Pressemitteilung vom 5. Juli 2017
Neuer Amnesty-Bericht: EU versagt beim Schutz von Flüchtlingen aus Libyen auf dem Mittelmeer
Amnesty International fordert die EU dazu auf, ihrer Verantwortung bei der Seenotrettung gerecht zu werden. Andernfalls droht 2017 zum tödlichsten Jahr für Flüchtlinge und Migranten bei der Überquerung des Mittelmeers zu werden. Gerettete Menschen dürfen nicht nach Libyen gebracht werden, wo sie Missbrauch, Vergewaltigung und Folter ausgeliefert sind.
BERLIN, 05.07.2017 - Die 2017 wieder deutlich gestiegene Zahl
der Todesopfer im Mittelmeer ist auch auf ein Versagen der
Europäischen Union zurückzuführen. Das geht aus dem neuen
Amnesty-Bericht "A perfect storm: The failure of European policies in the
Central Mediterranean" hervor. Amnesty kritisiert, dass die EU ihre
Verantwortung zur Seenotrettung auf Nichtregierungsorganisationen
abwälzt sowie verstärkt die für Menschenrechtsverletzungen bekannte
libysche Küstenwache unterstützt. So verhindert die EU Migration und
Flucht.
"Die EU versucht durch ihre Kooperation mit der libyschen Küstenwache zu verhindern, dass Flüchtlinge und Migranten Italien erreichen. Doch ihre wichtigste Aufgabe ist es, Leben zu retten und Menschenrechte zu schützen", sagt Dr. René Wildangel, Experte für den Nahen Osten und Nordafrika bei Amnesty International in Deutschland. "Die libysche Küstenwache kann Menschen vor dem Ertrinken bewahren, doch wenn sie diese Menschen zurück nach Libyen bringt, kann man das nur schwer als echte Rettung bezeichnen", so Wildangel. "Flüchtlinge und Migranten werden in Libyen weiterhin inhaftiert, missbraucht, vergewaltigt und gefoltert. Die geretteten Menschen müssen an einen sicheren Ort gebracht werden - und solche Orte gibt es in Libyen aktuell nicht."
Der libyschen Küstenwache werden schwere Menschenrechtsverstöße vorgeworfen. So belegt zum Beispiel ein UN-Bericht vom Juni 2017, dass die Küstenwache mehrfach Flüchtlingsboote beschossen hat und gerettete Menschen schwer misshandelt wurden. "Eine Zusammenarbeit mit der libyschen Küstenwache darf nur erfolgen, wenn sichergestellt ist, dass sie nicht wie bisher massiv gegen Menschenrechtsstandards verstößt", so Wildangel. "Rettungseinsätze der EU oder von Nichtregierungsorganisationen dürfen von der libyschen Küstenwache nicht behindert werden."
2015 hatte die Europäische Union ihre Kapazitäten für Seenotrettung aufgestockt und ihr Einsatzgebiet bis nah an libysche Gewässer ausgeweitet - und so dazu beigetragen, dass deutlich weniger Menschen im Mittelmehr ertranken. Mittlerweile liegt der Fokus der EU allerdings auf dem Kampf gegen Schmuggler und gegen das Ablegen von Booten in Libyen. Das hat dazu geführt, dass Flüchtlinge und Migranten größere Risiken bei der Überfahrt auf sich nehmen. Allein in diesem Jahr sind bereits mehr als 2000 schutzsuchende Menschen im Mittelmeer ertrunken.
"Sehenden Auges steuert die EU auf eins der tödlichsten Jahre vor ihren Küsten zu. Dabei hätte sie die Mittel, um dem massenhaften Sterben ein Ende zu bereiten: Wenn sie mehr Schiffe und mehr Personal für die Seenotrettung einsetzen und endlich legale und sichere Zugangswege für Flüchtlinge schaffen würde, wie zum Beispiel humanitäre Aufnahmeprogramme und Resettlement", sagt Wildangel.
Den vollständigen Bericht "A perfect storm: The failure of European
policies in the Central Mediterranean" in englischer Sprache finden
Sie auf:
https://www.amnesty.de/sites/default/files/2017-07/Amnesty-Bericht-EU-Libyen-Fluechtlinge-Mittelmeer-Juli2017.pdf
*
Quelle:
ai-Pressemitteilung vom 5. Juli 2017
Amnesty International, Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V.
Kampagnen und Kommunikation
Zinnowitzer Straße 8, 10115 Berlin
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Internet: www.amnesty.de
veröffentlicht im Schattenblick zum 7. Juli 2017
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