Schattenblick →INFOPOOL →BÜRGER/GESELLSCHAFT → BEDROHTE VÖLKER

EUROPA/478: Kein Deal mit Beweisen für Völkermord in Bosnien!


Presseerklärung vom 15. Juni 2009

Frühere Sprecherin von Carla del Ponte vor Gericht

Kein Deal mit Beweisen für Völkermord in Bosnien!
Kriegsverbrechertribunal darf Dokumente aus Serbien nicht länger geheim halten!


Anlässlich des Prozessbeginns gegen die frühere Sprecherin von Carla del Ponte und langjährige Balkankorrespondentin von Le Monde, Florence Hartmann, vor dem Kriegsverbrechertribunal in Den Haag hat die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) die Offenlegung geheimer Dokumente aus der Zeit des Genozids in Bosnien gefordert. "Mit Beweisen gegen Völkermord darf es keinen "Deal" geben"; erklärte der Vorstandsvorsitzende der internationalen Menschenrechtsorganisation, Tilman Zülch, am Montag in Göttingen. "Wenn die Seite der Opfer noch länger daran gehindert wird, Einsicht in diese brisanten Dokumente aus Belgrad zu nehmen, müssen sich die Richter des Tribunals vorwerfen lassen, daran mitgewirkt zu haben, dass die Verantwortlichen für die Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Bosnien-Herzegowina ungestraft davonkommen." Florence Hartmann wird vorgeworfen, vertrauliche Informationen des Tribunals aus Serbien aus der Zeit des Krieges in ihrem Buch "Paix et Châtiment" veröffentlicht zu haben.

Es sei ein Skandal, dass unter anderem Dokumente und Protokolle des Obersten Verteidigungsrates Serbiens über Gespräche von Slobodan Milosevic mit den Generälen der jugoslawischen Armee über militärische Aktivitäten in Bosnien-Herzegowina geheim bleiben, erklärte der Menschenrechtler. Die Überlebenden des Völkermordes hätten ein Recht darauf zu erfahren, wer für den Genozid an den bosnischen Muslimen, für Massaker, Morde, Vergewaltigungen und Vertreibungen verantwortlich war. Diese Dokumente müssten der europäischen Öffentlichkeit sofort zugänglich gemacht werden. Da sie auch im Prozess Bosnien gegen Serbien und Montenegro vor dem International Court of Justice nicht verwendet werden durften, konnte Bosnien den Nachweis nicht führen, dass die Regierung Milosevic den Völkermord und die Massenvertreibungen in Bosnien geplant und mit Hilfe serbischer und bosnisch-serbischer Truppen durchgeführt habe.


*


Quelle:
Presseerklärung Göttingen/Sarajevo, den 15.06.2009
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
Postfach 20 24, D-37010 Göttingen,
Tel.: 0551/49906-25, Fax: 0551/58028
E-Mail: presse@gfbv.de
Internet: www.gfbv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 16. Juni 2009