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RUSSLAND/114: Betätigungsverbot für Dachverband von 41 indigenen Völkern in Russland


Presseerklärung vom 14. November 2012

Einziges Sprachrohr der Ureinwohner mundtot gemacht

Betätigungsverbot für Dachverband von 41 indigenen Völkern in Russland
Petersburger Dialog soll Ureinwohner-Organisation trotzdem miteinbeziehen



Beim heute in Moskau beginnenden Petersburger Dialog der russischen und deutschen Zivilgesellschaften muss der Dachverband der Ureinwohner Russlands RAIPON demonstrativ miteinbezogen werden. Diese Forderung erhebt die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV), nachdem die russische Justiz der "Assoziation der indigenen kleinen Völker des Nordens, Sibiriens und des Fernen Ostens der Russischen Föderation" eine vorerst sechsmonatige Sperre auferlegt hat. "Das einzige Sprachrohr der indigenen Gruppen Russlands wird mundtot und handlungsunfähig gemacht", kritisierte Sarah Reinke, die GfbV-Referentin für die GUS-Staaten, am Mittwoch in Berlin. "Dieser massive Einschnitt in die Rechte der ohnehin stark an den Rand gedrängten rund 260.000 Ureinwohner Russlands, die Teil der Zivilgesellschaft sind, muss während des Petersburger Dialogs hinterfragt und kritisiert werden."

Nach GfbV-Angaben repräsentiert RAIPON 41 Völker in 26 Regionen des Landes und tritt regelmäßig auch im Ausland für sie ein. Die 1989 gegründete Organisation hat besonderen Konsultativstatus beim UN-Wirtschafts- und Sozialrat und den Status eines Ständigen Teilnehmers (Permanent Participant) beim Arktischen Rat inne.

Das russische Justizministerium hatte RAIPON überprüft und einige Punkte - reine Formalien - in der Satzung bemängelt, nachdem es im Frühjahr 2009 nach dem sechsten Kongress der indigenen Völker zu einem Streit zwischen RAIPON und dem Ministerium für Regionale Entwicklung gekommen war. In seiner Abschlussresolution war der Kongress nicht den Vorschlägen des Ministeriums gefolgt. RAIPON bemühte sich dann auf einem außerordentlichen Kongress 2011 um die Änderung der Satzung. Allerdings weigerte sich das Justizministerium, die Beschlüsse des Kongresses anzuerkennen, weil zwei noch nicht als juristische Personen eingetragene regionale Zweigorganisationen satzungswidrig daran teilgenommen hatten. Gegen diese Entscheidung zog RAIPON erfolglos vor Gericht. Am 1. November wurde das Betätigungsverbot ausgesprochen.

Die GfbV arbeitet genauso wie viele andere Organisationen aus dem Bereich Menschen- und Minderheitenrechte seit Jahren mit RAIPON zusammen. RAIPON genießt in Russland und im Ausland einen ausgezeichneten Ruf. Für die indigenen Völker ist die Organisation der einzige politisch aktive Arm und die einzige Vertretung. Mit Weiterbildungsprogrammen und Kompetenztrainings stärkt RAIPON zudem das Selbstbewusstsein der Ureinwohner. Politisch vollkommen machtlos leben die meisten von ihnen in tiefer Armut. Viele sind traditionelle Rentiernomaden, Fischer, Jäger oder Sammler. Allerdings ist ihre Lebensgrundlage insbesondere durch schonungslose Ressourcenförderung akut gefährdet.

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Quelle:
Presseerklärung Berlin/Göttingen, den 14.11.2012
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
Postfach 20 24, D-37010 Göttingen
Telefon: 0551/49906-25, Fax: 0551/58028
E-Mail: presse@gfbv.de
Internet: www.gfbv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 15. November 2012