Amnesty International - Pressemitteilung vom 12. Oktober 2023
Handel mit sogenannten weniger tödlichen Waffen führt zu Menschenrechtsverletzungen bei Protesten
Ausrüstung und Munition wie Tränengas, Gummigeschosse, Schlagstöcke und Blendgranaten werden an Staaten verkauft, die sie zur gewaltsamen Unterdrückung von Protesten einsetzen, so Amnesty International in einer heute veröffentlichten Recherche [1]. Verantwortlich sind unter anderem Unternehmen aus Frankreich/Italien, China, Südkorea und den USA. Die Menschenrechtsorganisation kritisiert den Einsatz von derartiger Ausrüstung sowie die fehlende globale Regulierung des Handels.
Amnesty International fordert Staaten dazu auf, den Handel mit sogenannten weniger tödlichen Waffen mit Ländern zu stoppen, die sie zur Unterdrückung von Protesten missbrauchen. Staaten, die diese Exporte genehmigen, tragen zur weltweiten Menschenrechtskrise bei, so die Menschenrechtsorganisation.
Für den Bericht "The Repression Trade: Investigating the Transfer of Weapons Used to Crush Dissent" [1] hat Amnesty International Aufnahmen von Protesten der vergangenen zehn Jahre analysiert. Die Menschenrechtsorganisation hat nachgewiesen, dass in allen Teilen der Welt sogenannte weniger tödliche Waffen auf missbräuchliche und unverhältnismäßige Weise eingesetzt wurden, in manchen Fällen sogar mit tödlichen Folgen.
Der Bericht identifiziert 23 Hersteller von sogenannten weniger tödlichen Waffen, deren Produkte rechtswidrig bei Protesten in 25 Ländern eingesetzt wurden. Diese Rüstungsgüter - darunter Tränengas, Gummigeschosse, Schlagstöcke und Blendgranaten - kamen regelmäßig zum Einsatz, um Protestierende und Gefangene zu foltern oder anderweitig zu misshandeln. China, Südkorea, die USA sowie Italien/Frankreich dominieren den Handel mit weniger tödlichen Waffen, aber auch Unternehmen in aufstrebenden Volkswirtschaften wie Brasilien, Indien und der Türkei produzieren Waffen zum großflächigen Export sowie für den heimischen Markt.
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Paula Zimmermann, Expertin für Meinungs- und Versammlungsfreiheit bei Amnesty International in Deutschland, sagt: "In den vergangenen Jahren wurden immer wieder sogenannte weniger tödliche Waffen eingesetzt, um Demonstrierende einzuschüchtern und zu bestrafen, was weltweit zu tausenden Verletzten und zahlreichen Toten bei Protesten geführt hat. Es ist unverantwortlich, dass Unternehmen Waffen in Länder exportieren, deren Menschenrechtsbilanz sehr schlecht ist. Die fehlende staatliche Regulierung des Handels mit diesen Waffen ist inakzeptabel und führt vielerorts zur Aushöhlung des Rechts auf friedlichen Protest.
Regierungen, die derartige Exporte genehmigen, leisten schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen Vorschub - wie Folter und anderen Misshandlungen - und müssen diesen Handel dringend regulieren. Sie müssen deshalb die Empfehlungen des heute in New York veröffentlichten Berichts der UN-Sonderberichterstatterin über Folter unterstützen, um ein verbindliches Völkerrechtsinstrument zur Regulierung dieses Handels zu entwickeln und so das Recht, sich friedlich zu versammeln, zu schützen."
Ein solches internationales Abkommen würde den Handel mit Ausrüstung, deren Anwendung grundsätzlich eine Menschenrechtsverletzung darstellt, untersagen. Zudem würde ein solches Übereinkommen strenge menschenrechtsbasierte Kontrollen für den Handel mit Ausrüstungsgegenständen für Sicherheitsbehörden einführen. In der zurzeit beratenen EU-Sorgfaltspflichtenrichtlinie darf es zudem keine Ausnahmeregelung für Rüstungsfirmen geben.
Unternehmen, die Ausrüstungsgegenstände exportieren, die von Polizei- bzw. Sicherheitskräften missbraucht werden könnten, sollten im Sinne der UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte vor dem Verkauf eine menschenrechtliche Sorgfaltsprüfung durchführen. Wenn es nicht möglich sein sollte, die potenziellen negativen Auswirkungen der Nutzung ihrer Produkte oder Dienstleistungen auf die Menschenrechte zu verhindern oder abzumildern, sollte das Unternehmen die Lieferung in verantwortungsvoller Weise aussetzen oder einstellen.
Ein völkerrechtlicher Vertrag, der den Handel mit solchen Waffen verbietet, wie das von der UN geforderte Handelsverbot mit Folterwerkzeugen, fehlt bislang. Erst ein solcher wäre jedoch rechtlich verbindlich.
Die Bundesregierung unterstützt bereits das geplante globale Handelsverbot für Folterwerkzeuge. Die entsprechenden Exporte aus Deutschland unterliegen sowohl der EU-Anti-Folter-Verordnung als auch der üblichen einzelfallbezogenen Rüstungsexportkontrolle.
Anmerkung:
[1] https://www.amnesty.org/en/latest/research/2023/10/repression-trade/
Link zur Pressemitteilung:
https://www.amnesty.de/allgemein/pressemitteilung/handel-mit-weniger-toedlichen-waffen-fuehrt-zu-menschenrechtsverletzungen
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Quelle:
Pressemitteilung vom 12. Oktober 2023
Amnesty International, Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V.
Zinnowitzer Straße 8, 10115 Berlin
Telefon: 030 / 420248-0, Fax: 030 / 420248-488
E-Mail: info@amnesty.de
Internet: www.amnesty.de
veröffentlicht in der Online-Ausgabe des Schattenblick am 13. Oktober 2023
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