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EUROPA/633: Spaniens Regierung soll Zeitplan zur Wiederherstellung der Autonomie Kataloniens vorlegen


Gesellschaft für bedrohte Völker - Pressemitteilung vom 30. Oktober 2017

Katalonien-Streit muss entschärft werden

Spaniens Regierung soll Zeitplan für Wiederherstellung der Autonomie vorlegen


Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat die spanische Regierung aufgefordert, einen Zeitplan zur baldigen Wiederherstellung der Autonomie in Katalonien vorzulegen. "Ein solcher Zeitplan könnte dazu beitragen, den Streit um die Zukunft der Region zu entschärfen und die Spannungen zwischen Unabhängigkeits-Befürwortern und -Gegnern abzubauen", erklärte der GfbV-Direktor Ulrich Delius am Montag in Göttingen. "Auch die Autonomie der katalanischen Region zählt zur verfassungsmäßigen Ordnung. Denn die Verfassung Spaniens anerkennt und garantiert das Recht auf Autonomie der Nationalitäten und Regionen." Spaniens Regierung hatte in der letzten Woche das katalanische Parlament aufgelöst und die Regionalregierung entmachtet.

Nachdrücklich appellierte die Menschenrechtsorganisation an Spaniens Regierung, das neu überarbeitete und erweiterte Autonomiestatut aus dem Jahr 2005 endlich anzuerkennen. Es ist vom katalanischen und vom spanischen Parlament und bei einem Referendum auch von den katalanischen Bürgern angenommen worden. Erst auf Intervention der spanischen Volkspartei und ihres damaligen Vorsitzenden und heutigen Ministerpräsidenten Marino Rajoy erklärte das Verfassungsgericht zahlreiche Artikel des neuen Statuts für verfassungswidrig.

Das Verfassungsgericht ist in den Händen von richterlichen Vertrauensleuten der konservativen Volkspartei PP und der sozialistischen Partei PSOE. Nicht vertreten sind im Verfassungsgericht höchste Richter aus den Regionen der drei "historischen Nationalitäten" von Katalonien, Baskenland und Galicien, die immerhin ein Drittel der spanischen Bevölkerung stellen.

Die GfbV erinnert auch daran, dass das Verfassungsgericht (Urteil 42/2014) Spaniens Politiker aufgefordert hat, bei Bedarf auch die Verfassung abzuändern, um Reformen von Autonomie-Statuten zu ermöglichen. "Deshalb sollen die Staatsorgane und insbesondere die territorialen Gewalten, die Teil unseres Autonomiestaates sind, die in diesem Bereich entwickelten Probleme durch Dialog und Zusammenarbeit lösen", heißt es in dem wegweisenden Urteil. "Von dieser Bereitschaft zum Dialog und zur nachhaltigen Konfliktlösung scheint Spaniens Politik momentan weit entfernt zu sein. Stattdessen wird auf Eskalation und Härte gesetzt, so dass die Katalonien-Krise droht, noch weiter zu eskalieren", erklärte Delius.

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Quelle:
Pressemitteilung vom 30. Oktober 2017
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 31. Oktober 2017

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