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ASIEN/243: Bizarre Medien-Schelte aus Peking


Presseerklärung vom 25. März 2008

China: 19 Jahre nach dem Tiananmen-Massaker bleibt jetzt Ruf nach Sanktionen aus

Bizarre Medien-Schelte aus Peking


Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat am Dienstag Vorwürfe aus China, die internationale Berichterstattung über die Lage in Tibet sei einseitig, als "bizarr" zurückgewiesen. "Denn es sind die chinesischen Behörden, die mit der Ausweisung der letzten ausländischen Journalisten unabhängigen Korrespondenten die Möglichkeit genommen haben, sich vor Ort ein eigenes Bild von der Lage in Tibet zu machen", sagte der GfbV-Asienreferent Ulrich Delius. Es sei zwar bedauerlich, dass einige Fernsehsender Beiträge über Proteste von Tibetern in einen falschen Zusammenhang gestellt hätten. Doch wenn es eine freie Berichterstattung gegeben hätte, wären diese Fehler auch schnell wieder korrigiert worden. Die Medien-Schelte zeige Pekings große Sorge, dass trotz der totalen Nachrichtensperre in Tibet auch 15 Tage nach Beginn der Unruhen Berichte über neue Demonstrationen und Verhaftungen nach außen dringen könnten, meinte Delius. Sie offenbare jedoch auch, wie wenig glaubwürdig die vom Internationalen Olympischen Komitee (IOC) und EU-Regierungen beschworene Liberalisierung der Pressezensur in der Volksrepublik sei. Die harsche Medienkritik sei ein schlechtes Omen für die Olympia-Berichterstattung, weil zu befürchten sei, dass sich nun mehr internationale Medien in Selbstzensur üben, um ihre Korrespondenten in der Volksrepublik nicht zu gefährden.

Obwohl in Tibet weiter öffentlich protestiert werde und dabei immer mehr Menschen sterben, gebe es von führenden Politikern und Regierungen bisher keine Rufe nach Sanktionen gegen Chinas Führung, kritisierte die GfbV. Anders als nach dem Tiananmen-Massaker 1989 übten sich heute alle Regierungen in Zurückhaltung, offenbar um Chinas Führung nicht zu verärgern. "Dabei könnten die Regierungschefs durch ihr Fernbleiben von der offiziellen Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele ein deutliches Zeichen für die Menschenrechte setzen", erklärte Delius. Sicherlich habe Chinas wirtschaftlicher und politischer Einfluss in der Welt seit 1989 deutlich zugenommen. "Doch die internationale Staatengemeinschaft muss sich fragen lassen, wie glaubwürdig ihr Menschenrechtsengagement ist, wenn sie noch nicht einmal konsequent eine unabhängige Untersuchung der blutigen Niederschlagung der Proteste in Tibet fordert."


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Quelle:
Presseerklärung Göttingen vom 25. März 2008
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
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Internet: www.gfbv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 26. März 2008