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AFRIKA/360: In Mali drohen Racheakte der Armee an Zivilisten


Presseerklärung vom 20. Januar 2013

Mali: Wachsende Sorge vor Racheakten der malischen Armee an Zivilbevölkerung

- EU-Ausbildungsmission muss auch Menschenrechtstraining umfassen
- Vereinte Nationen sollen Menschenrechtsbeobachter entsenden



Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat gefordert, dass bei der EU-Ausbildungsmission für die malische Armee auch ein Menschenrechtstraining vorgenommen wird. "Die EU muss alles tun, um Racheakte malischer Soldaten bei der Rückeroberung Nord-Malis zu verhindern", erklärte der GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius am Sonntag in Göttingen. "Denn wer Menschenrechte im Antiterror-Kampf missachtet, verliert seine Glaubwürdigkeit." Auch appellierte die Menschenrechtsorganisation an die Hochkommissarin für Menschenrechte der Vereinten Nationen, Navi Pillay, Menschenrechtsbeobachter unverzüglich nach Nord-Mali zu entsenden.

"Nach der Rückeroberung von Städten in Zentral- und Nord-Mali durch die malische Armee besteht eine große Gefahr von Vergeltungsaktionen malischer Soldaten an Angehörigen der ethnischen Gruppen der Tuareg, Songhai und Arabern", warnte der GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius am Sonntag in Göttingen. "Erste Übergriffe wurden bereits bekannt. Die Berichte können aber leider nicht von unabhängiger Seite verifiziert werden, da Menschenrechtsorganisationen der Zugang zu der Konfliktregion verweigert wird."

So wurde in der Stadt Sévaré (nahe Konna), die französische Soldaten zu Beginn ihrer Intervention am 11. Januar absicherten, ein Bürger von malischen Soldaten in Gewahrsam genommen. Der Verhaftete wird der Unterstützung von Islamisten verdächtigt, er gilt seither als verschwunden. Zeugen berichten von weiteren neun Fällen allein in dieser Stadt. In der Stadt Niono (nahe dem lange umkämpften Diabaly) bezichtigen Augenzeugen malische Soldaten mehrerer Morde und anderer Übergriffe auf die Zivilbevölkerung.

Nur das UN-Hochkommissariat für Menschenrechte hat die Möglichkeit, von den Konfliktparteien freien Zugang zu den nun befreiten Städten zu fordern. "Die Anwesenheit von UN-Menschenrechtsbeobachtern ist dringend notwendig, um den Bewohnern der Städte ein Gefühl von Sicherheit zu geben und einen weiteren Flüchtlingsexodus zu verhindern", sagte Delius. Denn nun fliehen Tuareg, Songhai und Araber aus Timbuktu, Kidal und anderen Städten in Nord- und Zentral-Mali, die seit mehreren Monaten von radikalen Islamisten kontrolliert wurden.

Die Angehörigen dieser ethnischen Gruppen fürchten pauschale Vergeltungsaktionen malischer Soldaten, mit denen sich die Armee für die im Jahr 2012 erlittenen militärischen Niederlagen rächen könnte. "Besonders Tuareg müssen um ihre Sicherheit fürchten, auch weil viele Medien Malis das Feindbild Tuareg massiv schüren", sagte Delius. Erschwerend kommt hinzu, dass Kämpfer der Tuareg-Freiheitsbewegung MNLA bei ihrem Vormarsch im Jahr 2012 afrikanische Frauen vergewaltigten. "Diese Täter müssen vor Gericht zur Rechenschaft gezogen werden, aber es dürfen nicht pauschal alle Angehörigen dieser Volksgruppe für vogelfrei erklärt werden", forderte Delius.

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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 20. Januar 2013
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 22. Januar 2013