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RUSSLAND/105: Dagestan - Journalist erschossen - Bundesregierung soll Aufklärung des Mordes fordern


Presseerklärung vom 16. Dezember 2011

Journalist in Dagestan erschossen: Bundesregierung soll schnelle und unabhängige Aufklärung des Mordes fordern


Der Gründer der Zeitung "Tschernowik", Gadschimurad Kamalow, ist in der Nacht zum Freitag in Machatschkala, der Hauptstadt Dagestans, erschossen worden. Als der Journalist seine Redaktion verließ, schoss der Mörder 14 Mal auf ihn. Kamalow starb auf dem Weg ins Krankenhaus. Die Redakteure der Zeitung "Tschernowik" recherchieren nach Angaben der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) zu Korruption und staatlicher Willkür. Sie waren seit 2003 regelmäßig Ziel von Verfolgung. So ging es in einem Prozess im Mai 2011 noch um die Schließung der Zeitung. Der Prozesse endete dann jedoch mit einem Freispruch für alle angeklagten Journalisten.

Kamalows Name stand auf einer so genannten Todesliste, die seit dem 2. September 2009 in Machatschkala zirkulierte, berichtete die GfbV. Als damals über die Autoren der Liste gerätselt wurde, meinte Kamalow, das könnten nur Personen sein, die Dagestan sehr gut kennen.

"Kalamows Tod ist ein schwerer Schlag gegen den unabhängigen Journalismus in einer Region, in der journalistisch tätig zu sein sehr gefährlich und schwierig ist", sagte die GfbV-Referentin für die GUS-Staaten, Sarah Reinke. Seit Putins Machtantritt 2000 sind 19 Journalisten in der Russischen Föderation ermordet worden. Die meisten Fälle wurden bis heute nicht aufgeklärt. "Das darf im Mordfall Kamalow nicht passieren", schrieb die GfbV in einem Appell an die deutsche Bundesregierung, sich für eine unabhängige und schnelle Aufklärung der Bluttat einsetzen. Der Mörder und seine Hintermänner müssten für das Verbrechen zur Verantwortung gezogen werden.

Dagestan ist nach Recherchen der GfbV diejenige Republik im Nordkaukasus, in der es seit Jahren die meisten Übergriffe islamischer Fundamentalisten auf Angehörige der Sicherheitsstrukturen, aber auch auf Geschäfte, die Alkohol und Zigaretten verkaufen, und auf Zivilisten gibt. Der Staat reagiert fast ausschließlich mit Gegengewalt. Einer aktuellen Umfrage zufolge sollen zwölf Prozent der jungen Bevölkerung der Republik mit dem bewaffneten Kampf der Islamisten sympathisieren. Armut, Korruption, staatliche Willkür und Perspektivlosigkeit sind Gründe für diese Radikalisierung der Gesellschaft.

Auf der Internetseite der GfbV www.gfbv.de findet sich eine "Chronologie der Gewalt", die mit aktuellen Einträgen auf die prekäre Sicherheitslage in den Republiken des Nordkaukasus aufmerksam macht.


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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 16. Dezember 2011
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
Postfach 20 24, D-37010 Göttingen
Tel.: 0551/49906-25, Fax: 0551/58028
E-Mail: presse@gfbv.de
Internet: www.gfbv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 17. Dezember 2011