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ASIEN/539: China - Neue Zahlen zur Gewalt in Xinjiang


Presseerklärung vom 31. Dezember 2013

China: Neue Zahlen zur Gewalt in Xinjiang

Blutiges Jahr 2013: Mindestens 215 Tote bei Gewalt im Nordwesten Chinas



Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat zum Jahresende eine alarmierende Bilanz der eskalierenden Gewalt zwischen Uiguren und Han-Chinesen im Nordwesten Chinas gezogen. "Mindestens 215 Menschen sind bei politisch motivierter Gewalt in Xinjiang im Jahr 2013 getötet worden", erklärte der GfbV-Asienreferent Ulrich Delius am Dienstag in Göttingen. Bei den 27 Zwischenfällen wurden 141 Menschen verletzt. Erst gestern waren acht muslimische Uiguren von chinesischen Polizisten getötet worden. "Dringend muss China in seiner Nationalitätenpolitik umdenken und den Dialog mit den Uiguren suchen, wenn weiteres Blutvergießen verhindert werden soll", erklärte Delius. "Sollte Chinas Regierung weiter nur auf eine gewaltsame Niederschlagung aller Proteste setzen, so wird dies den Kreislauf der Gewalt anheizen."

Viele der Zwischenfälle werden von Chinas Behörden als "Terrorakte" bezeichnet. Doch was in den staatlich zensierten Medien Chinas als gezielte "Terroranschläge" dargestellt wird, war tatsächlich oft nur eine spontane Demonstration für die Freilassung inhaftierter Angehöriger, die blutig niedergeschlagen wurde. Oder es war ein Protest gegen das Verbot religiöser Festlichkeiten der Muslime. "Es ist ein perfider Versuch der Kriminalisierung öffentlicher Proteste, wenn Demonstranten zu Terroristen erklärt werden, um den unverhältnismäßigen Einsatz von Gewalt zu rechtfertigen", sagte Delius.

Es werden aber auch Anschläge von Uiguren vor allem auf chinesische Polizisten verübt. Oft sind diese Opfer auch Uiguren, so dass der Streit um den richtigen Umgang mit der Staatsmacht China gezielt in die ethnische Gemeinschaft der Uiguren hineingetragen wird. Die meisten dieser Täter gehen allerdings so dilettantisch vor, dass bislang wenig auf international geplante und koordinierte Terrorattacken hindeutet. "Sollte China weiterhin nur auf gewaltsame Repression gegen alle Kritiker seiner Politik in Xinjiang setzen, so ist es nur eine Frage der Zeit, bis die Attacken planmäßiger organisiert werden und internationale Terror-Netzwerke versuchen werden, im Nordwesten Chinas Fuß zu fassen", warnte Delius.

Die im Jahr 2013 beobachtete Eskalation der Gewalt in Xinjiang ist umso erschreckender, weil Chinas Behörden darin eine Legitimation sehen, systematisch jeden öffentlichen Protest im Nordwesten des Landes zu zerschlagen und Menschenrechtler sowie Demonstranten zu kriminalisieren. Mehr als 1.000 Menschen wurden in Ostturkestan, wie die einheimischen Uiguren Xinjiang bezeichnen, seit März 2013 von chinesischer Polizei verhaftet. Nach jedem Zwischenfall werden Dutzende Menschen willkürlich inhaftiert. Dabei werden auch Freunde oder Familienangehörige von Verdächtigen in Haft genommen und oft unter Folter zur Preisgabe von Namen oder zur Unterzeichnung von so genannten "Geständnissen" gezwungen.

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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 31. Dezember 2013
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 1. Januar 2014