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MELDUNG/079: Krim - Repressionen gegen Krimtataren nehmen zu


Gesellschaft für bedrohte Völker e.V. - Presseerklärung vom 5. Mai 2014

Strafverfahren gegen Politiker der Krimtataren

- Repressionen gegen Krimtataren: Demokratische Selbstvertretung von Schließung bedroht
- Sorge um Sicherheit der Minderheit wächst



Die Repressionen gegen Krimtataren werden stärker. Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) in Göttingen berichtete am Montag, der demokratischen Interessensvertretung der Minderheit, dem Medschlis in Simferopol, drohe die Schließung. Wegen "illegaler extremistischer Aktivitäten" habe die Staatsanwältin auf der Krim beim Ermittlungskomitee des russischen Geheimdienstes FSB gegen den Vorsitzenden des Medschlis, Refat Tschubarow, und andere Mitglieder des Gremiums ein Strafverfahren eingeleitet. Sie hatten zu friedlichen Straßenblockaden aufgerufen, um gegen das Einreiseverbot für den krimtatarischen Anführer Mustafa Dschemilew zu protestieren.

Rund 5.000 Krimtataren waren dem Aufruf am vergangenen Samstag gefolgt. Sie überwanden den Kontrollposten in Armyansk und strömten in die Pufferzone zwischen der Ukraine und der Halbinsel Krim, um Dschmilew dort zu treffen. Die russischen Behörden haben dem früheren Sowjetdissidenten und Abgeordneten des ukrainischen Parlaments bis 2019 die Einreise in die Russische Föderation - also auch auf die Krim - verboten, nachdem er öffentlich vor zunehmender Diskriminierung der Krimtataren gewarnt hatte.

Während ihrer Protestaktion blockierten die Krimtataren auch mehrere Straßen in der Nähe von Simferopol, Bachtschisarai, Stary Krym, Jewpatorija und Oktajabrskoje. Augenzeugen berichten, dass die lokalen Sicherheitskräfte die Demonstranten gefilmt hätten. "Viele haben jetzt Angst, persönlich belangt zu werden", sagte die GfbV-Referentin für die GUS-Staaten, Sarah Reinke. "In den krimtatarischen Siedlungen wurden Personen, die an der Protestaktion teilgenommen haben, bereits am Wochenende befragt."

Die überwiegende Mehrheit der rund 300.000 Krimtataren hat das Referendum am 18. März, das den Anschluss der Krim an Russland einleitete, boykottiert. "Seitdem sind sie immer wieder Repressionen ausgesetzt", warnte Reinke. "Viele fürchten, dass es Ziel der lokalen pro-russischen Regierung ist, sie abermals von der Krim zu vertreiben." Bei der kollektiven Deportation der Krimtataren im Mai 1944 nach Zentralasien kamen 46 Prozent des Volkes ums Leben.

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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 5. Mai 2014
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 7. Mai 2014