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ASIEN/699: China behindert Teilnahme an buddhistische Unterweisungen des Dalai Lama in Indien


Presseerklärung vom 12. Januar 2017

Religionsfreiheit der Tibeter wird massiv verletzt:
Chinas Behörden behindern systematisch Teilnahme an buddhistische Unterweisungen des Dalai Lama in Indien - auch elektronische Medien werden zensiert


Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat Chinas Behörden vorgeworfen, Tibeter systematisch daran zu hindern, buddhistischen Unterweisungen des Dalai Lama zu folgen und so das in der chinesischen Verfassung zugesicherte Recht auf freie Religionsausübung massiv zu verletzen. "Tibeter, die auch nur mit dem Gedanken spielen könnten, zu den 34. Kalachakra-Mediationsriten ihres geistlichen Oberhauptes nach Bodh Gaya im indischen Bundesstaat Bihar zu reisen, werden planmäßig eingeschüchtert, mit Strafen bedroht und vielen wurde kurzerhand der Pass entzogen", berichtete der GfbV-Asienreferent Ulrich Delius am Donnerstag in Göttingen.

Mit der Androhung empfindlicher Strafen und Einschüchterungen werde auch unterbunden, den öffentlichen Gebeten und Lehrunterweisungen über elektronische Medien in Tibet zu folgen. Wer es dennoch tut, muss mit bis zu fünf Jahren Gefängnis rechnen, da jedes öffentliche Gebet oder Meditation als "Gefährdung der öffentlichen Ordnung" angesehen werde, warnten die Behörden.

Selbst soziale Medien werden gezielt zensiert, um eine Teilhabe an den für die tibetischen Buddhisten äußerst bedeutsamen Kalachakra-Riten zu verhindern. So werden in dem in Tibet weit verbreiteten "WeChat" zentrale Begriffe und Meldungen über das Kalachakra von dem Kurzmitteilungsdienst zentral blockiert und nicht weiter verbreitet. Die Empfänger der Nachricht werden noch nicht einmal darüber informiert, dass eine Meldung sie nicht erreicht hat.

Mehr als 100.000 buddhistische Gläubige aus 85 Staaten sind nach Bodh Gaya gekommen, um zwischen dem 2. und 14. Januar 2017 an den 34. Kalachakra-Riten des Dalai Lama teilzunehmen. Als Kalachakra wird eine umfassende Meditations-Praxis aus der höchsten Tantra-Klasse, dem Anuttarayoga, des tibetischen Buddhismus bezeichnet. Der Dalai Lama hat seit dem Jahr 1954 bereits 34 Mal in den Meditationsriten unterwiesen, zuletzt im Jahr 2014 in Ladakh.

China hatte angesichts des bevorstehenden religiösen Großereignisses bereits im November 2016 begonnen, Reisepässe von Tibetern einzuziehen und chinesische Staatsbürger aus Indien und Nepal zurückzurufen. Für die ersten zwei Januar-Wochen wurde schließlich sogar eine Ausreisesperre nach Nepal verhängt. Tibetische Pilger in Bodh Gaya berichten glaubhaft, in ihren Heimatdörfern in Tibet hätten chinesische Funktionäre systematisch alle Häuser durchsucht und Familienangehörigen der Abwesenden mit massiven Strafen gedroht, sollten die Pilger nicht unverzüglich zurückkehren. Fast 7.000 Tibeter reisten daraufhin in ihre Heimat zurück.

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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 12. Januar 2017
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
Postfach 20 24, D-37010 Göttingen
Telefon: 0551/499 06-25, Fax: 0551/58028
E-Mail: presse@gfbv.de
Internet: www.gfbv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 13. Januar 2017

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