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MELDUNG/161: Schlechte Qualität der Asylprüfungen ist Ursache für mehr Gerichtsverfahren


Gesellschaft für bedrohte Völker - Pressemitteilung vom 18. September 2017

Steigende Zahlen von Asylklagen - Gesellschaft für bedrohte Völker kritisiert schlechte Qualität der Asylprüfungen


Eine Ursache für die steigende Zahl von Asylklagen vor Verwaltungsgerichten ist nach Auffassung der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) die schlechte Qualität von Asylprüfungen durch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF). Die Menschenrechtsorganisation kritisierte, dass es vielen BAMF-Entscheidern offensichtlich an Landeskenntnis und ausreichender Ausbildung mangele, anders seien viele Ablehnungsbescheide nicht zu erklären. Um Schutz zu erhalten, bliebe den Asylsuchende dann gar nichts anderes übrig, als vor Gericht zu ziehen.

"Wenn Asylbegehren von Oromo aus Äthiopien, Belutschen aus Pakistan und Hazara aus Afghanistan zum Teil mit wortidentischen Schreiben zurückgewiesen werden, dann hat sich das BAMF von der gesetzlichen Vorgabe der Einzelfallprüfung weit entfernt", sagte der GfbV-Direktor Ulrich Delius am Montag in Göttingen. "Viele Bescheide beruhen darüber hinaus auf nicht mehr aktuell gültigen Informationen und Einschätzungen oder berücksichtigen für die Prüfung irrelevante Sachverhalte." So werde beispielsweise in Ablehnungsbescheiden von Oromo betont, dass es keinen Hunger mehr in Äthiopien gäbe, willkürliche Verhaftungen, Folter und andere Menschenrechtsverletzungen werden jedoch nicht berücksichtigt.

Neben einer qualitativ besseren Ausbildung der BAMF-Mitarbeiter mahnte die GfbV aber auch mehr Transparenz in den Asylverfahren an. "Es ist bedauerlich, dass die Länderberichte des Auswärtigen Amtes noch immer streng geheim gehalten werden, auf deren Grundlage die BAMF-Entscheider ihre Prüfungen vornehmen. Denn viele dieser Berichte enthalten falsche, widersprüchliche oder nicht mehr aktuelle Informationen", kritisierte Delius. "Mehr Transparenz und eine Veröffentlichung dieser Berichte könnten dazu beitragen, dass die Qualität der Einzelfallprüfung zunimmt."

"Auch die Einzelfallprüfung muss von den BAMF-Entscheidern ernster genommen werden, weil es nicht angeht, dass die Asylanträge von geflohenen Menschenrechtlern als "offensichtlich unbegründet" abgelehnt werden, obwohl gerade diese Kritiker in ihrer Heimat massiv verfolgt wurden", betonte Delius. "Letztlich fehlt es bei der Prüfung oft am Verständnis der Verfolgungssituation und an der Erkenntnis, dass es sich bei dem Herkunftsland nicht um einen Rechtsstaat handelt."

Das Bundesinnenministerium hat in einer Antwort auf eine parlamentarische Anfrage erklärt, dass Mitte Juli 2017 mit 287.000 Asylklagen fast doppelt so viele Gerichtsverfahren vor Verwaltungsgerichten anhängig waren wie Ende des Jahres 2016.

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Quelle:
Pressemitteilung vom 18. September 2017
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 19. September 2017

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