannten Organisation zu agieren. Verstöße dagegen können mit zwischen sechs Monaten und einem Jahr Haft geahndet werden.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Ales Bialiatski wurde am Nachmittag des 4. August im Zentrum von Minsk festgenommen. Zuvor war am Nachmittag das Büro von Viasna von Männern in Zivil umstellt worden. Als Viasna-MitarbeiterInnen das Gebäude verließen, hörten sie, wie einer der Männer am Telefon sagte, dass Ales Bialiatski nicht dort sei.

Bei den Männern, die Ales Bialiatski festnahmen, soll es sich um Polizeikräfte der Abteilung für Wirtschaftskriminalität gehandelt haben. Nach der Festnahme sollen sie Alex Bialatski zu seiner Wohnung gebracht und diese dann durchsucht haben. Sie konfiszierten dort einen Computer. Anschließend fuhren sie mit ihm ins Viasna-Büro, das sie fast eine Stunde lang durchsuchten. Im Büro beschlagnahmten sie Dokumente und Teile der Büroausstattung. Seine Frau und sein Kind, die sich in der Wohnung aufhielten, brachte man in ihr Sommerhaus außerhalb von Minsk und durchsuchte dieses ebenso.

Amnesty International geht davon aus, dass Ales Bialiatskis Inhaftierung Teil der systematischen fortgesetzten und bereits lange währenden Drangsalierung von zivilgesellschaftlich engagierten Menschen und MenschenrechtsverteidigerInnen durch die belarussischen Behörden ist. Nach den Präsidentschaftswahlen im Dezember 2010 hat sich die Menschenrechtslage in Belarus in beispielloser Weise verschlechtert. Führende Oppositionelle sind inhaftiert, misshandelt und in unfairen Verfahren verurteilt worden. Kritische NGOs, zivilgesellschaftliche engagierte Personen und JournalistInnen müssen nach wie vor mit Drangsalierungen rechnen. Das Menschenrechtszentrum Viasna unterstützt Einzelpersonen und Familien, die von dem scharfen Vorgehen gegen die Zivilgesellschaft betroffen sind.

Das belarussische Menschenrechtszentrum Viasna besteht seit 1998 und ist seit 1999 formell als NGO eingetragen. Nachdem Viasna in der Wahlbeobachtung aktiv war, wurde der Organisation 2003 der offizielle Status entzogen, und die Behörden haben seither wiederholt die behördliche Registrierung der Organisation behindert. Seit den Präsidentschaftswahlen im Dezember 2010 steht die Organisation und ihre MitarbeiterInnen im Rahmen der weitverbreiteten Schikane der Zivilgesellschaft durch die Behörden im ganzen Land verstärkt unter Druck.


EMPFOHLENE AKTIONEN

SCHREIBEN SIE BITTE FAXE, E-MAILS ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

- Bitte lassen Sie Ales Bialiatski sofort und bedingungslos frei.

- Die gegen ihn erhobenen Anklagen müssen fallengelassen werden.

- Stellen Sie die Schikane und Einschüchterung von MenschenrechtlerInnen unverzüglich ein und nehmen Sie Ihre Verantwortung zum Schutz von MenschenrechtsverteidigerInnen wahr, wie in der UN-Erklärung zum Schutz von Menschenrechtsverteidigern ausgeführt.

APPELLE AN

STAATSPRÄSIDENT
Alyaksandr Lukashenka
ul. Karla Marxa 38
220016 Minsk
BELARUS
(korrekte Anrede: Dear President / Sehr geehrter Staatspräsident)
Fax: (00 375) 17 226 06 10 oder
(00 375) 17 222 38 72
E-Mail: contact@president.gov.by

GENERALSTAATSANWALT
Grigory Vasilevich
Internatsionalnaya str. 22
220050 Minsk
BELARUS
Fax: (00 375) 17 226 42 52
(korrekte Anrede: Dear General Prosecutor / Sehr geehrter Herr Generalstaatsanwalt)


KOPIEN AN

BOTSCHAFT DER REPUBLIK BELARUS
S. E. Herrn Andrei Giro
Am Treptower Park 32
12435 Berlin
Fax: 030-5363 5923
E-Mail: berlin@belembassy.org oder
info@belarus-botschaft.de


Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Belarussisch, Russisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 17. Oktober 2011 keine Appelle mehr zu verschicken.


PLEASE WRITE IMMEDIATELY

- Calling on the authorities to release Ales Bialiatski immediately and unconditionally;

- Urging them to drop the charges against Ales Bialiatski

- Urging them to stop the harassment and intimidation of human rights defenders, and reminding them that they have a responsibility to protect human rights defenders, as set out in the UN Declaration on Human Rights Defenders, which recognises that human rights activity is necessary and legitimate.


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Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-240/2011-1, AI-Index: EUR 49/018/2011, Datum: 13. September 2011
Amnesty International, Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V.
Greifswalder Str. 4, 10405 Berlin
Telefon: 030/42 02 48-306
Fax: 030/42 02 48 - 330
E-Mail: presse@amnesty.de
Internet: www.amnesty.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 16. September 2011