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MELDUNG/121: Debatte über "sichere Herkunftsländer" - Marokko und Algerien verletzen massiv Menschenrechte


Presseerklärung vom 14. April 2016

Bundestag debattiert über "sichere Herkunftsländer" in Nordafrika

Marokko und Algerien verletzen massiv Menschenrechte


Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat vor einer Einstufung Marokkos und Algeriens als "sichere Herkunftsländer" gewarnt, da beide Staaten massiv Menschenrechte verletzen. "Anerkannte Bürgerrechte, wie Meinungs-, Presse- und Demonstrationsfreiheit, werden in Marokko und Algerien in flagranter Weise verletzt. Wer diese Staaten zu sicheren Herkunftsländern erklärt, ignoriert Menschenrechte und entwertet jede Kategorisierung in so genannte 'sichere' und 'unsichere' Staaten", erklärte der GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius am Donnerstag in Göttingen. Der Deutsche Bundestag berät heute über den Vorschlag der Bundesregierung, Marokko, Algerien und Tunesien zu sicheren Herkunftsstaaten zu erklären, um die Prüfung von Asylanträgen zu beschleunigen.

Marokko hatte erst letzte Woche eine Gruppe von acht Juristen aus Frankreich, Belgien und Spanien ausgewiesen, weil sie sich in dem Königreich über die Haftbedingungen von 24 politischen Gefangenen aus der von Marokko besetzten Westsahara informieren wollten. Die Juristen wollten insbesondere mit den Rechtsanwälten der Inhaftierten zusammentreffen. Nach einem Gespräch in der belgischen Botschaft wurden sie jedoch festgenommen und ihre Reisepässe beschlagnahmt. Es ist gängige Praxis Marokkos, Kritiker seiner Westsahara-Politik nicht einreisen zu lassen oder auszuweisen. So wurden in den letzten Monaten 63 Ausländer an der Einreise in die Westsahara gehindert. Regelmäßig werden Demonstrationen in der Westsahara von Sicherheitskräften niedergeschlagen und Demonstranten verhaftet. Viele Inhaftierte berichten glaubhaft von Folter in Gefängnissen und Polizeistationen.

Auch um die Pressefreiheit steht es schlecht, wenn sensible Themen wie der Westsahara-Konflikt, die Rolle des Königshauses in Wirtschaft und Politik oder Homosexualität angesprochen werden. Ein Fernsehteam des französischen Canal Plus wurde letzte Woche verhaftet und ausgewiesen, als es recherchierte, warum ein homosexuelles Paar zu einer Gefängnisstrafe verurteilt wurde, nachdem es auf der Straße angegriffen und fast gelyncht worden war.

Auch in Algerien werden Proteste gegen die autokratische Staatsführung systematisch unterdrückt und Kritiker willkürlich inhaftiert. So wurde am 20. März 2016 die Karikaturistin Zouleikha Belarbi, die in der Algerischen Liga für Menschenrechte mitarbeitet, zu einer Geldstrafe verurteilt, weil sie angeblich das Ansehen des Staatspräsidenten verletzte. Journalisten, wie Hassan Bouras, die die Staatsführung öffentlich kritisieren, werden willkürlich verhaftet. Trotz vollmundiger Ankündigungen der Staatsführung steht es um Menschenrechte für die Minderheit der Berber (Masiren) noch immer schlecht.

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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 14. April 2016
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
Postfach 20 24, D-37010 Göttingen
Telefon: 0551/499 06-25, Fax: 0551/58028
E-Mail: presse@gfbv.de
Internet: www.gfbv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 15. April 2016

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