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ASIEN/648: China - Bundeskanzlerin Merkel soll mehr Rechtsstaatlichkeit einfordern


Gesellschaft für bedrohte Völker e. V. - Presseerklärung vom 27. Oktober 2015

Bundeskanzlerin Merkel reist nach China (28.-30.10.):

Kein Kotau vor Chinas Führung - Zugesagte Rechtsstaatlichkeit nun auch einfordern!


Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat an Bundeskanzlerin Angela Merkel appelliert, die von China zugesagte Rechtsstaatlichkeit bei ihrem Besuch in der Volksrepublik nun auch einzufordern. Vor allem Menschenrechtler und Rechtsanwälte hätten nach wie vor unter großen Schikanen zu leiden, schrieb die Menschenrechtsorganisation an die Kanzlerin. So seien seit der Machtübernahme von Chinas Staatspräsident Xi Jinping im März 2013 mehr als 1.900 Festnahmen von Menschenrechtlern dokumentiert. "Diese beispiellose Willkür muss ein Ende haben. Sie schadet deutschen Interessen, da sowohl Menschenrechtler als auch deutsche Firmen in China auf rechtsstaatliche Verhältnisse angewiesen sind", erklärte der GfbV-China-Experte Ulrich Delius am Dienstag in Göttingen.

Die Bundeskanzlerin wird vom 28. bis 30. Oktober 2015 in China sein. Im Zentrum ihrer Gespräche steht eine Bestandsaufnahme der Umsetzung des bilateralen Aktionsrahmens, der von beiden Regierungen im Oktober 2014 vereinbart wurde. In dem 28-seitigen Papier wird die Förderung der Rechtsstaatlichkeit besonders betont.

Seit Juli 2014 wurden in China mehr als 300 Rechtsanwälte willkürlich festgenommen, um sie wegen ihres Menschenrechtsengagements einzuschüchtern. Mindestens 23 von ihnen sind noch immer in Haft, unter ihnen auch der Anwalt Zhang Kai. Er verteidigte in der Provinz Zhejiang Christen, die sich gegen die Zerstörung ihrer Kirchen wehrten. Mehr als 1.200 Kreuze wurden dort seit 2013 von offiziell anerkannten Kirchen gerissen. Zhang wurde am 25. August 2015 verhaftet und in einem unfairen Verfahren zu sechs Monaten Haft verurteilt.

"Wenn China der Rechtsstaatlichkeit verpflichtet wäre, müsste Peking den muslimischen Uiguren, buddhistischen Tibetern, Christen und Falun-Gong-Anhängern auch ihre rechtlich zugesicherte Glaubensfreiheit gewähren", heißt es in dem Schreiben der GfbV an Merkel. Doch auch in Tibet und in Xinjiang/Ostturkestan hält die Willkür weiter an. Tibeter und Uiguren, die Rechte einfordern, werden massiv verfolgt. So verbüßt Khenpo Karma Tsewang, der buddhistische Abt eines tibetischen Klosters in der Provinz Qinghai, eine zweieinhalbjährige Haftstrafe wegen des "Verrats von Staatsgeheimnissen". Der Abt hatte sich sehr für den Schutz der Umwelt und der tibetischen Sprache eingesetzt und galt den chinesischen Sicherheitsbehörden daher als gefährlich.

In Xinjiang verbüßt der uigurische Wirtschaftsprofessor Ilham Tohti eine lebenslange Haftstrafe, zu der er in einem unfairen Gerichtsverfahren verurteilt wurde. Er hatte sich für eine Verständigung zwischen Uiguren und der Mehrheitsbevölkerung der Han eingesetzt. *

Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 27. Oktober 2015
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
Postfach 20 24, D-37010 Göttingen
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veröffentlicht im Schattenblick zum 28. Oktober 2015

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