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ASIEN/418: China / Innere Mongolei - Tod eines Regimekritikers schürt Proteste


Presseerklärung vom 25. Oktober 2011

China: Anhaltende Spannungen in "Seltener Erden"-Provinz - Viehhirten fürchten um ihre Existenz

Tod eines Regimekritikers schürt Furcht vor neuen Protesten in der Inneren Mongolei


Nach dem ungeklärten Tod eines mongolischen Viehhirten, der von einem Öl-Transporter überrollt wurde, drohen in der Inneren Mongolei neue Proteste von Mongolen gegen die rücksichtslose Ausbeutung von Bodenschätzen. "Die Nervosität, mit der die chinesischen Behörden auf den Tod des Regimekritikers reagieren, zeigt, wie angespannt die Lage in einer der bedeutendsten Rohstoffregionen Chinas ist", sagte der Asienreferent der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV), Ulrich Delius, am Dienstag in Göttingen. So wurde die Familie des Getöteten angewiesen, keine Details über den Todesfall preiszugeben, und Internetzensoren unterdrückten eine kritische Berichterstattung. Ein vergleichbarer Zwischenfall hatte im Mai 2011 die schwersten Unruhen seit 20 Jahren in der Inneren Mongolei gegen Chinas rücksichtslosen Abbau von Rohstoffen in der Autonomen Region ausgelöst.

Der mongolische Viehhirte Zorigt wurde am Donnerstag vergangener Woche von einem Öl-Transporter getötet. Die Behörden sprachen von einem "tragischen Verkehrsunfall", bei dem der Mongole durch eigenes Verschulden bei einem riskanten Überholmanöver zu Tode gekommen sei. Augenzeugen berichteten hingegen, der Hirte habe am Straßenrand gestanden und gegen den Schwerlastverkehr demonstriert. Der Getötete hatte sich zuvor schon mehrfach für die Land- und Weiderechte mongolischer Viehhirten eingesetzt. Denn regelmäßig werden Tiere der Hirten von Lastwagen getötet, die Öl und andere in der Region geförderte Rohstoffe transportieren.

"Die offizielle Version des Zwischenfalls ist wenig glaubwürdig", erklärte Delius. Denn warum wurde der Fahrer des Lastwagens sofort verhaftet, wenn er nicht der Verursacher des Unfalls war? Auch in der Inneren Mongolei werden massiv Zweifel an der offiziellen Darstellung des Unfalls geäußert. Im Internet rufen Mongolen bereits zu öffentlichen Protesten gegen die Verschleierung der wahren Todesumstände des Hirten auf. Mongolische Menschenrechtler fordern einen wirksameren Schutz der Land- und Weiderechte sowie eine Einschränkung der Förderung von Rohstoffen in dem Gebiet. Die Mongolen stellen heute nur noch rund 20 Prozent der 24 Millionen Bewohner der rohstoffreichen Autonomen Region. In der Inneren Mongolei befinden sich nicht nur die bedeutendsten Vorkommen an "seltenen Erden" in China, sondern auch umfangreiche Erdöl-, Erdgas- und Kohlevorkommen, die das Rückgrat der Energieversorgung von Chinas Industrie bilden.


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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 25. Oktober 2011
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veröffentlicht im Schattenblick zum 26. Oktober 2011