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ASIEN/460: Indonesien setzt im Papua-Konflikt auf Konfrontation und nicht auf Dialog


Presseerklärung vom 4. September 2012

Verhaftungswelle von Papua-Aktivisten in Indonesien

Indonesien setzt im Papua-Konflikt auf Konfrontation und nicht auf Dialog - Warnung vor mehr Gewalt



Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) wirft Indonesiens Regierung vor, im Konflikt mit den Ureinwohnern in Westpapua auf Gewalt zu setzen, statt den Dialog mit den Papua zu suchen. Scharf kritisierte die Menschenrechtsorganisation am Dienstag die Ernennung des früheren Kommandeurs einer berüchtigten Antiterror-Einheit zum neuen Polizeichef in der rohstoffreichen, nach staatlicher Unabhängigkeit strebenden Region im Osten des Inselstaates. Am Montag war bekannt geworden, dass der für seine Härte bekannte Brigadegeneral Tito Kamavian dort neuer Polizeichef werden soll. "Wenn Indonesiens Regierung weiter nur auf Repression setzt, um die Unruheregion zu befrieden, wird die Gewalt noch mehr eskalieren", warnte der GfbV-Asienreferent Ulrich Delius in Göttingen.

Nach einer Verfolgungsjagd sind am vergangenen Sonntag in der Provinzhauptstadt Jayapura 22 Papua-Aktivisten festgenommen worden. Unter ihnen sind mehrere mutmaßliche Führer der Papua-Unabhängigkeitsbewegung OPM, die von den Behörden für Angriffe auf Polizisten, Beamte und Touristen verantwortlich gemacht werden. Bei seiner Verhaftung wurde Daniel Kogoya, einer der OPM-Führer durch Schüsse verwundet. Ihm werfen die Sicherheitskräfte unter anderem auch die Beteiligung an einem Angriff auf einen deutschen Urlauber vor, der am 29. Mai am Strand niedergeschossen und schwer verletzt wurde. Die OPM kämpft seit mehreren Jahrzehnten mit Waffengewalt gegen die völkerrechtswidrige Annektierung der ehemaligen niederländischen Kolonie durch Indonesien.

"Nachdrücklich fordern wir die indonesischen Behörden dazu auf, faire Gerichtsprozesse für die Verhafteten zu garantieren", erklärte Delius. "Die Papua dürfen nicht allein für ihre Gesinnung und für ihre Ablehnung der Herrschaft Indonesiens verurteilt werden wie beispielsweise der Papua Filep Karma." Karma hatte 2004 die Flagge eines unabhängigen Papua-Staates gehisst und war deswegen zu 15 Jahren Gefängnis verurteilt worden. Er ist noch immer in Haft. Erst vor wenigen Wochen, am 9.August 2012, wurden zehn Papua inhaftiert, die die verbotene Morgenstern-Flagge gehisst hatten. Bislang wurde noch keine Anklage gegen sie erhoben.

"Wer sich für ein unabhängiges Papua engagiert, wird von den Sicherheitskräften wie ein Terrorist behandelt", kritisierte Delius. Die Antiterror-Einheit Densus 88, die bis zum vergangenen Jahr vom neuen Polizeichef von Papua befehligt wurde, ist berüchtigt für ihre Skrupellosigkeit. Der Einheit wird vorgeworfen, im Juni 2011 Mako Tabuni, den Führer einer Papua-Unabhängkeitsbewegung, ermordet zu haben. Bis heute lehnen die Behörden eine unabhängige Untersuchung des mysteriösen Todesfalls ab.

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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 4. September 2012
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 5. September 2012